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Silberlicht

Silberlicht

Titel: Silberlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Whitcomb
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aus deiner Schule?«, fragte sie.
    »Ich weiß es nicht«, antwortete Jenny.

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    Kapitel 8
    I ch habe deine beigen Shorts gebügelt, Schatz«, sagte Jennys Mutter. »Du kannst sie anziehen, wenn dir nicht zu kalt ist.«
    »Das klingt gut«, erwiderte Jenny.
    Ich saß auf dem Rücksitz, den metallenen Geschmack von Angst im Mund. Was hatte ich getan? Ich hing an einem Mädchen, das ich freiwillig niemals gewählt hätte. Was, wenn wir uns wieder geirrt hatten und etwas Böses in ihr wartete?
    »Ist dein blauer Pullover aus der Reinigung zurück?«
    »Ich glaube schon.« Jenny sah aus dem Fenster, doch ihre Augen waren auf die Scheibe geheftet, blind für alles, was dahinterlag.
    »Teri und Jeff werden ein Duett singen.« Jennys Mutter tippte mit ihrem schweren Diamantring gegen das Lenkrad. Das Auto wirkte wie ein Leichenwagen – groß, sauber und still. Von der Außenwelt drang kein Laut ins Innere.
    »Sie haben so schöne Stimmen«, sagte Jenny ausdruckslos.
    »Ich sollte meinen Fotoapparat mitnehmen«, bemerkte ihre Mutter. »Erinnere mich bitte daran.«
    »Nimm den Fotoapparat mit«, murmelte Jenny.
    »Ich meine, wenn wir von daheim losfahren, Dummerchen«, sagte ihre Mutter lachend.
     
    Die Garage, in der wir das Auto abstellten, war hübsch, sogar hübscher als Billys gesamtes Haus. Sie war so riesig, dass noch ein weiterer Wagen und ein Boot in ihr Platz gefunden hätten. Eine blitzsaubere Arbeitsplatte war an die hintere Wand montiert, mit einem glänzenden Spülbecken, einer strahlend weißen Gefriertruhe und einer Werkzeugplatte, an der alle Gerätschaften mit weißer Farbe umrandet in Reih und Glied hingen. An der Tür war das Bild einer fliegenden Taube angebracht, daneben eine Efeupflanze mit einem Engelsgewinde, die ihre Blätter von der Decke hängen ließ.
    Jennys Mutter drückte auf einen Knopf unter dem Lenkrad und wartete, bis sich das mechanische Garagentor hinter ihr schloss, bevor sie aus dem Wagen stieg. Ich blickte zurück in der Hoffnung, einen Blick auf James und sein Fahrrad erhaschen zu können. Wenn er uns gefolgt wäre, hätte ich meine Entscheidung rückgängig machen und zu ihm zurückfliegen können. Doch er war nicht da.
    »Hopp, hopp«, sagte Jennys Mutter.
    Das Mädchen folgte ihr ins Haus, ihre Tasche fest an den Bauch gedrückt. Wir kamen in eine riesige glänzende Küche, wo Jennys Mutter am Esstisch stehen blieb und die Überschriften der sorgfältig gefalteten Zeitung studierte.
    Ich ging mit Jenny in ihr Zimmer und beobachtete, wie sie sich entkleidete. Doch wie sollte ich in sie hineinschlüpfen, wenn sie nicht stillsaß? Sie bewegte sich wie eine Schlafwandlerin, faltete ihr Kleid und ihren Slip anmutig zusammen, bevor sie die Sachen in den Wäschesack legte. Ihre Strümpfe verstaute sie in einen Netzbeutel mit Reißverschluss, die Schuhe in einer Schachtel im Schrank.
    Nur noch in Unterwäsche, verharrte sie bewegungslos, wie in Trance. Sie hat aufgehört zu existieren, dachte ich.
    »Bist du fertig?«, rief ihre Mutter aus dem Erdgeschoss.
    Jenny blinzelte und setzte sich wieder in Bewegung, wie eine Maschine, bei der ein Hebel umgelegt worden war. Sie nahm eine Shorts und einen Pullover aus dem Schrank und zog sie an. Aus einer weiteren Schachtel förderte sie weiße Leinenschuhe zutage. In der Kommodenschublade, in der Socken zu kleinen Bällchen gerollt waren, fand sie ein Paar weißer Strümpfe.
    »Junge Dame, dauert es noch lange?«, rief ihre Mutter ungeduldig.
    »Komme gleich«, antwortete Jenny. Sie saß auf dem Bettrand und streifte sich erst den rechten und dann den linken Socken über die Füße. Dann folgten die Schuhe, deren Schnürsenkel sie zu symmetrischen Schleifen band. Wieder hielt sie inne und starrte vor sich hin, als ob ihre Kontrolllampe erloschen wäre. Ich hatte zu viel Angst, um sie zu berühren.
    Ich sah mich in ihrem Zimmer um, das mit weißen Spitzen und gelben Rosen dekoriert war. Der Frisiertisch, der Teppich, der Schreibtisch – alles schien makellos sauber. Die Wände waren nackt, bis auf ein Gemälde mit betenden Händen und einem Poster, das Jesus umringt von einer Schar Kinder zeigte.
    Das Mädchen saß da wie hypnotisiert. Ich stand vor ihr. Sie war so jung. Es wäre passender gewesen, eine Frau meines Alters auszuwählen, doch wir brauchten ein verlassenes Schiff, und schließlich befand sich James ebenfalls im Körper eines Teenagers. Ich war nervös. Wenn ich zauderte und mich nicht am Fleisch dieses Kindes festhalten

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