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Silbermuschel

Silbermuschel

Titel: Silbermuschel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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den zweiten Gang. Schon waren wir auf dem Highway, im dichten Verkehr. Die Straße auf ihren Pfeilern pendelte sich in eleganter Schlangenlinie über die Stadt.
    Das Häusermeer mit seinen unzähligen erleuchteten Fenstern breitete sich bis zum Horizont aus. Ken fuhr gelassen und sicher, führte seine Maschine wie ein schönes, gehorsames Pferd. Er überholte einige Wagen, die sich an einer Ampel stauten, und hielt an, wobei er den Fuß auf den Asphalt setzte. Er drehte den linken Arm nach hinten, umfaßte mich und drückte mich an sich. Ich hielt ihn mit beiden Armen fest, spürte die geschmeidigen Muskeln unter meinen Händen. Ich zog sein T-Shirt aus seinen Jeans, steckte meine Hände unter den Stoff, streichelte seine warme, glatte Haut. Mein Bauch schmerzte, als bewege sich etwas darin, ich war wie berauscht. Dann wechselte die Ampel auf Grün. Ken gab wieder Gas. Die Maschine sprang vorwärts, erhöhte die Geschwindigkeit. Trotz der späten Stunde drängte sich eine ununterbrochene Autoschlange auf den Straßen, doch Ken auf seiner wendigen Maschine schlängelte sich rasch durch den Stau. Ich preßte mich an ihn, streichelte seine nackte Haut. Mir schwindelte fast vor Verlangen. Die Maschine dröhnte und vibrierte in meinem Körper, der Fahrtwind prickelte auf meinen Armen. Ich hatte das Gefühl, in die Tiefe zu sinken, in den Sog eines Strudels, besprenkelt mit sprühenden Sternen. Eine Veränderung der Geräusche, eine Kurve, die mein Körper sanft zur anderen Seite drückte, riß mich aus meiner Benommenheit. Vor mir erhob sich die erleuchtete Fassade des Hotels. Ken fuhr an den Straßenrand. Unweit des Eingangs war ein Parkplatz für Kleinbusse und Lieferwagen. Ken fand eine Lücke zwischen zwei geparkten Wagen, senkte den Stützfuß und stellte den Motor ab. Ich nahm den Helm ab und schüttelte mein 144
    Haar.
    »Kannst du hier parken?«
    Er nahm seinen Sportsack und grinste.
    »Es paßt mir hier gerade!«
    Während wir die Treppe hinaufgingen, hob er in seiner gewohnten Art sein Haar hoch, ließ es auf die Schultern fallen. In der Halle waren nur wenige Leute.
    Der Nachtportier händigte mir meinen Schlüssel aus und wünschte mir höflich gute Nacht. Kens Anwesenheit beachtete er nicht. Wir fuhren mit dem Lift aufwärts.
    Ken hielt mich eng umfaßt, ich drückte meine Stirn an seine Schulter. Das Schwindelgefühl gab mir den Eindruck des Sinkens, meine Fersen fühlten sich schwer an, mein Kopf leicht. Die Schiebetüren öffneten sich. Die Wandlämpchen zeichneten gelbe Lichtkreise auf Wände und Boden, dazwischen große Schattenzonen. Ich ging vor ihm den Korridor entlang, steckte den Schlüssel in das Schloß. Die Tür öffnete sich lautlos. Auf dem Nachttisch brannte die Lampe. Man hatte die Vorhänge zugezogen, das Bett aufgeschlagen. Ich trat ein und Ken folgte mir, wobei er sofort die Turnschuhe von den Füßen gleiten ließ. Ich schloß die Tür, schob den Riegel davor. Dann wandte ich mich um, sah ihn stumm an. Wieder fiel mir auf, wie großgewachsen er war. Mein Kopf reichte ihm knapp unter die Schulter. Ich wies auf die Minibar.
    »Möchtest du etwas trinken?«
    »Ein Bier wäre nicht schlecht.«
    Ich öffnete die Minibar. Ken ging in die Knie, nahm eine Flasche Kirin heraus.
    Ich betrachtete sein Profil, die leicht gebogene Nase, die mandelförmigen Augen, in einem so seltenen Schwung zu den Schläfen hin ansteigend, die glatte, reine Linie des dunklen Haars, das, aus dem Gesicht gestrichen, über den schmalen Nacken flutete. Während er die Flasche aufmachte und zwei Gläser füllte, fiel mir wieder die Eleganz und Sicherheit seiner Bewegungen auf.
    Er mußte spüren, daß ich ihn beobachtete, denn er kniff belustigt die Lider zusammen, bevor er sich aufrichtete und mir ein Glas reichte. Eine Frage brannte mir auf den Lippen. Ich faßte mir ein Herz und stellte sie in betont beiläufigem Ton.
    »Hast du in Europa mit vielen Frauen geschlafen?«
    »Nicht mit vielen. Mit einigen. Und ebenso in Amerika, damit du gleich Bescheid weißt.«
    »Oh«, sagte ich wie ein Schulmädchen und merkte, daß er schon wieder lächelte.
    »Um deine nächste Frage vorwegzunehmen, die Antwort lautet: Ja. Ich habe eine Freundin.«
    Ein feines Schmerzgefühl zog durch mich hindurch. Es war mehr die Bangigkeit vor dem eigentlichen Schmerz, der gleich kommen würde. Er sah mich an, den Kopf ein wenig zur Seite geneigt. Das amüsierte Funkeln in seinen Augen 145
    ließ mich krampfhaft schlucken.
    »War das nicht die

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