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Silberlicht

Silberlicht

Titel: Silberlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Whitcomb
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Gebetskreis, ich kümmere mich um sie.«
    Schließlich atmete ich tief durch, die Tränen versiegten. Jennys Mutter, Cathy, zog die Decke fester um meine Knie und reichte mir ein Taschentuch. Ich wischte mir mit dem dünnen Papier übers Gesicht und sah sie an.
    »Was ist passiert, Jen?«, fragte sie.
    »Ich habe mich so seltsam gefühlt«, antwortete ich, überrascht, meine Worte mit Jennys Stimme zu hören. Meine Zähne schlugen aufeinander.
    »Ist deine Menstruation bald fällig?«, flüsterte Cathy.
    »Ich weiß es nicht«, erwiderte ich.
    »Schon gut. Wir schauen daheim in deinem Kalender nach.«
    »Mutter?« Ich wollte einfach nur das Wort aussprechen und sehen, dass sie tatsächlich darauf reagierte.
    »Ja, Liebling?«
    Ich lachte. Offensichtlich eine etwas merkwürdige Reaktion.
    »Möchtest du etwas essen oder trinken?«, fragte Cathy besorgt.
    »Gibt es hier einen Apfel?«
    »Ich glaube nicht.« Cathy blickte auf das leer gegessene Büfett. »Limettengötterspeise? Und etwas Grapefruitbowle?«
    »Ja bitte.« Ich saß mit dem Rücken zur Wiese, wo zwei leise Stimmen ein Wiegenlied sangen. Jennys Vater, Dan, und der Pastor standen am Rand und hörten zu, neben ihnen ein Mann in Polizeiuniform mit einem Baby auf dem Arm.
    Cathy brachte mir einen gelben Plastikbecher, der bis zur Hälfte mit einer dunklen Flüssigkeit gefüllt war. Ich ergriff ihn mit beiden Händen; Plastik hatte ich zwar schon gesehen, aber noch nie gefühlt. Es war so glatt, wie es aussah, und verströmte einen dezenten, eigenartigen Geruch. Wenn ich den Becher zusammendrückte und wieder losließ, gab er ein ploppendes Geräusch von sich. Cathy warf mir einen sonderbaren Blick zu, als ich die Bowle trank.
    »O Gott.« Ich war überwältigt, wie gut sie schmeckte.
    »Du gehst heute früh ins Bett«, sagte Cathy.
    Ich war zu fasziniert, um mich zu fürchten. Alles war so verzaubernd. Berührt zu werden. Menschen zu riechen, ihren Schweiß, ihr Parfüm, selbst das Waschmittel in den Fasern ihrer Kleidung, wenn sie mich zum Abschied umarmten. Die Kraft all dieser Augen, die geradewegs in meine zu strahlen schien. Das Gewicht der Bowle in meinem Becher. Das meines Körpers, wenn ich aufstand, um mich zu bewegen. Vor Neugier war ich ganz benommen. Ich wollte rennen, singen und eine Straße voller Menschen entlanggehen, die nicht durch mich hindurchgleiten würden.
    Ich sah keine Bilder aus Jennys Vergangenheit, kein aufblitzendes Trauma, das sie, wie die Frau im Spiegel, zur Flucht veranlasst hätte. Wie Billys Körper enthielt auch dieser hier keine Erinnerungen. Mir fiel ein, dass James gesagt hatte, dass er sich mit Hilfe von Billy an seine Zeit unter den Lebenden erinnern konnte. Jennys Herz begann bei dieser Vorstellung schneller zu schlagen. Ich fürchtete mich ein wenig vor dem, was da an die Oberfläche kommen konnte. Doch noch blieb ich verschont.
    »Dan«, flüsterte Cathy. »Lass uns fahren.«
    Nachdem er ein paar leise Worte mit Pastor Bob gewechselt hatte, kam Dan auf mich zu und nahm meine Hand. »Willst du mit mir oder mit deiner Mutter fahren?«
    »Ist mir egal«, erwiderte ich.
    Cathy nahm die Decke von meinem Schoß und faltete sie zusammen. »Du fährst mit mir.«
    »Dann bis gleich daheim.« Dan steuerte auf einen weißen Van zu, während mir Cathy den Arm um die Taille legte.
    »Ich kann allein gehen«, sagte ich, obwohl ich die Wärme um meinen Körper als tröstlich empfand. Ich streckte mich und versuchte einen kleinen Hopser. Ich wunderte mich, wie stark sich meine Beine anfühlten. Mir gefiel die Art, wie meine langen Schritte meine Haare zum Schwingen brachten. Ein beherztes Lachen entglitt mir.
    »Nun, ich glaube, es geht dir schon besser«, sagte Cathy unsicher. Als wir im Auto saßen, fragte sie vorsichtig: »Jen, du hattest nicht etwa …« Sie zögerte. »… eine Vision oder so etwas?«
    Für einen kurzen Moment sah ich sie stumm an. »Soweit ich weiß, nicht«, antwortete ich.
    Als wir zu Hause waren, eilte ich in Jennys Zimmer, schloss die Tür hinter mir und sah in den Spiegel. Ich konnte es immer noch nicht glauben, doch ich war tatsächlich ein Mädchen mit haselnussbraunen Augen, blondem Haar und schlanken, gebräunten Fingern. Ich setzte mich aufs Bett und zog mir die Schuhe aus. Ich wackelte mit den Zehen und starrte sie an, als wären mir Flügel gewachsen. Ich hüpfte auf und ab und drehte mich sogar in der Luft, um dann anmutig auf meinen sich leicht biegenden Beinen zu landen. Schnell zog ich mir

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