Silberband 106 - Laire
bedroht«, gab Hellmut gelassen zurück. »Und Sie werden sich noch wünschen, dass Sie ihn schon viel früher paralysiert hätten. Hören Sie mir jetzt genau zu.«
Anfangs versuchte Yaal noch, dem Kybernetiker ins Wort zu fallen, aber Hellmut sprach immer lauter, bis man ihn in der ganzen Zentrale hören konnte.
»So sieht es also aus!«, schloss er. »Hätten wir versucht, mit Rhodan zu verhandeln, wäre gar nichts geschehen. Aber er wurde bedroht. Auch dann hatten wir noch eine Frist. Wir hätten es uns überlegen und den Terraner zurückholen können. Das haben wir nicht getan. Wir haben versucht zu starten – mit einem gestohlenen Schiff. Das Ganze ist eine glatte Diebstahlssicherung. Wir sind selbst schuld daran, dass sie in Kraft getreten ist.«
Niemand redete. Hellmut wandte sich ab und ging. Er hatte Breiskoll versprochen, sich um ihn zu kümmern. Unterwegs hörte er mehrere Durchsagen. Die Lähmung des Schiffes schritt schleichend voran. Wenigstens blieben die Lebenserhaltungssysteme vorerst verschont. Das Leben in der SOL würde jeden Tag ein wenig unbequemer werden – bis es schließlich gefährlich wurde, vergingen mit Sicherheit noch mehrere Tage. Das war ein schwacher Trost.
»Ich hätte ihn töten sollen«, sagte Terph, als er aus der Paralyse erwachte. »Einem Toten ist SENECA keinen Gehorsam mehr schuldig.«
Gavro Yaal stand neben ihm, und bei diesem unbedachten Ausspruch verlor er endgültig die Geduld. Er schlug Terph nieder. Doch hinterher fühlte er sich um keinen Deut besser.
Douc Langur hatte alles mitverfolgt. Seiner Empörung über Rhodans Verrat folgte tiefe Resignation, denn es schien ihm, als sei der Konflikt nun völlig unlösbar geworden. Lange dachte er darüber nach, ob der Terraner es tatsächlich darauf anlegte, den Stolz der Solaner zu brechen. Aber das passte nicht zu Rhodan. Langur hatte gelernt, was man unter der Würde des Menschen und unter Menschlichkeit verstehen sollte. Er hatte den Eindruck gewonnen, dass Rhodan sich von diesen Idealen in noch so extremen Situationen nicht lossagen würde.
Der Terraner hatte menschlich an einem Ungeheuer wie dem träumenden BARDIOC gehandelt – und nun sollte er die Würde der Solaner, die seinesgleichen waren, brutal mit Füßen treten?
Der Forscher entsann sich der letzten Unterredung mit Rhodan. »Die SOL wird nur so lange neben der BASIS bleiben, wie es unbedingt nötig ist.« Wenn der Terraner dem Geheimnis des abgeriegelten Sektors derart große Bedeutung beimaß, dann wollte Douc Langur alles tun, um die Wahrheit herauszufinden. Nicht, dass er für Rhodans Handlungsweise etwa Verständnis aufbrachte – dafür war Langur viel zu enttäuscht. Er hielt sich jedoch an die Tatsachen.
Ihm fiel ein, dass er eine Informationsquelle noch nicht genutzt hatte. Das waren die Kinder. Sie waren im Allgemeinen erstaunlich gut über alles informiert. Die kleinen Solaner nahmen zwar regen Anteil an den Problemen der Erwachsenen, aber sie besaßen zu viel Fantasie und Unternehmungsgeist, um sich länger als wenige Stunden von jeder Lähmung anstecken zu lassen.
Douc Langur fand die Zwillinge Sternfeuer und Federspiel ziemlich leicht, denn vor wenigen Wochen hatte er die speziellen Lieblingsplätze der beiden kennengelernt. Er fühlte sich für Sternfeuer sogar ein wenig verantwortlich. Immerhin stammte die Idee von ihm, dass ihr Großvater, den sie auf der fernen Erde wähnte, gestorben sei. Nur so war das Mädchen von weiteren Zerstörungen in der SOL abzuhalten gewesen. Aber der Schock hatte das Kind hart getroffen, und ganz verheilt war diese Wunde noch nicht.
Die Kinder wussten nichts von den dramatischen Bemühungen Irmina Kotschistowas und Douc Langurs, Sternfeuer aus dem unseligen Bann einer verborgenen parapsychischen Veranlagung zu lösen.
»Was gibt es Neues?«, fragte der Forscher, als er zu den Zwillingen in eine Kammer am Ende eines Wartungsschachts geklettert war. »Ihr seht so vergnügt aus.«
Federspiel musterte den Forscher mit leichtem Misstrauen. Sternfeuer lachte ihn an. Sie war sonst eher schüchtern, aber dieses exotische Wesen flößte ihr Vertrauen ein. Unbewusst verglich sie sich vielleicht manchmal noch mit Douc Langur. Sie hatte wie er lange Zeit vergeblich herauszufinden versucht, wohin sie eigentlich gehörte.
»Die SOL hängt fest, nicht wahr?«, fragte sie.
»Ja«, antwortete Langur knapp. »Jeder an Bord ist verzweifelt deswegen. Macht es dir nichts aus, dass ihr das Schiff bald verlassen
Weitere Kostenlose Bücher