Silberband 111 - Geburt einer Dunkelwolke
der Psychode stärker, der Kontakt ist unglaublich intensiv. Meinen Probanden ergeht es ebenso. Wir sind eins im Geist und haben ein Gefühl, als würden wir zusammen in den Psychoden aufgehen.
Ist das der erste Schritt in die paraplasmatische Sphäre?
Nein, es ist noch nicht so weit. Es ist nur ein Erahnen der fantastischen Möglichkeiten, die uns die Psychode geben, ein erster Kontakt zu den Körperlosen. Ich merke plötzlich, dass ich allein bin. Die Probanden sind mir nicht so weit gefolgt. Nur ich höre die wesenlose Stimme und sehe die Bilder, die mir die Körperlosen vermitteln.
Sie zeigen mir Harzel-Kold und verraten mir, dass er das Bindeglied zwischen dem Diesseits und der jenseitigen Existenzebene sein soll. Er ist nur Teil eines großen Planes, einer von mehreren Auserwählten, die zusammen eine Erfolg versprechende Konstellation ergeben.
Harzel-Kold wurde wegen seiner Leidenschaft für Psychode von Tezohr bestimmt, eine Entwicklung einzuleiten, die zur Vervollkommnung der paraplasmatischen Sphäre führen soll. Er ist der wichtigste Faktor, denn er ist jetzt schon ein Sklave der Psychode.
Der sagenumwobene Tezohr selbst gibt mir diese Instruktionen. Als er mich entlässt, bin ich wie benommen. Zum ersten Mal spüre ich etwas von der einstigen Größe unseres Volkes und kann erahnen, welche kosmische Bestimmung uns zugedacht ist.
Ich finde in die Gegenwart zurück. Die Probanden sind fassungslos. Zwei von ihnen haben vor Aufregung den Wechsel durchgeführt und müssen weggebracht werden.
»Sieh nur, Blinizza, du hast Paraplasma erschaffen!«, ruft meine Lieblingsschülerin Zhaurga. Sie deutet auf ein eiförmiges Psychod, das vorher nicht da war. »Du hast ein Psychod geformt. Wir dachten, du würdest deinen Körper aufgeben und nicht mehr zurückkommen.«
»Ich habe dieses Psychod nicht geschaffen«, erkläre ich meinen Probanden. »Es ist das Auge des Königs, Tezohrs Psychod, in dem er gegenwärtig ist und durch das er uns beobachtet. Wir haben eine wichtige Mission zu erfüllen. Von uns kann es abhängen, ob die Körperlosen in naher Zukunft ihre Bestimmung erhalten.«
Ich nehme das Königspsychod und suche damit das Gewölbe auf, in dem die Morphlinge untergebracht sind. Ich wähle einen aus, dessen Geschlechtsumwandlung nahezu abgeschlossen ist.
»Wie heißt du?«
»Ahrzaba ... Ahrzaban.«
»Nimm dieses Psychod, Ahrzaban«, sage ich und überreiche ihm das Kunstwerk. An seiner Reaktion merke ich, dass er die parusischen Sendungen nicht mehr empfangen kann. »Dies ist das Auge des Königs. Bringe es dem Sammler Harzel-Kold und sage ihm, dass es vor Kurzem angekommen sei. Es wird ihm bestimmt gefallen. Er soll sich daran erfreuen, solange er es besitzt.«
»Und danach?« Ahrzaban singt fast.
Danach wirst du vergessen, denke ich. Dein gestörter Animus wird dich beherrschen.
»Du wirst erst zu uns zurückfinden, wenn deine Anima wieder die Oberhand gewinnt«, antworte ich laut. »Dann wirst du vielleicht schon die Früchte unserer heutigen Saat sehen.«
Ich verscheuche Ahrzaban. Auch wenn er meinen Auftrag vergisst, kann ich sicher sein, dass er nichts Eiligeres zu tun haben wird, als Harzel-Kold das Psychod zu überbringen.
Ahrzaban ist noch nicht lange fort, als ich an verschiedenen Anzeichen merke, dass auch ich in den Wechsel komme. Das Denken fällt mir schwerer, die Stimme versagt. Ich überlege, ob ich bei den Morphlingen bleiben soll. Aber dann habe ich noch einmal einen hellen Moment und kehre zu meinen Probanden zurück.
»Bringt die Psychode in Harzel-Kolds Museum zurück, bevor er von seiner Expedition zurückkommt und den Austausch bemerkt!«, ordne ich an. Es ist einer meiner letzten Befehle. Den Probanden entgeht nicht, dass mein geistiger und körperlicher Verfall rasch fortschreitet.
»Ich werde versuchen, dich würdevoll zu vertreten.« Zhaurga will mich trösten. Aber das ist kein Trost für mich. Ich bin schon alt und werde vermutlich bald sterben, ohne noch einmal meine Anima hervorkehren zu können.
In diesem Moment nehme ich mir vor, das Beste aus meiner Situation zu machen und Harzel-Kold meine Dienste als Blinizzer anzubieten. Dann kann ich in der Nähe des Königspsychods sein und habe wenigstens indirekt an der Ausführung des Planes Anteil. Auch wenn ich mir dessen nicht bewusst sein werde.
10.
Jennifer Thyron und Ronald Tekener
Erstmals seit Tezohrs Psychod die Geschichte der Läander und Zwotter aufgehellt hatte, wurden sich die beiden
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