Silbermuschel
Wand ein; er lauerte immer noch, war aber für einen Augenblick gebannt.
»Sag mir alles.«
Ich wartete mit geschlossenen Augen darauf, daß mein Atem ruhiger ging.
»Ich lernte Michael in Tokio kennen.«
»Ach, heißt er Michael?«
»Ja, er ist Amerikaner. Er… er hat die gleichen Augen… die gleichen Hände…
wie der andere, der vorher da war. Und auch die gleiche Sprache, den gleichen Geruch. Habanita, von Molinard. Er sagte, daß er mich begehre. Aber ich verabscheute ihn. Ich wollte ihn spüren lassen, wie sehr ich ihn haßte, ich wollte ihm alles heimzahlen. Und ich wollte auch wissen, ob ich es noch konnte. Bisher hatte ich immer Angst gehabt, es zu tun. Und es war nie zum Schlimmsten gekommen. Aber ich hätte es nicht tun sollen. Niemals! Es war ein entsetzlicher Fehler gewesen…«
Ich stockte, biß mir hart auf die Lippen. Was sagte ich da? Am liebsten würde ich jetzt davonlaufen.
Kens Stimme klang unbeirrbar ruhig.
»Und was hast du mit ihm getan, daß er so wütend wurde?«
Der Wind warf Blätter wie kleine harte Schoten an das Fenster. Es gibt Dinge, die du niemals erfahren darfst, dachte ich. Auf keinen Fall. Sonst verläßt du mich.
Und was wird aus mir, wenn du gehst? Nur deine Zärtlichkeit kann den Teufel von mir fernhalten.
Ich lag still. Ein gewaltiger Schmerz pochte in meinem Kopf. Mein ganzer Körper war steif, in einen eisigen Panzer gehüllt. Ich tauchte in einer Art Starrkrampf unter, ließ mich fallen wie ein Stein, tiefer und tiefer. Ich wollte kein Gefühl mehr haben, mich auslöschen, nicht einmal mehr wissen, wer ich war.
Ich sah seine Augen über mir, lang und honigbraun, mit starken Wimpern und flaumigen Brauen. Behutsam löste er meine Gürtelschärpe, schlug die Yukata auseinander. Er legte das Gesicht zwischen meine Brüste, ließ seinen Mund hin 210
und her gleiten. Seine Finger kreisten über die Brustwarzen, bis sich die Spitzen hart emporreckten und der süße, prickelnde Schmerz in die Hüften ausstrahlte und in meinem Unterleib flackerte.
Ich biß die Zähne zusammen, hielt die Hände fest und steif am Körper. Beweg dich nicht. Sag nichts. Zeig ihm nicht, was du fühlst. Sonst bist du verloren.
Er nahm meine Brüste in den Mund, zuerst die eine, dann die andere. Seine Lippen wanderten den feinen Adern entlang, saugten an den dunkelrosa Spitzen.
Meine Brüste schwollen an, wurden reif wie Früchte. Der Sommer wehte durch meine Adern, der Staub uralter Erinnerungen verblaßte im Licht. Kens Fingerkuppen wanderten auf meiner Haut vorwärts, liebkosten meinen Rücken, meine Hüften, meinen flach atmenden Bauch. Überall, wo er mich berührte, wurde ich träge und weich. Überall lockerte sich mein Körper, mein Blut jagte dicht unter der Haut. Ich öffnete die Lippen, ich stöhnte. Er flüsterte etwas, das ich nicht verstand. Seine Zungenspitze drang in meine Ohrmuschel ein, als wollte er die Schwingungen auffangen, die in mein Gehirn drangen, und das Eis um mich in Wärme auflösen. Noch widersetzte ich mich, aber mein Körper tat alles von allein.
Im selben Atemzug, als ich mich ihm entgegenbäumte, warf er sich auf mich, schob beide Arme unter meinen Rücken. Dann riß er sich von mir los.
»Sag jetzt, was hast du mit ihm getan?«
Ich hing an seinem Hals, mit tauben, pochenden Lippen. Ineinander verschlungen rollten wir von der Matratze herunter, wälzten uns auf der Matte hin und her. Das Baumwollgewand, das er trug, war nur locker gegürtet gewesen und öffnete sich. Meine Hände tasteten über seinen Körper. Er packte mich an den Handgelenken.
»Antworte mir!«
Ich riß den Kopf hoch, küßte seine Lippen, seinen Hals. Meine Beine umklammerten seine Hüften. Er machte sich los, kam wieder, rieb und drückte meine Handflächen an seine Schenkel.
»Du sollst reden! Du sollst davon sprechen!«
Unsere Hüften bewegten sich im Gleichklang. Er beherrschte sich, wich mir aus, hielt mich an den Handgelenken fest. Sein Haar fiel über mein Gesicht. Ich packte eine Strähne mit den Zähnen, warf stöhnend den Kopf hin und her. Er bog meinen Oberkörper nach hinten, massierte sanft meine Brüste, bedeckte mein Gesicht mit Küssen.
»Was hast du getan?«
Seine Küsse machten mich rasend.
»Wie früher!« schrie ich. »Das gleiche wie früher!«
»Was?« flüsterte er gegen meinen Mund.
»Ich kann es nicht sagen! Ich weiß es nicht mehr!«
Ich richtete mich auf, er rieb sich an mir, suchte den Schmerz, scheuerte seine Haut an meinen Zähnen und Nägeln
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