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Silberhuf

Silberhuf

Titel: Silberhuf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Winnington
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nichts zu entschuldigen, Herr Norton“, sagte das Pferd.
    „Sag Mike zu mir. Und das hier ist Jack, Jack Norton natürlich, mein Sohn.“
    „Sehr erfreut, Sie kennenzulernen.“
    Dies ist wirklich das wohlerzogenste Pferd, das ich je gesehen habe, dachte ich, wenn es überhaupt zuvor eins gegeben hat.
    „Ja“, redete Silberhuf weiter. „Logischerweise erscheint es mir ratsamer, herauszufinden, wer den Rauch verursacht hat. Von jener Anhöhe dort könnte man das Tal übersehen, ohne selbst entdeckt zu werden.“
    „Hm“, sagte Vater und blickte auf das Pferd und danach, mit einem leichten Grinsen im Auge, auf mich.
    Dann ließ er sein ganzes Gepäck, außer dem Gewehr, auf den Boden gleiten und sagte: „O. K. Wartet hier. Ich geh mich mal umschauen.“
    Wir beobachteten ihn, bis er den Fels erreicht hatte undumherspähte. Dann machte er einen Satz, winkte uns und verschwand jenseits des Felsrückens.
    Als Silberhuf und ich den Fels erreichten, war es klar, woher der „Rauch“ kam. Eine heiße Quelle! Und Vater war schon da und zog sich aus. Als wir ankamen, lag er ausgestreckt im heißen Wasser.
    „Das erste Bad, seit wir von zu Hause weg sind“, bemerkte er, „geh langsam hinein, es ist heiß.“
    Ich hatte zwar gehört, heiße Quellen kämen im Himalaja sehr häufig vor, aber dies war die erste, die wir antrafen. Ein ausgebranntes Yakdungfeuer deutete darauf hin, daß die Banditen hier wahrscheinlich kampiert hatten. Zentimeter um Zentimeter ließ ich mich ins Wasser sinken, bis es mir zum Halse ging. Ich fand ein hübsches Stückchen Schiefer zum Draufsetzen und paddelte fröhlich sitzend mit ausgestreckten Armen und Beinen. Und während wir dalagen und schwitzten, forderte Vater Silberhuf auf, uns etwas aus seinem Leben zu erzählen.
    Silberhuf begann: „Ich wurde von einigen der besten Kunsthandwerker jener Zeit unter der Leitung des berühmten Waffenschmieds Mohammed Hassan gebaut.
    Wie Sie bereits erfuhren, geschah dies auf das Geheiß des Kaisers von Glazikstan. Es vergingen viele Jahre, bis ich fertig war, und noch eine weitere Zeitspanne, um mich nach Peking zu transportieren. Zu meinem Glück brauchte ich den ganzen Weg nicht zu Fuß zurückzulegen. Ich reiste in einem Wagen mit vielen Rädern, der von Sklaven gezogen wurde. Als ich in Peking ankam, machte man mich dem Kaiser Chien Lung als Geschenk zu eigen. Es war im Jahre Keng Chen — das bedeutet, das fünfundzwanzigste Jahr der Chien-Lung-Dynastie, das Jahr des Drachens.“
    Mein Vater zählte seine Finger. „Du meine Güte“, sagte er und streckte die Hände wieder unters Wasser. „Das war 1760. Soweit ich mich erinnere, regierte Chien Lung von 1736 bis 1796“, erklärte er mir.
    „Das bedeutet, daß Silberhuf über zweihundert Jahre alt ist“, entgegnete ich, „und dabei rennt er quicklebendig herum, wie ein junges Kätzchen.“
    „Vollkommen richtig“, sagte Silberhuf, „und ich habe mich noch nie so jung gefühlt.“
    „Ich muß sagen, dein Mohammed Hassan hat erstklassiges Material verwendet. Deine Lager sind von bester Qualität.Bronze und Stahl sind gut, aber Nylon ist besser. Ich werde dir später Lager aus Nylon verpassen.“

    „Woher wollen Sie wissen, daß Nylon besser ist?“ fragte das Pferd.
    „Hm“, Vater grinste. „Ich nehme an, ich weiß es nicht, denn Nylon gibt es erst seit ungefähr dreißig Jahren. Aber es braucht nicht geschmiert zu werden und läßt sich leichter erneuern.“
    Silberhuf erzählte weiter: „Ein Mann, der so ausgezeichnet unterrichtet ist über die chinesische Geschichte wie Sie, Mike, wird wissen, daß die Herrschaft von Chien Lung berühmt warfür die feinen Bronzearbeiten. Was mich anbetrifft, so wurde ich als ein sehr grobes, wenig kunstvolles Wesen angesehen, ein Novum, eine Seltenheit, aber nicht mehr. Ich wurde verwahrt und anscheinend vergessen.“

    Silberhuf schnaubte. Er schien immer noch ein wenig verärgert zu sein über die Unfähigkeit von Chien Lung, ihn gebührend zu schätzen.
    „Immerhin“, sagte Vater, „nehme ich an, die Kaiser-Witwe hat dich zu schätzen gewußt. Sie besaß eine große Vorliebe für alle Arten von Uhrwerken.“
    „Meistens natürlich Gelumpe“, stimmte Silberhuf zu. „Sie besaß wirklich einen schauderhaften Geschmack. Unter ihrer Herrschaft schickte man mich auf eine große Tournee durch das ganze Land. Und während ich ihr all die vielen Silberdollars einbrachte, die sie zum Aufbau der chinesischen Marine benötigte, lief ich mir meine

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