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Silberlinge

Silberlinge

Titel: Silberlinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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klang nicht fröhlich. »So ein Leben verdienst du nicht.«
    Ich knirschte mit den Zähnen. »Es hat nichts damit zu tun, was ich verdient…«
    »Ach komm, hör endlich auf, Clint Eastwood nachzuahmen. Sonst wickle ich das Auto um den nächsten Laternenmast.«
    »Wenn ich dir damit eine Freude mache.« Lächelnd hielt ich ihr die linke Handfläche hin.
    Sie legte ihre auf meine Hand und sagte: »Eine Frau muss irgendwo eine Grenze ziehen.«
    Den Rest des Weges zum Stadion legten wir schweigend und händchenhaltend zurück.
    Ich war noch nie im Wrigley Field gewesen, wenn es leer war. Das war ja auch nicht der Sinn eines Stadions. Man ging hin, weil man zusammen mit einer Milliarde anderer Menschen etwas ansehen wollte. Jetzt dagegen stand der riesige Bau einsam in der Gegend und wirkte ohne die jubelnden Zuschauer gespenstisch leer. Der Wind pfiff und heulte um die Ecken. Es dämmerte schon, und die noch nicht eingeschalteten Straßenlaternen streckten ihre Schattenfinger zum leeren Parkplatz aus. Die Torbögen und Eingänge des Stadions waren dunkle Löcher, leer wie die Augenhöhlen eines Schädels.
    »Gott sei Dank ist das hier nicht unheimlich«, murmelte ich.
    »Was nun?«, fragte Susan.
    Hinter uns kam ein weiterer Wagen, den ich schon am Vorabend vor dem McAnnally’s gesehen hatte. Etwa zwanzig Meter entfernt hielt er an, Ortega stieg aus und beugte sich vor, um dem Fahrer Anweisungen zu geben, einem Mann mit dunkler Haut und bernsteinfarbener Sonnenbrille. Auf dem Rücksitz saßen zwei weitere Personen, die ich allerdings nicht erkennen konnte. Vermutlich gehörten sie zum Roten Hof.
    »Wir dürfen nicht den Eindruck erwecken, wir hätten Angst«, sagte ich und stieg ebenfalls aus.
    Ich wandte mich nicht an Ortega, sondern nahm den Stab heraus, setzte ihn auf den Boden und blickte zum Stadion hinüber. Der Wind erfasste meinen Mantel und ließ ihn stark genug flattern, damit hin und wieder die Waffe an meiner Hüfte sichtbar wurde. Ich trug jetzt dunkle Jeans und ein schwarzes Seidenhemd. Die Mongolen, oder wer es auch war, trugen Seidenhemden, um die Pfeile abzufangen, ehe sie Wunden reißen konnten, und um zackige Pfeilspitzen herauszuziehen, ohne sich alle Eingeweide zu zerfetzen. Ich hatte zwar nicht die Absicht, mich mit Pfeil und Bogen erlegen zu lassen, doch es waren schon verrücktere Dinge passiert.
    Susan stieg aus und trat zu mir. Auch sie starrte das Stadion an, der Wind spielte mit ihren Haaren. »Sehr hübsch«, murmelte sie, fast ohne die Lippen zu bewegen. »Das steht dir wirklich gut. Ortegas Fahrer macht sich gleich in die Hosen.«
    »Du sagst immer so reizende Dinge zu mir.«
    Wir blieben noch ein paar Augenblicke stehen, bis ich ein tiefes, rhythmisches Grollen hörte – eine dieser nervigen, enorm lauten Autoanlagen mit Bassverstärker, mit denen so viele Idioten herumfahren. Das Grollen näherte sich, dann quietschten Reifen, und Thomas fuhr mit einem anderen weißen Sportwagen auf den Parkplatz. Er stellte sein Auto einfach quer über die weißen Linien der Parkbuchten, die ich unwillkürlich respektiert hatte. Dann schaltete er die Anlage ab und stieg in einer Rauchwolke aus. Zigarettenrauch war es nicht.
    »Paolo!«, rief Thomas. Er trug enge Jeans und ein schwarzes T-Shirt mit dem Logo von Buffy die Vampirjägerin. Die Schnürsenkel seiner Kampfstiefel hatte er nicht zugebunden, und in einer Hand hatte er eine Flasche Scotch. Er trank einen Schluck und torkelte zu Ortega hinüber, dem er schwankend die Falsche anbot. »Willste’n Schluck?«
    Ortega schlug Thomas die Flasche aus der Hand, die auf dem Boden zerschellte.
    »Schpaschverderber«, nuschelte Thomas. »Hallo, Harry, hallo, Susan!« Er winkte und wäre dabei fast umgefallen. »Ich wollte euch was anbieten, aber das geht jetzt ja nicht mehr.«
    »Vielleicht ein andermal«, erwiderte Susan.
    In einem der Tunnel, die ins Stadion führten, schien nun ein blaues Licht. Gleich darauf rollte ein Fahrzeug, das eine Mischung aus einem Kleinwagen und einem Golfkarren war, mit kreisendem Blaulicht und leise summenden Elektromotoren auf den Parkplatz und hielt direkt vor uns an. Kincaid, der am Steuer saß, nickte in Richtung der Rückbank. »Steigen Sie ein, es ist alles vorbereitet.«
    Ortega wollte den Anfang machen, doch ich hielt ihn mit erhobener Hand auf. »Zuerst die Dame«, sagte ich leise und half Susan beim Einsteigen. Dann folgte ich ihr, Ortega und Thomas bildeten den Abschluss. Thomas hatte sich Kopfhörer aufgesetzt

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