Silbernes Band (German Edition)
verströmte. Sie war mit glänzenden Kugeln in Rot und Silber geschmückt. Gute Geister hatten sich wohl in Fionns Abwesenheit darum gekümmert.
Sie verliessen das Wohnzimmer, und Fionn zeigte ihnen die Schlafzimmer, die auf der rechten Seite der Halle lagen. Er selbst bewohnte das hinterste Zimmer. Glänzendes Mahagoni und dicke Verdunklungsvorhänge waren auch hier Programm. Er hatte ein eigenes grosszügiges Badezimmer, das komplett schwarz gefliest war. Waschtisch, Klo, Badewanne und die Handtücher hoben sich in strahlendem Weiss davon ab. Rúna fand es ein bisschen gruselig. Eine weitere Tür führte in einen Ankleideraum, der mit edlem Tuch bestückt war. An den Kleiderstangen zu beiden Seiten des Raums hingen unzählige Anzüge und Hemden, allerdings auch einige bequeme Sachen, wie Jeans und Chinos. Rúna hätte zu gern einen Blick in die weisse Kommode geworfen. Bestimmt lagen Fionns Socken, T-Shirts und Unterwäsche ordentlich in den Schubladen.
Das angrenzende Schlafzimmer war deutlich kleiner und für eine einzelne Person gedacht. An der einen Wand stand ein schmales Bett aus lackierter Eiche, gegenüber ein wuchtiger Schrank und eine Kommode. Ein Sekretär und ein dunkelgrün karierter Lesessel vervollständigten die Einrichtung. Das dazugehörige Bad war ebenfalls ziemlich klein, es gab keine separate Dusche, bloss eine Badewanne. Dafür keine gruseligen schwarze Fliesen, hier war alles in schlichtem Weiss gehalten.
Sie betraten den letzten Raum. „In diesem Zimmer seid ihr untergebracht“, informierte Fionn. Die weiss lackierten Möbel mussten schon ziemlich alt sein. Kopf- und Fussteil des breiten Bettes waren sanft geschwungen. Zu Rúnas Freude gehörte ein zierlicher Frisiertisch mit ovalem Spiegel zur Einrichtung. An den Schubladen der Wäschekommode und der Ablagetische waren Griffe aus Messing angebracht. Der kuschelige Lesesessel am Fenster war mit altrosa Chintz bezogen und hatte einen Fussschemel. Daneben ein weisses Tischchen, auf dem rosa Teerosen ihren zarten Duft verbreiteten. Ob das Elizabeths ehemaliges Zimmer war? Rúna wagte nicht, Fionn danach zu fragen. Vermutlich sprach er nicht gerne über die Verflossene. Persönliche Dinge, die Elizabeth gehören könnten, konnte sie keine entdecken. Der dazugehörige Ankleideraum war leer und stand ihnen vollständig zur Verfügung. „Wir sollten heute Abend ein Bad nehmen“, schlug Heiðar vor, als sie das marmorverkleidete Badezimmer betraten. Genau wie in Fionns Bad gab es auch hier eine grosszügige ovale Wanne, die Platz für zwei Personen bot. Rúna gab vor, ihn nicht gehört zu haben, und inspizierte stattdessen die moderne Duschkabine.
Nachdem sie die Koffer ausgepackt hatten, machten sie sich ein paar Sandwiches und setzten sich an den urigen Eichentisch. Fionn leistete ihnen Gesellschaft. „Morgen Abend wird uns ein alter Freund von mir seine Aufwartung machen“, verkündete er. „Ich bin sicher, ihr werdet euch gut mit ihm verstehen.“
„Dein Freund ist ein Unsterblicher“, stellte Heiðar alarmiert fest. „Dann sollte ich meinen Anspruch auf Rúna erklären.“ Blödsinn, dachte Rúna. War es nicht schrecklich aufregend, einen weiteren Unsterblichen kennenzulernen? Fionn beeilte sich, seinen Sohn zu beruhigen: „Mein Freund bewegt sich ständig in der Welt der Sterblichen. Ich habe überhaupt keine Bedenken bezüglich Rúnas Sicherheit.“ Heiðar schien nicht überzeugt: „Mir ist nicht wohl bei der Sache. Ich möchte Rúna ungern einem Risiko aussetzen.“
Sie sass zwischen den beiden am Küchentisch und kam sich vor wie ein unmündiges Kind. Typisch Vampire, sie wurde mal wieder nicht gefragt! Ihr genervter Blick wanderte zwischen den beiden hin und her, doch sie schienen sie gar nicht wahrzunehmen. Sie musste sich erst deutlich hörbar räuspern, bevor sie ihre Aufmerksamkeit bekam: „Wie wäre es, wenn ihr mich um meine Meinung fragt? Es geht hier schliesslich um mein Leben, oder?“ Fionn und Heiðar blickten sie erstaunt an. Hatten sie da etwas verpasst? „Ich weiss nicht, ob ihr beurteilen könnt, ob ein Unsterblicher gefährlich ist oder nicht“, stellte Fionn ungerührt fest. Rúna schnappte beleidigt nach Luft, er hob mahnend die Augenbrauen. „Mein Freund hat seit seiner Verwandlung eine erstaunliche Entwicklung durchgemacht. Ihr werdet feststellen, dass er sehr menschlich ist, bedeutend menschlicher als ich es bin.“ Rúna vergass ihren Ärger und blickte Fionn erwartungsvoll an, doch der
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