Silberband 114 - Die Sporenschiffe
er sich, wozu er all das Geld ausgegeben und einige tausend Lichtjahre zurückgelegt hatte. Sicher kam er sich lächerlich vor.
Die Frau gab den beiden vierschrötig aussehenden Schuppenwesen, die den Korb mit dem Kind trugen, einen Wink. Sie traten vor und setzten ihre Last vor dem Sikr ab.
Lussmann verzog das Gesicht. Eine Besichtigung bleibt mir nicht erspart, dachte er.
Die Frau bückte sich, wobei ihr knochiger Körper unter dem dunklen Gewand sichtbar wurde, und öffnete den Korb. Darin lag ein nacktes Kind. Es hatte glatte helle Haut und zappelte ein wenig. Seine Augen waren offen, aber es schien in keine bestimmte Richtung zu blicken.
»Seinetwegen sind wir hier«, erklärte die Frau.
»Ja«, sagte Lussmann. »Das ist offensichtlich.«
»Sein Name ist Harden Coonor.«
»Gut«, sagte Lussmann. »Das ist so gut wie jeder andere Name.«
»Nein«, widersprach die Frau. »Er soll einmal einen anderen Namen tragen – einen bedeutenden Namen.«
Zum ersten Mal regte sich der Verdacht in Lussmann, dass etwas Unglaubliches auf ihn zukam, ein Anliegen, das ihm nie jemand vorgetragen hatte. Gegen seinen Willen erwachte sein Interesse.
»Er hat mein Blut getrunken«, fuhr die Frau fort.
Was sollte er dazu sagen?, überlegte der Sikr . Er fand das bestenfalls unappetitlich.
»Wenn Sie möchten, dass ich ihn zu einem Sikr ausbilde, muss ich Sie enttäuschen«, erwiderte Lussmann. »Das ist nichts, was jemand lernen könnte. Jenen, die dafür bestimmt sind, fließt es einfach zu.«
»Das wollen wir gar nicht«, bemerkte Tschan, offenbar in der Absicht zu zeigen, dass er ebenfalls anwesend war und die Anführerschaft über seine Familie beanspruchte.
»Wir möchten, dass dieses Kind einmal eine bedeutende Rolle in unserem Universum spielt«, sagte die knochige Frau. »Es soll Entscheidungen von kosmischer Bedeutung treffen. Sein Name soll überall mit Ehrfurcht genannt werden.«
Der Sikr starrte die seltsame Familie an. Obwohl er ahnte, was sie von ihm verlangen würden, konnte er es nicht glauben. So viel Vermessenheit erschien ihm unglaublich. Diese Leute mussten wahnsinnig sein.
»Wir möchten, dass Sie Harden Coonor die Chance geben, ein Ritter der Tiefe zu werden«, sagte die Frau, und ihre Stimme schien dabei wie aus weiter Ferne zu kommen.
Der Einzelgänger
Als Jupiter Springs die Kommunikationszentrale betrat und Lisatee Pletzsch vor einem Gedankenpuzzle sitzen sah, änderte er sein Vorhaben und ging auf ihren Tisch zu. Im Hintergrund, unter den Emblemen der GAVÖK und der Liga Freier Terraner an der Wand, lag sein eigentliches Ziel, der Speiseautomat.
Lisatee hörte seine Schritte und sah auf. Zweifellos war sie eine der schönsten Frauen der Sentimental-Kolonie, aber ihre Kompliziertheit stand ihrer Anziehungskraft in nichts nach.
»Oh«, sagte sie. »Du bist es. Ich dachte, du hättest draußen zu tun.«
»Draußen« war die Umschreibung für den mysteriösen Fund, den die Kolonisten gemacht hatten. Seit ihrem Entschluss, die Entdeckung geheim zu halten und ausschließlich für die eigenen Zwecke zu nutzen, hatten alle eine merkwürdige Scheu davor, die Dinge bei ihrem Namen zu nennen.
»Eigentlich ja.« Springs bedachte die Frau mit einem nachdenklichen Blick. »Aber wir kommen einfach nicht voran. Ich dachte, eine Denkpause würde mir guttun.«
Ihre Augen standen ziemlich weit auseinander, als seien sie kein Paar, sondern unabhängig voneinander operierende Sinnesorgane. »Und worüber willst du nachdenken?«, fragte sie.
»Immer über dasselbe«, entgegnete Springs brummig. »Darüber, was es wohl sein könnte.«
»Das ist doch offensichtlich, Jupi! Es handelt sich um eine fremdartige technische Apparatur.«
Er stieß einen langen Seufzer aus und ließ sich neben Lisatee nieder. »Wenn es das nur wäre ...« Bevor er einen Blick auf ihr Gedankenpuzzle werfen konnte, wischte sie durch das Holo und löschte es.
»Hast du Angst, ich könnte daraus etwas erraten?«
»Nein.« Sie schüttelte den Kopf.
Springs stützte die Arme auf den Tisch und blickte quer durch den großen Raum, der um diese Tageszeit kaum besucht war.
»Wir hätten den Fund nie und nimmer geheim halten dürfen. Damit haben wir uns eindeutig zu viel zugemutet.«
»Es ist immer noch Zeit, die GAVÖK oder die LFT zu benachrichtigen. Ein paar Spezialisten von der Erde würden das Rätsel bestimmt lösen.«
»Sie würden auch herausfinden, dass wir schon eine ganze Zeit lang an dem Ding herumfummeln –
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