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Silbermantel

Titel: Silbermantel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guy Gavriel Kay
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übertönte mit gewaltigem Gebrüll diesen Tumult.
    »Diarmuid!« dröhnte Tegid und stand heftig schwankend auf. Kevin verzog das Gesicht bei diesem Geräuschpegel. »Bei der Eiche und beim Mond, er ist es!« grölte Tegid, während der Lärm im Innern der Schenke vorübergehend lauten Begrüßungsrufen Platz machte.
    Diarmuid, in rehfarbenen Reithosen und einem blauen Wams, stand spöttisch grinsend in der Tür, während die anderen bereits ausschwärmten, hinein in den dichten Qualm des Schankraums. Tegid bahnte sich mit unsicheren Schritten seinen Weg nach vorn und stand schwankend vor seinem Prinzen.
    Und schleuderte Diarmuid den Inhalt eines Bierkruges mitten ins Gesicht.
    »Unglückseliger Prinz!« brüllte er. »Ich werde dir das Herz aus dem Leibe reißen! Ich werde deine Leber nach Gyven Ystrat senden! Wie kannst du es wagen, dich davonzuschleichen und den tapferen Tegid bei den Frauen und den plärrenden Kindern zurückzulassen?«
    Kevin, der neben dem Prinzen stand, hatte eine kurze, sehr erheiternde Vision von Tegid, wie er versuchte, sich über den Saerenfluß zu hangeln, ehe Diarmuid tropfnass die Hand zum nächstbesten Tisch ausstreckte, eine Silberkanne packte und mit ihr nach Tegid warf.
    Jemand schrie, als der Prinz seinem Wurf, welcher an der Schulter des großen Mannes abprallte, mit einem kurzen Überraschungsangriff Nachdruck verlieh, der wiederum damit endete, dass Diarmuids gesenkter Kopf wirkungsvoll auf der massiven Zielscheibe von Tegids Gürtelschnalle landete.
    Tegid taumelte zurück, und sein Gesicht verfärbte sich einen Augenblick lang grün. Doch er erholte sich rasch, packte die nächstbeste Tischplatte und riss sie mit einem einzigen mächtigen Ruck von den Böcken, wobei Krüge und Besteck herunterfielen und deren ehemalige Benutzer in alle Winde zerstreut wurden, während um ihn herum raue Flüche laut wurden. Um das Gleichgewicht zu behalten, wirbelte er herum, führte dabei mit der Tischplatte einen weit ausholenden, tödlichen Schlag aus, welcher gute Aussichten gehabt hätte, Ailell ohne Erben zurückzulassen, wenn er getroffen hätte.
    Diarmuid duckte sich sehr geschickt. Kevin tat es ihm nach, wenn auch nicht so geschickt. Auf dem Boden kauernd sah er, wie die Tischplatte über ihre Köpfe sauste und am Ende ihres Weges, nun nicht mehr ganz so kraftvoll, einen Mann im roten Wams an der Schulter streifte und ihn gegen den Schankgast neben ihm warf. Es ergab sich eine bemerkenswerte Demonstration des Dominoeffekts am menschlichen Modell. Der Lärm war ohrenbetäubend.
    Jemand fühlte sich berufen, seine volle Suppenschale auf dem schütteren Haupt des rotbewamsten Herrn zu platzieren. Einem anderen war dies eine mehr als ausreichende Entschuldigung, nun seinerseits dem Suppengießer mit einer hochgestemmten Sitzbank von hinten einen Schlag zu verpassen. Der Wirt machte sich in weiser Voraussicht daran, die Flaschen von seiner Schanktheke zu räumen. Ein Schankmädchen schlüpfte mit wehenden Röcken unter einen Tisch. Kevin sah Garde wegtauchen, um ihr dort Gesellschaft zu leisten.
    Mittlerweile sprang Diarmuid aus seiner gebückten Haltung auf und versetzte Tegid einen zweiten Kopfstoß, ehe der Riese noch einmal mit der Tischplatte zu einem sensenartigen Schlag ausholen konnte. Bei seiner ersten Ernte war um die beiden herum alles niedergemäht worden.
    Diesmal hielt Tegid stand; mit einem Freudenschrei ließ er die Tischplatte einem anderen auf den Kopf knallen und umfing Diarmuid fest mit den Armen.
    »Jetzt habe ich dich!« jubelte Tegid mit vor Entzücken gerötetem Gesicht. Auch Diarmuids Gesichtszüge wurden nach und nach scharlachrot, als sein Bezwinger nun fester zupackte. Kevin, der immer noch zuschaute, sah den Prinzen die Arme zum Gegenschlag freibekommen.
    Er zweifelte nicht, dass es Diarmuid gelingen könne, sich zu befreien, aber nun drückte Tegid ernsthaft zu, und Kevin war klar, dass der Prinz ihn würde verletzen müssen, um den Zugriff des anderen zu brechen. Er bemerkte, wie Diarmuid das Knie bewegte, um einen besseren Stand zu erreichen, und wusste, was nun folgen musste. Mit einem Verzweiflungsruf stürmte er vor, um dazwischenzugehen.
    Und blieb wie angewurzelt stehen, als sich Tegids Kehle ein furchterregender Wutschrei entrang. Immer noch brüllend ließ er den Prinzen wie ein vergessenes Spielzeug auf den sandbedeckten Boden fallen.
    Es roch nach verbranntem Fleisch. Tegid machte einen unglaublichen Satz, stieß dabei einen weiteren Tisch um,

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