Silberlinge
Hand.
Dann hielt ich seinen linken Arm fest und hob den Baseballschläger. »Hör zu, du Mistkerl. Du bist kein Opfer. Du hast dich bewusst auf ihre Seite geschlagen, und du dienst schon dein Leben lang den dunklen Kräften, als wolltest du beim Teufel Karriere machen.«
»Was… was hast du vor?«, jammerte er. »Du kannst doch nicht… du wirst doch nicht…«
Ich packte ihn am falschen Priesterkragen und erwürgte ihn fast dabei. »Die Ritter sind gute Menschen. Ich bin es nicht, und ich werde auch keine schlaflose Nacht verbringen, wenn ich dich töte.« Bei jedem Wort schüttelte ich ihn, dass seine blutigen Zähne klapperten. »Wo ist Nikodemus?«
Cassius brach schluchzend zusammen. Irgendwann hatte sich seine Blase entleert, und es roch beißend nach Urin. Jetzt würgte er und spuckte Blut und einen abgebrochenen Zahn aus. »Ich werde es dir sagen«, keuchte er. »Bitte, nicht.«
»Wo ist er?« Ich ließ seinen Kragen los und richtete mich auf.
»Das weiß ich nicht.« Er wich meinem Blick aus. »Das hat er mir nicht gesagt. Aber wir wollten uns heute Abend um acht Uhr am Flughafen treffen.« Cassius übergab sich, und da ich ihn am Arm festhielt, traf er vor allem sich selbst. »Den genauen Ort kenne ich nicht.«
»Was hat er vor?«
»Er will das Grabtuch benutzen und den Fluch freisetzen.
Das Blut des alten Mannes. Er muss in Bewegung bleiben, während er das Ritual vollzieht.«
»Warum?«
»Der Fluch ist ansteckend und soll sich so weit wie möglich verbreiten. Viele Menschen müssen damit in Berührung kommen, das macht ihn stärker. Die Apokalypse.«
Ich nahm den Fuß von seinem Arm und zertrümmerte mit dem Baseballschläger das Telefon des Hotelzimmers. Dann suchte ich sein Handy und zerstörte es ebenfalls. Schließlich fischte ich einen Vierteldollar aus der Hosentasche und ließ ihn auf dem Boden fallen. »Auf der anderen Seite des Parkplatzes ist eine Telefonzelle. Dort kannst du dir einen Krankenwagen rufen.« Dann wandte ich mich zur Tür, ohne mich umzudrehen. »Wenn ich dich noch einmal sehe, werde ich dich töten.«
Michael und Sanya erwarteten mich draußen. Sanyas Miene verriet eine gewisse Zufriedenheit, Michael schaute ernst und besorgt drein.
»Jemand musste es tun«, sagte ich äußerlich unbeteiligt zu ihm. »Er lebt noch, und das ist mehr, als er verdient.«
»Mag sein«, erwiderte Michael. »Was du getan hast, war trotzdem falsch.«
Einerseits war mir fast übel, andererseits empfand ich Genugtuung. Ich war nicht sicher, welche Seite überwog. »Du hast gehört, was er über Shiro und Susan gesagt hat.«
Michael nickte traurig. »Dadurch wird es noch lange nicht richtig.«
»Nein, das nicht.« Ich fing seinen Blick ein. »Glaubst du, Gott wird mir vergeben?«
Michael schwieg einen Moment, dann hellte sich seine Miene ein wenig auf. Er klopfte mir auf die Schulter. »Gott ist immer gnädig.«
»Eigentlich haben Sie ihm sogar einen großen Dienst erwiesen«, meinte Sanya. »Jedenfalls könnte man es so sehen. Er ist verletzt, aber immerhin lebt er noch, und so hat er nun viel Zeit, über sein Leben nachzudenken.«
»Äh, ja«, stimmte ich zu. »Ich bin völlig selbstlos und habe es nur zu seinem Besten getan.«
Sanya nickte gemessen. »Auf die guten Absichten kommt es an.«
Michael nickte. »Wer sind wir, dass wir über dich richten könnten?« Mit blitzenden Augen wandte er sich an Sanya. »Hast du das Gesicht der Schlange gesehen, als Harry sich mit dem Baseballschläger umdrehte?«
Sanya lächelte und pfiff, als wir über den Parkplatz gingen und in den Truck stiegen.
»Setzt mich bitte bei mir zu Hause ab«, sagte ich. »Ich muss ein paar Sachen abholen und einige Anrufe erledigen.«
»Wegen des Duells?«, fragte Michael. »Harry, soll ich nicht lieber…«
»Überlass das mir«, antwortete ich. »Du hast dir schon genug aufgeladen. Ich komme zurecht. Wir treffen uns am Flughafen, und dann helfe ich euch, Shiro zu finden.«
»Falls Sie so lange leben«, meinte Sanya.
»Ja. Vielen Dank auch, dass Sie es noch einmal erwähnen.« Der Russe grinste. »Haben Sie Cassius einen Vierteldollar gegeben?«
»Ja.«
»Fürs Telefon?«
»Ja.«
»Ein Anruf ist doch inzwischen viel teurer«, meinte Michael.
Ich lehnte mich bequem zurück und gestattete mir ein Lächeln. »Ich weiß.«
Sanya und Michael platzten vor Lachen laut heraus, Michael schlug aufs Lenkrad.
Ich stimmte nicht ein, freute mich jedoch über ihr Lachen, solange ich es noch hören durfte. Die
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