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Silbernes Band (German Edition)

Silbernes Band (German Edition)

Titel: Silbernes Band (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Jaedig
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etwas Spanisch, Portugiesisch, Griechisch und Latein.“ Sie blätterte das Buch durch. „Da sind aber einige Gedichte in exotischen Sprachen, daran kannst du dir die Zähne ausbeissen“,triezte sie und tippte auf ein Gedicht in Suaheli. „Ich freu mich schon darauf, sie zu übersetzen, ist eine prima Herausforderung.“ Sie kriegte noch einen Kuss und ein finnisches Gedicht.

    Nach einem ausgedehnten Spaziergang entlang der Themse wurde gemeinsam gekocht (Rinderfilet an Balsamicojus, dazu Risotto und gemischtes Gemüse). Rúna brauchte anschliessend ein Nickerchen, bettete dazu bequem den Kopf in Heiðars Schoss. Während sie schlief, drehte er in Gedanken versunken eine ihrer Locken auf seinen Finger.

    Eine Stunde später wurde sie von Fionns melodischer Stimme aus dem Schlaf geholt. Er hatte begonnen aus der Edda vorzulesen. Sie rieb sich die Augen, gähnte und reckte sich und setzte sich auf, um an Heiðar gekuschelt den Versen zu lauschen.

    Punkt acht Uhr legte Fionn das Buch beiseite und verschwand. Heiðar erhob sich angespannt. Er hörte, wie die Aufzugstüren sich öffneten und wie der geheimnisvolle Besucher auf leisen Sohlen aus dem Lift trat. Als sein Geruch ins Wohnzimmer getragen wurde, stellte Heiðar verblüfft fest, dass er ihn kannte. Norwegische Wälder und salzige Meeresbrise. Es war der Duft des Unsterblichen aus der Hütte. Was für ein unglaublicher Zufall. Trotzdem galt es vorsichtig zu sein, fand er. „Bleib hinter mir!“ – „Dann seh ich nichts!“ Rúna wurde mit Nachdruck hinter den breiten Rücken geschoben und mit einer Hand festgehalten.

    Heiðar empfing Fionn und seinen Freund in Abwehrhaltung, ein warnendes Knurren auf den Lippen. „Entschuldige bitte, mein Sohn ist etwas nervös. Du bist der erste fremde Unsterbliche, auf den er trifft“, beschwichtigte Fionn seinen Besucher, wandte sich dann an Heiðar: „Darf ich vorstellen? Mein alter Freund Morten.“ Fionn kicherte belustigt und ergänzte mit leicht sarkastischem Unterton: „Beruhige dich Heiðar. Morten wird euch nichts tun. Er weiss, dass ich ihn sonst in Stücke reisse.“ Heiðar entspannte sich etwas und gab sogar seine Kampfpose auf. „Na ja, ganz fremd sind wir uns nicht“, meinte er in vorsichtigem Norwegisch und trat einen Schritt näher, achtete aber darauf, dass Rúna hinter ihm blieb.

    „Schön, dich endlich kennenzulernen, Heiðar. Hat dir meine Hütte gefallen?“, fragte Morten auf Isländisch mit winzigem Akzent, grinste freundlich und streckte ihm ganz normal die Hand entgegen. Heiðar ergriff sie und schüttelte sie, wie Menschen das tun würden. „Hæ, Morten. Das ist deine Hütte”, stellte er leicht zerknirscht fest, “Entschuldige, dass ich einfach reingegangen bin.” – „Was für eine Hütte?“ Rúna befreite sich von seiner Hand und trat neugierig neben ihn, was ihr einen angespannten Seitenblick einbrachte, aber keine Antwort auf ihre Frage.

    Endlich konnte sie Fionns Besuch mustern: Morten war kaum grösser als sie selbst, deshalb hatte sie hinter Heiðars Rücken nichts sehen können. Seine extrem blasse Gesichtshaut stand im Kontrast zu dem dunklen kurz geschnittenen Haar und den braunen Augen, in denen ein schöner Goldschimmer lag. Er hatte feine, jungenhafte Gesichtszüge und war von zierlichem Wuchs. Dadurch wirkte er nicht besonders gefährlich. Sie fand ihn irgendwie schnuckelig, obwohl das nicht gerade eine passende Umschreibung war für einen Unsterblichen. Ein freundliches Lächeln – ohne scharfe Eckzähne! - erhellte Mortens Gesicht. Die rosa Schachtel in der linken Hand liess ihn noch knuffiger wirken.

    „Erlaubst du, dass ich deine Gefährtin begrüsse?“ Mortens argloser Blick war erwartungsvoll auf Heiðar gerichtet. „Was für ein Theater!“, fand Rúna und streckte ihm demonstrativ ihre Hand entgegen. „Hallo Morten – ich bin Rúna.“ Nach einem prüfenden Blick auf Heiðar griff Morten zu. Der kurze Händedruck fühlte sich wie erwartet eiskalt an, aber sein Lächeln wirkte warm und ziemlich menschlich. „Hallo Rúna. Ich hoffe, du magst Süssigkeiten.“ Die rosa Schachtel ging in ihren Besitz über. „Und wie, vielen Dank!“ Fionn beendete die Begrüssungszeremonie: „Sehr schön, setzt euch bitte. Möchte jemand etwas trinken?“ Morten war zum Glück nicht durstig, aber Rúna wollte ein Mineralwasser, das Fionn ihr umgehend servierte, kaum hatte sie sich neben Heiðar aufs Sofa gesetzt. Sie öffnete neugierig die rosa Schachtel. „Oh,

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