Silbermantel
Messern und Schwertern herein und entwaffneten in eiskaltem Schweigen, wie es nur die Tüchtigen an den Tag legen, die Bogenschützen, und sie wurde entdeckt.
Sie besaß genügend Geistesgegenwart, sich nicht zu verraten, als sie sie mit den sechs Bogenschützen im Bunde glaubten. Die Galerie war so angelegt, dass sie umschattet und von Fackeln erleuchtet wurde, so dass von unten her nur die Flammen zu sehen waren und die Musik, die von dort ausging, körperlos erschien, wie geboren aus dem Feuer. Dieser Umstand war es, der sie davor bewahrte, während jener Augenblicke entlarvt zu werden, bevor der Adel Brennins unter ihnen über den Mosaikfußboden einzumarschieren begann.
Sämtliche auf der Galerie anwesenden Männer und sie als einzige Frau sahen wie gebannt zu, als die verkürzt wirkenden Gestalten sich ans andere Ende des Saals begaben, wo ein geschnitzter Holzthron stand. Er war aus Eichenholz, das wusste sie, ebenso wie die Krone, die daneben auf dem Tisch ruhte.
Dann kam er vom Rande des Saals her in Sicht, und es war klar, dass er sterben musste, denn sie hatte bei seinem Anblick immer noch und trotz alledem Schwierigkeiten mit dem Atmen. Das goldene Haar leuchtete vor dem Hintergrund seiner schwarzen Trauergewänder. Er trug eine rote Armbinde; genau wie die zehn Männer, erkannte sie plötzlich, die sie und die Bogenschützen umringten. Da verstand sie, und schmerzliche Freude an seinem Geschick ergriff von ihr Besitz, sosehr sie sich auch dagegen wehren mochte. Oh, es war klar, es war klar, dass er sterben musste.
De: breitschultrige Mann mit dem Siegel des Kanzlers um den, Hals hielt soeben eine Ansprache. Dann wurde er einmal und, ungestümer noch, ein zweites Mal unterbrochen. Es war nicht leicht, etwas zu verstehen, doch als ein Mann mit dunklem Bart vortrat und sich vor dem Thron aufstellte, wusste sie, dass dies Aileron war, der aus der Verbannung Heimgekehrte. Er sah Diarmuid überhaupt nicht ähnlich.
»Kevin, bei allen Göttern, dafür soll er mir mit seinem Blute büßen!« zischte grimmig der Anführer der Schar, die sie gefangen genommen hatte.
»Ruhig«, antwortete ihm ein blonder Mann. »Hör doch zu.« Sie alle taten dies. Diarmuid hatte, wie sie sah, aufgehört hin und her zu gehen; er war in lässiger Pose vor seinem Bruder stehen geblieben.
»Der Thron gehört mir«, verkündete der dunkelhaarige Prinz.
»Ich werde um seinetwillen töten oder dafür sterben, ehe wir diesen Saal verlassen.« Bis hinauf in die Galerie waren diese Worte zu hören, so viel Nachdruck lag dahinter. Dann herrschte Schweigen.
Und wurde jäh unterbrochen durch Diarmuids trägen Applaus. »Mein Gott«, murmelte der, den sie Kevin nannten. Ich hätte dir das gleich sagen können, dachte sie, verwarf den Gedanken jedoch mit aller Gewalt.
Nun hatte er das Wort ergriffen, sagte etwas, das zu leise war, um es zu verstehen, was sie ungeheuer gereizt machte, aber Ailerons Antwort hörten sie alle und schraken dabei zusammen: »Auf der Musikantengalerie stehen sechs Bogenschützen bereit«, erklärte er, »die dich töten werden, wenn ich nur die Hand hebe.«
Die Zeit schien stillzustehen. Nun war sie an der Reihe, das wusste sie. Unten im Saal wurde sehr leise gesprochen, dann wurde noch einmal etwas gesagt, und dann rief Diarmuid mit tragender Stimme: »Coll«, und der massige Mann trat vor, um gesehen und gehört zu werden und genau das zu entgegnen, was sie befürchtet hatte:
»Sieben Männer waren hier oben.« Der gesamte Ablauf der Ereignisse kam ihr merkwürdig langsam vor; sie hatte ungeheuer viel Zeit, sich alles zu überlegen, zu wissen, was als nächstes passieren würde, lange, lange Zeit verging, ehe Aileron sagte: »Ich habe sechs ausgesandt. Wer ist der siebente?« – ehe sie sprang, sie allesamt überrumpelte, noch im Fallen ihren Dolch zog, so langsam, in solcher Klarheit, und unten aufkam und sich abrollte und ihrem Liebhaber gegenübertrat.
Sie hatte vorgehabt, ihm einen Augenblick Zeit zu gewähren, damit er sie erkenne; sie betete darum, noch so viel Zeit zu haben, ehe man sie umbringen würde.
Doch er brauchte nicht so lange. Seine Augen ruhten wachsam auf ihrer Gestalt, von Anfang an wissend, vermutlich schon wissend noch während ihres Sturzes, und oh, Fluch über ihn, ganz und gar nicht erschrocken. Daraufhin warf sie ihren Dolch. Sie musste ihn werfen, ehe er lächeln konnte.
Der Wurf hätte ihn getötet, denn sie verstand mit einem Dolch umzugehen, wenn sie nicht im Loslassen
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