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Silberlinge

Silberlinge

Titel: Silberlinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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Meuchelmörder, Giftmischer, Krieger, Hexer…«
    »Hexer?«
    »Dank der Münzen werden sie praktisch unsterblich. Manche Ordensmitglieder hatten tausend Jahre zum Üben, vielleicht sogar länger. Wenn man so viel Zeit hat, wird auch das bescheidenste Talent zu einer mächtigen Waffe. Ganz zu schweigen von allem, was sie dank ihrer Erfahrungen gelernt und was sie im Laufe der Jahre gefunden haben, um ihre Kräfte zu vergrößern. Auch ohne teuflische Superkräfte wären sie höchst gefährlich.«
    Ich runzelte die Stirn und riss die Papierstücke in noch kleinere Fetzen. »Schlimm genug, um so einen Fluch hinzubekommen?«
    »Zweifellos haben sie die Fähigkeiten dazu. Vielleicht sind sie sogar gut genug, um nicht einmal eine große Kraftquelle zu benötigen.«
    »Spitze.« Müde rieb ich mir über die Augen. »Na schön. Also sind jede Menge hochkarätige Typen in der Nähe. Du musst für mich das Grabtuch aufspüren.«
    »Geht nicht«, antwortete Bob.
    »Nun hör mal. Wie viele Stücke zweitausend Jahre alten Stoff gibt es wohl in der Stadt?«
    »Das ist nicht der Punkt, Harry. Das Grabtuch ist…« Bob suchte nach den richtigen Worten. »Es existiert nicht auf der gleichen Wellenlänge wie ich. Es liegt außerhalb meines Geschäftsbereichs.«
    »Was redest du da?«
    »Ich bin ein Geist des Intellekts, der Vernunft und der Logik. Das Grabtuch hat nichts mit Logik zu tun, es ist ein Objekt des Glaubens.«
    »Na und?«, konterte ich. »Das dürfte dir eigentlich egal sein.«
    »Du weißt nicht alles«, antwortete Bob. »Du weißt im Grunde nicht einmal sehr viel. Ich kann das nicht tun, ich kann mich nicht einmal in seine Nähe begeben. Selbst wenn ich es versuchte, würde ich dabei Grenzen überschreiten, die ich nicht überschreiten darf. Ich werde nicht gegen Engel antreten. Ob sie nun gefallen sind oder nicht.«
    Seufzend hob ich beide Hände. »Na gut, na gut. Gibt es denn jemand, mit dem ich reden kann?«
    Bob schwieg eine Weile. Dann sagte er: »Vielleicht Ulsharavas.«
    »Wer?«
    »Ulsharavas. Sie ist eine Verbündete der Loa, ein Orakelgeist. Du findest die Einzelheiten ungefähr in der Mitte deiner Ausgabe von Dumont’s Weissagungsführer.«
    »Wie sind ihre Preise?«
    »Annehmbar«, erklärte Bob. »Du hast alles, was du brauchst, um sie anzurufen. Normalerweise ist sie nicht bösartig.«
    »Normalerweise nicht, ja?«
    »Die Loa sind im Grunde anständige Leute, wenngleich sie alle auch dunklere Aspekte haben. Ulsharavas ist eine sehr sanfte Führerin, aber auch sie kann grob werden. Lass dich nicht überrumpeln.«
    »Sicher nicht.« Ich runzelte die Stirn. »Noch etwas. Schau mal bei Marcone vorbei. Du musst dich nicht wie David Niven aufführen. Es reicht, wenn du dich umsiehst.«
    »Glaubst du, Marcone hat mit alledem zu tun?«
    »Seine Ganoven haben auf mich geschossen, deshalb will ich wissen, was da los ist. Du hast die Erlaubnis, den Schädel zu verlassen, um diese Informationen zu beschaffen. Komm aber bitte vor Anbruch der Dämmerung zurück. Oh, haben wir eigentlich noch das Rezept für das Mittel gegen Vampirspucke?«
    Eine orangefarbene Wolke strömte aus dem Schädel heraus und über den Tisch, dann zog sie die Treppe hinauf. Leicht verzerrt antwortete Bob: »Rotes Notizbuch. Vergiss nicht, die Wachlichter anzuzünden, während ich fort bin.«
    »Ja doch, ja«, murmelte ich. Ich ließ Bob eine Minute Zeit, meine Schutzsprüche zu überwinden, dann holte ich einen dreiarmigen Kerzenleuchter mit je einer grünen, gelben und roten Kerze. Ich zündete die grüne an und stellte den Kerzenständer beiseite. Anschließend suchte ich den Dumont-Führer heraus und las die Eintragung über Ulsharavas. Es kam mir recht einfach vor, obschon man nie ganz sicher sein kann, wenn man Wesen aus dem Niemalsland anruft.
    Ich brauchte noch ein paar Minuten, um alles Nötige zusammenzusuchen. Der Orakelgeist konnte nicht von sich aus einen Körper produzieren, nicht einmal eine verschwommene leuchtende Wolke wie Bob, sondern benötigte einen Homunkulus, um sich in der Welt der Sterblichen zu manifestieren. Der Dumont empfahl eine frische Leiche, aber da ich in der nächsten Zeit wohl nur damit rechnen konnte, dass es meine eigene wäre, brauchte ich einen Ersatz. Ich fand ihn in einer anderen Kiste und setzte ihn mitten in den Beschwörungskreis.
    Dann stellte ich einen Becher Whisky und eine gerade geöffnete Blechbüchse mit Prince-Albert-Kautabak in den Kreis, was den erforderlichen Vorschuss darstellte, damit

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