Silberband 116 - Der Auserwählte
leger wie eh und je.
»Dann steuern wir also auf ein Schwarzes Loch zu?« Bull versuchte, das Gehörte allgemein verständlich umzuformulieren.
Nyman lächelte überlegen. »Wären Sie überrascht, wenn ich Ihnen sagte, dass wir uns theoretisch schon längst im Innern eines Schwarzen Lochs befinden müssten?«
Reginald Bull starrte den Hyperphysiker sekundenlang verblüfft an.
»Wie bereits bekannt, schätzen wir die Gesamtmasse der Materieballung, auf die wir zufliegen, auf fünf Trillionen Sonnenmassen«, fuhr Nyman fort. »Der Schwarzschild-Radius für eine solche Masse errechnet sich zu mehr als eineinhalb Millionen Lichtjahren. Das heißt, die gesamte Galaxis Errantemohre müsste sich im Innern eines Schwarzen Loches befinden. Dennoch verhält sich diese Galaxis normal, was bedeutet, dass von der anderen Seite der Materiequelle aus eingegriffen wird.«
»Das ist gewiss interessant«, warf Perry Rhodan ein. »Aber ich hätte lieber gehört, wie es weitergeht. Wie ich die Situation sehe, sind wir verhältnismäßig sicher, solange wir uns der Materiequelle nicht weiter als bis auf den Nyman-Radius annähem. Was aber geschieht dann?«
»Zwei Möglichkeiten«, antwortete Nyman. »Entweder gibt Laire uns einen weiteren Ratschlag, wie wir uns zu verhalten haben, oder wir dringen auf eigene Faust vor, mit Vorposteneinheiten, versteht sich, und stellen Forschungen nach unserem Gutdünken an.«
Rhodan musterte den Mann mit durchdringendem Blick. »Das ist wohl auch der Grund dafür, dass auf Ihre Bitte hin Lyn Degas und ihre Mannschaft zu dieser Besprechung eingeladen wurden.«
»Richtig«, bestätigte Nyman. »Lyn ist die einzige Beibootkommandantin, die schon mit den unbekannten Gegebenheiten dieses Raumes in Berührung gekommen ist. Sie sollte für die Führung eines der Vorpostenschiffe in Erwägung gezogen werden.«
»Ich?« Lyns Ausruf klang wie ein Protestschrei. »Das schlagen Sie sich am besten gleich wieder aus dem Kopf, mein Freund. Das da draußen ist ein Albtraum, der den Verstand anfrisst...« Mit einem um Verständnis heischenden Blick wandte sie sich Rhodan zu. »Ich meine, falls er hofft, dass ich mich freiwillig melde. Höchstens ein Befehl könnte mich zu einem solchen Aberwitz bewegen - ansonsten: Wer da raus will, kann nur verrückt sein.«
Um Rhodans Mundwinkel zuckte es leicht.
»Es besteht kein Anlass zur Furcht«, erklärte Nyman. »Ich wäre ebenfalls an Bord Ihres Schiffes.«
Degas fasste den Hyperphysiker ins Auge, als suche sie nach dem Punkt an seinem Körper, an dem sie mit der Vivisektion beginnen würde.
»Wenn Sie an Bord meines Schiffes wären, hätte ich noch mehr Angst. Nämlich davor, dass ich angesichts Ihrer Hochnäsigkeit die Beherrschung verliere!« In ihrer Stimme schwang verhaltener Zorn mit.
Laire hatte Rhodans Anruf sofort entgegengenommen und sich bereit erklärt, den Terraner in seiner Kabine aufzusuchen.
»Dein Rat war gut, soweit wir bis jetzt entscheiden können«, sagte Perry ohne Umschweife. »Unsere Wissenschaftler werden das erste Testgerät in wenigen Stunden prüfen. Wenn es den Erwartungen entspricht, setzen wir wohl in zwei Tagen den Flug zur Materiequelle fort.«
»Eine Prüfung ist nicht notwendig«, erwiderte der Roboter. »Das Gerät ist tauglich.«
»Woher willst du wissen, dass unsere Leute bei der Konstruktion keinen Fehler gemacht haben?«
»Ich weiß es, das ist alles.«
»Das Gerät wird uns ein Stück näher ans Ziel bringen. Doch in unmittelbarer Nähe der Materiequelle wird es versagen.«
»Auch das ist mir bekannt.«
»Welche Empfehlung haben die Kosmokraten, wenn wir diese Grenze erreichen?«
»Ich weiß es nicht.«
Rhodan wirkte in dem Moment wie ein Vater, der sich anschickte, seinem beim Lügen ertappten Sohn die Vorzüge der Wahrheit zu erläutern.
»Du sagtest, die Kosmokraten brauchen unsere Hilfe ...«
»So ist es, deine und Atlans Hilfe.«
»Um das tun zu können, was von uns erwartet wird, müssen wir aber die Materiequelle erreichen?«
»Zumindest die unmittelbare Vorzone.«
»Was auch immer. Da uns das neue Gerät nur bis auf ein paar Lichtjahre an die Quelle heranbringen wird, können wir nicht helfen. Du verstehst, worauf ich hinauswill? Wenn ich jemandem helfen soll, dann kann ich von ihm erwarten, dass er mir erklärt, wie ich den Ort erreiche, an dem meine Hilfe vonnöten ist.«
»Wenngleich deine Logik unbestechlich ist, sagt sie doch nichts über den zeitlichen Ablauf des Informationsvorgangs aus«,
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