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Silbermuschel

Silbermuschel

Titel: Silbermuschel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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vorwärts wie eine Woge. Hebt mich in kreisende Höhen, reißt mich in die Tiefe. Weg mit mir! Besser könnte ich es nicht, so schnell habe ich es noch nie geschafft. Das Blut dröhnt und pocht; das Schwarze fegt durch mich hindurch.
    Das genügt. Jetzt nach Luft schnappen. Ganz ruhig sein. Tief ein- und ausatmen. Eiskalter Schlaf. Tod. Endlich!
    Ein plätscherndes Geräusch wie das Echo in einer Höhle voll tropfenden Wassers. Mein erster Gedanke war: Es regnet! Langsam, ganz langsam kam ich wieder zu Bewußtsein. Dumpfer Schmerz saß in meinen Gliedern. Meine rechte Hand brannte, ich wußte nicht, warum. Ich stöhnte, schlug dann die Augen auf. Ich lag flach auf dem Rücken auf einer wattierten Matratze, die muffig roch. Ich ließ meine Blicke umherwandern, versuchte herauszufinden, wo ich war. Ich kannte den Raum nicht. Die Holzwände hatten eine schwarzbraune Farbe, die Tatom/-
    Matten wirkten alt und abgenutzt. In der Mitte stand ein niedriger Tisch mit zwei Sitzkissen, an der Wand ein Shinto -Holzaltar. Daneben, auf einem Möbel mit vielen Schubladen, stand ein Plastikkorb mit Wäsche. Eine Anzahl verstaubter und vergilbter Bücher hatte auf einem wackligen Bücherbrett Platz gefunden. Statt Fenster gab es nur eine Schiebetür mit Läden, die im Wind klapperten. Der Regen trommelte auf das Vordach und spritzte an die blinden Scheiben.
    Ich hörte ein schleifendes Geräusch, sah eine Gestalt im Zwielicht. Ein Gesicht beugte sich über mich, sonnenverbrannt bis tief in seine Runzeln, mit blinzelnden Augen und einem wohlwollenden Zucken in den Mundwinkeln.
    »Juliesan?« Kimikos heisere Stimme klang fragend. »Jetzt besser?«
    Ich bewegte mühsam die trockenen Lippen.
    »Danke, besser.«
    Mein Kopf fühlte sich sonderbar an. Sie legte ihre harte, kühle Hand auf meine Stirn; die Berührung war überraschend wohltuend.
    »Kein Fieber«, stellte sie fest.
    Ihr Gesicht entglitt meinem Blickwinkel. Kimiko stand auf; eine schnelle, gleitende Bewegung. Ich versuchte, den Kopf zu bewegen. Mein Nacken 540
    schmerzte ebenso wie meine Stirn. Die alte Frau trug eine dunkelblaue Yukata, die vom vielen Waschen fast grau schimmerte. Der Stoff war völlig zerknittert, sie mußte damit geschlafen haben. Sie schob ihre bloßen Füße in Holzsandalen und stapfte eine Stufe hinab in die Küche. Die eine Hälfte des Küchenbodens war mit Brettern ausgelegt, die andere bestand aus hartem Lehm. In einem altmodischen Küchenherd brannte Feuer. Auf der Platte stand ein Eisentopf mit einem Holzdeckel. Der Rauch zog durch eine Öffnung an der Wand ab, in der ein Blechrohr steckte. Unten aus der gleichen Wand ragte ein Wasserhahn. Zu Sträußen gebundene Kräuter waren an einem Bindfaden zum Trocknen aufgehängt.
    Kimiko bückte sich, steckte zwei Finger in die zwei kleinen Löcher eines Brettes auf dem Fußboden und hob dieses in die Höhe; darunter verbarg sich eine winzige Vorratskammer. Müde schloß ich die Augen, während sie hantierte. Der Regen prasselte auf das Blechdach; in den Bäumen rauschte der Wind mit eigentümlichen Lauten. Nach einer Weile brachte Kimiko ein Tablett, auf dem ein Becher und ein paar kleine Schüsseln standen. Sie stellte das Tablett auf den Boden, schob einen Arm unter meinen Nacken und setzte den Becher an meine Lippen. Der heiße, wohlschmeckende Tee spülte den bitteren Geschmack nach Galle von meiner Zunge. Ich trank hastig und keuchend, bis der Becher leer war. Dann fiel ich erschöpft auf das Kissen zurück. Kimiko nickte zufrieden, bevor sich ihre Augen auf meine zurückgekrümmte linke Hand richteten. Sie war zur Faust geballt, ganz weiß und noch immer an meine Brust gepreßt, wie die eines Kindes, das ein Spielzeug mit ins Bett genommen hat. Kimiko murmelte etwas und begann, diese Hand behutsam zu massieren. Nach und nach fühlte ich ein Kribbeln; das Blut zirkulierte, und allmählich kehrte auch das Gefühl zurück. Ich spürte einen harten, runden Gegenstand in der Hand und versuchte, die Finger zu spreizen, doch sie waren wie festgeklebt. Es dauerte eine ganze Weile, bis ich die Hand endlich öffnen konnte und Kens Uhr herausfiel.
    Ich zuckte zusammen; mit jedem Atemzug kamen die Erinnerungen zurück. Sei vernünftig. Was fehlt dir denn? Mir? Nichts. Ich habe mir nur die Hand verbrannt.
    Das ist es ja. Das ist es ja eben. Wie kommt Kens Uhr in meine Hand? Es könnte ein Zufall sein, dann wäre es nichts Schlimmes. Nein. Nein? Augenblick mal… ich muß nachdenken. Wenn man ausgeruht ist, sieht

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