Silbermuschel
kenne keinen Mann außer dir, der so etwas sagen würde.«
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»Das wundert mich nicht. Viele Männer wollen nur ihre Männlichkeit empfinden. Sie verdrängen das, was in ihnen weiblich ist, sie fürchten sich davor wie vor einer ansteckenden Krankheit. Solche Männer führen sich ihr Leben lang wie verzogene, arrogante Jungen auf. Und die Frauen, die sich diesen aufgeblasenen Besserwissern an den Hals werfen, verleugnen ihre naturgegebene Klugheit und Stärke, machen sich selbst zu abhängigen Sklavinnen von Idioten.«
Er stand auf, brachte mir einen Becher heißen Tee. Ich lag dicht neben ihm, etwas aufgerichtet, das Laken nur bis zum Bauch hochgezogen. Meine Schultern waren nackt, meine Brüste ein wenig zur Seite gerutscht. Er strich mit seiner Hand darüber.
»Deine Brüste sind so schön. Wie Pfirsiche, golden und rosig. Ich möchte sie immer wieder streicheln und in den Mund nehmen.«
Ich sah scheu zu ihm empor.
»Schon etwas schlaff, meinst du nicht?«
Er lachte.
»Ich würde dich lieben, auch wenn du nicht so schöne Brüste hättest.«
Ich drückte den Kopf an seine Schulter und erschrak, als ich auf seiner Haut die Kerben meiner Zähne sah.
»Verzeih mir! Ich habe nicht gemerkt, daß ich dir weh tat.«
Er sah ebenfalls hin und lächelte glücklich.
»Mir tun Männer leid, die solche Spuren nicht tragen. Für viele Menschen ist die Liebe nur eine Jagd nach erotischen Eroberungen, die sie mit Eifer und Ehrgeiz betreiben. Sexueller Leistungsdruck: Man läßt sich in hastiger Eile und fremdgesteuerter Dringlichkeit verführen. Man soll zeigen, was man kann, und gerät in einen Mahlstrom wühlender Zweifel: War das Vorspiel zu kurz? Vielleicht sollte es akrobatischer sein? Oder gewalttätiger? Mit ledernen Shorts, schwarzer Maske und einer Peitsche aus Tigerfell? Haben wir es gewissenhaft algerisch, griechisch oder chinesisch getrieben? Es gibt genug Leute – übrigens sonst recht kluge –, die Liebe nach Quantität messen. Wie Jäger, die stolz ihre Rekordbeute vorzeigen. All diese Leute haben Angst, mit dem Herzen zu lieben. Sie ziehen es vor, Gefühlskastraten zu werden, und trennen die körperliche Lust von den seelischen Empfindungen. Sie sagen: Ich muß dich haben, oder ich will mit dir bumsen oder dich ficken. Alles nur, um keine Verpflichtung einzugehen. Um nicht zu sagen: Ich liebe dich.«
»Sag es mir!« flüsterte ich rauh. »Ich will es noch einmal hören. In deiner Sprache.«
Er nahm mir behutsam den Becher aus der Hand, stellte ihn auf den Nachttisch.
Dann beugte er sich über mich. Ich fühlte seine Schulter an meiner und die ganze Länge seiner Schenkel. Sein Atem streifte meine Lippen, ich hörte dicht an meinem Mund die rauhen und samtenen Schwingungen seiner Stimme.
»Ore omae ga sukida.«
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Ich warf den Kopf zurück. Mein Rücken bog sich durch, fast ohne, daß ich es wollte. Ich ergriff seine Hände, legte sie auf meine beiden Brüste. Seine Finger kreisten über meine Brustwarzen, sein Mund liebkoste sie, bis sie dunkel und reif wurden wie Beeren. Ich klammerte mich an ihn, meine Beine faßten ihn wie eine Schere.
Ich knöpfte seine Jeans auf, meine Hände drängten sich zwischen Stoff und Haut.
»Hast du keinen Slip an?«
Er streifte seine Jeans herunter, wobei ich ihn leise zwischen meinen Brüsten lachen hörte.
»Ich finde ihn nicht mehr wieder.«
Das Telefon läutete. Einmal, dreimal, viermal. Im selben Augenblick drehte Ken mich um, warf sich auf meinen Rücken, stieß so heftig in mich hinein, daß ich aufschrie. Ich spürte meine Zähne im Fleisch meines Handrückens, der den Schrei erstickte. Das Telefon läutete. Ken legte seinen Arm um mich, riß mich an sich, preßte mich an seine Brust. Das Blut stieg mir in die Wangen, in den Hals, ich erstickte. Mein Arm tastete nach hinten, umfaßte seine Schultern, krallte sich an ihm fest. Ich warf den Kopf zurück, wir küßten uns wie die Wahnsinnigen. Das Läuten des Telefons zerriß meine Nerven; ich schluchzte und stöhnte in seinem Mund. Sein Kopf fiel auf meine Schulter, während er sich in mir bewegte, hindurch, hinauf, unerbittlich und immer stärker. Das Telefon läutete ohne Unterlaß.
»Nein!«
Ich schrie auf, ein zweites Mal, verstummte dann, während mein Bewußtsein wie eine erlöschende Kerze flackerte. Mir war schwindlig wie bei einem Sturz durch die Luft, ich erlebte nur noch den Schmerz in mir, hielt ihn mit zügelloser Leidenschaft mit meinem ganzen Körper fest, dachte, bald wird mein
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