Silberband 110 - Armada der Orbiter
unter dem Arm, dem Ausgang zu. Er dachte, das Ärgste schon überstanden zu haben, als er zwei Schritte vor dem Ausgang gegen eine unsichtbare Schranke prallte, die ihn sanft abfing. In seiner Eile hatte er den Warnimpuls der Gerätekette überhört. In aufkommender Panik versuchte er, das Hindernis zu durchbrechen.
Das hatte allerdings Folgen. Neben ihm stand plötzlich ein Automat, der ihm einen eigenartigen Arm hinhielt. Darauf befanden sich leuchtende Instrumente.
Plekeehr wollte in die andere Richtung ausweichen, aber von dort näherte sich ihm ein Mensch, der mit den Armen gestikulierte und ihn mit einem Redeschwall bedachte. Als er Plekeehr erreichte, sprach er noch erregter auf ihn ein. Jäh griff er an den Saum des neuen Obergewands und deutete mit einem Finger auf einen dort angehefteten Faden. Dasselbe tat er mit der Kopfbedeckung und dem Beinkleid, an dessen oberem Abschluss ebenfalls ein solcher störender Faden hing.
Der Mensch wirkte auf Plekeehr in keiner Weise aggressiv. Plekeehr folgerte, dass er ihn nur auf Verarbeitungsmängel aufmerksam machen wollte. Plekeehr riss deshalb die beiden Fäden kurzerhand ab und warf sie achtlos fort. Da er glaubte, die Kopfbedeckung entbehren zu können, drückte er sie dem Eingeborenen in die Hand.
Sie schauten einander an, der Mensch tat es mit offenem Mund. Plekeehr hatte keine Ahnung, wie er darauf reagieren sollte. Da er keine weiteren Fehler begehen wollte, wandte er sich einfach dem Ausgang zu – und siehe da, die Barriere war verschwunden. Er schrieb dies dem Entfernen der beiden Fäden zu, die zuvor eine Sicherheitssperre ausgelöst hatten. So wurde verhindert, dass fehlerhaftes Material die Verteilerstelle verließ.
Plekeehr ging ins Freie und wandte sich gemächlich in die Richtung, aus der er gekommen war. Als er feststellte, dass der freundliche Mensch aus der Verteilerstelle ihm folgte, lief er schneller. Es machte ihm nichts aus, wenn die neue Kleidung weitere Mängel aufwies. Für ihn war wichtiger, dass er seinen auffälligen Anzug eingetauscht hatte. Nun wollte er so schnell wie möglich von hier fort, um nicht noch mehr Aufsehen zu erregen.
Als der Mensch nicht mehr hinter ihm war, überdachte Plekeehr die Situation. Er sah ein, dass es unumgänglich war, die Lebensgewohnheiten der Menschen zu studieren und ihre Sprache zu erlernen, bevor er sich näher mit ihnen einließ.
Vierzigste Rotation
Plekeehr hatte vor der Wahl gestanden, sein Studium entweder in einer der kleineren Wohngemeinschaften, die Siedlung hießen, oder in einer der größeren Städte in Angriff zu nehmen, wo er leichter unbemerkt handeln konnte. Er hatte sich schließlich für die zweite Möglichkeit entschieden.
Er verfügte schon über einige spärliche Kenntnisse der menschlichen Sprache, als er am vierzigsten Tag, wie die Phase einer Planetenumdrehung genannt wurde, in eine Großstadt mit der Bezeichnung Neu-Vindobona kam.
Hier lernte er Wiesel kennen, der ihm eine Menge beibrachte. Von diesem hilfsbereiten, jedoch nicht uneigennützigen Menschen erfuhr Plekeehr, was er in der Verteilerstelle für Bekleidung falsch gemacht hatte. Wiesel lehrte ihn, dass es bei den Menschen nichts umsonst gab und sie für alles, was sie anderen gaben, einen entsprechenden Gegenwert verlangten.
22.
Das Schicksal des Planeten Gornex erfüllte sich innerhalb weniger Minuten. Die Katastrophe brach blitzartig und ohne jede Vorwarnung herein, und danach lag diese aufstrebende Kolonie in Trümmern.
Die Entstehungsgeschichte von Gornex war typisch für viele Blues-Welten. Der Planet war schon vor vielen Jahrhunderten während der explosionsartigen Expansion der Blues-Völker von den Gatasern erschlossen worden. In den Wirren der Bruderkriege wurde Gornex dreimal zerstört, aber stets wieder aufgebaut. Als die Kämpfe in diesem Sektor der galaktischen Eastside einen blutigen Höhepunkt erreichten und Gornex zum vierten Mal im Chaos versank, verzichteten die Gataser vorerst darauf, auf den Ruinen der alten Kultur eine neue Zivilisation aufzubauen.
Erst als während der folgenden Friedensperiode die Bevölkerungszahlen überall wieder sprunghaft anstiegen, wurde ein neuer Besiedlungsplan für Gornex ausgearbeitet. Wenige Generationen danach herrschte auf Gornex beinahe Überbevölkerung, und von den Kriegsschäden vergangener Epochen war bald nichts mehr zu sehen.
Die Zeit der großen Bruderkriege gehörte inzwischen der Vergangenheit an, die Blues-Völker lösten
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