Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Silberlicht

Silberlicht

Titel: Silberlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Whitcomb
Vom Netzwerk:
öffnen. Voller Wut hämmerte ich mit den Fäusten gegen das Glas, ein Säugling weinte. Ich bettelte, dass der Bus anhalten möge, und riss an der Notbremse, bis die Klingel ihren Geist aufgab. Schwankend rannte ich nach vorne, doch der Fahrer teilte mir ungerührt mit, dass er die Türen nur an den Haltestellen öffnen dürfe.
    »Das ist ein Notfall!«, rief ein älterer Mann in der ersten Reihe. Ich versuchte zu sehen, was mit James geschah, doch meine Tränen verschleierten mir den Blick.
    Zwei Blocks weiter öffneten sich endlich die Türen. Ich stieg aus und jagte die Straße zurück. Meine Büchertasche zog so schwer an mir, dass ich sie abstreifte und auf dem Gehsteig liegenließ. Als ich an der Haltestelle ankam, war keine Spur mehr von James, Mitch oder der Polizei zu sehen.

[home]
    Kapitel 14
    A uf dem Heimweg nach Norden saß ich im Bus und starrte blicklos durch das Fenster. In meinem Inneren herrschte vollkommene Leere. Von weitem sah ich bereits das kastanienbraune Auto, das einsam auf dem Schulparkplatz stand. Ich stieg aus und ging über die Straße, immer noch zu betäubt, um mir darüber Sorgen zu machen, was gleich passieren würde.
    »Mom?« Durch das Fenster auf der Beifahrerseite blickte ich in das Innere des Wagens und sah, dass Cathy geweint hatte.
    Beim Klang meiner Stimme zuckte sie zusammen und starrte mich an, als sei ich ein Geist. »Wo warst du?«
    Ich öffnete die Tür und setzte mich, die Büchertasche auf dem Schoß. »Ich bin zum Lernen in den Park gegangen.«
    »Warum hast du mir nicht gesagt, dass du heute nur einen halben Tag Unterricht hast?« Sie schien immer noch eher erschrocken als verärgert zu sein.
    »Ich habe es vergessen.« Ich legte den Sicherheitsgurt an, doch Cathy blieb einfach sitzen.
    Ihre Hände zitterten, als sie das Handy in ihrer Handtasche verstaute. »Warum hast du mich denn nicht angerufen?«
    »Das habe ich«, log ich. »Ich bin nur nicht durchgekommen.«
    Sie schniefte und warf einen kurzen Blick in den Rückspiegel, während sie sich anschnallte.
    »Es tut mir leid, dass ich dich aufgeregt habe«, sagte ich. Ich war so müde, dass ich nichts mehr sagen konnte und nur noch schlafen wollte. Und wenn ich aufwachte, so wünschte ich mir, sollte James wieder so frei sein wie heute Morgen.
    »Ist schon in Ordnung«, sagte Cathy, und ich spürte, dass ich nicht der einzige Grund für ihre rotgeweinten Augen war. Doch im Moment fehlte mir die Kraft, mich näher damit zu beschäftigen.
    Cathy wollte gerade den Zündschlüssel umdrehen, als ihr Blick an meinen Knien hängenblieb. »Wo ist deine Strumpfhose?«
    Ich legte meine Tasche über meine bloßen Beine und log erneut. »Sie hatten ein Loch, so dass ich sie wegwerfen musste.« Zu sagen, dass ich beschlossen hatte, keine mehr zu tragen, wäre etwas auffällig gewesen.
    Sie runzelte die Stirn, sagte jedoch nichts mehr dazu. Vor Sorge um James fühlte sich mein Inneres wie ein einziger Knoten an, und Cathys unübliches Desinteresse an meinem schlechten Benehmen machte alles noch schlimmer.
    Mir war so übel, als wir nach Hause kamen, dass ich schwankend in der Küchentür stehen blieb. Cathy packte mich am Ellbogen, und ich schluckte die aufsteigende Magensäure hinunter. Ich sagte ihr, dass ich mich nur ein wenig ausruhen müsse, doch sie ließ mir ein Bad ein, wogegen ich nicht protestierte. Dann ging sie in die Küche, um das Abendessen vorzubereiten. Nackt und zitternd saß ich in der Wanne, obwohl das Badezimmer von heißem Dampf erfüllt war. Ich stellte mir vor, wie James und Mitch daheim saßen, Fernsehen schauten, Pizza aßen und es sich gutgehen ließen. Ich versuchte, mich davon zu überzeugen, dass Mitch die Polizei nur gerufen hatte, um Billy Angst einzujagen und ihm eine Lektion zu erteilen. Aber ich spürte, dass etwas nicht stimmte. Während ich in der Wanne saß, klingelte das Telefon, und mein Herz setzte einen Schlag aus. Doch Cathy rief mich nicht, es konnte also nicht James gewesen sein. In Gedanken sah ich ihn wieder als Soldaten, hoch oben in dem Baum, und ich fragte mich, wie Vergebung wohl aussähe. James hatte seinem Alptraum ins Gesicht geblickt, und Gott hatte ihm verziehen. Ich hatte den Frieden auf seinen Zügen gesehen, als er zurückkam. Doch für mich würde es nicht so leicht sein. Ich zuckte zusammen, als der auf der Wasseroberfläche treibende Schwamm gegen meinen Arm stieß.
     
    Schließlich zog ich mich an und ging ins Esszimmer, wo der Tisch für zwei Personen gedeckt

Weitere Kostenlose Bücher