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Silbernes Band (German Edition)

Silbernes Band (German Edition)

Titel: Silbernes Band (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Jaedig
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vergassen, betrat Fionn lautlos die Küche. „Frohe Weihnachten meine Lieben! Lasst euch nicht stören.“ Rúna zuckte ertappt zusammen. Sie hatte ihn natürlich nicht bemerkt, zudem war es ihr immer noch ein wenig peinlich, wenn Fionn ihnen zusah, wie sie Zärtlichkeiten austauschten. Ganz zu schweigen davon, was er alles zu hören bekam...

    Ob sie es wagen sollte, ihn zu küssen, um ihm frohe Weihnachten zu wünschen? Sie beschloss spontan, es zu tun, trat mutig auf ihn zu, legte ihm die Hände auf die Schultern und reckte sich ein wenig, um ihm einen Kuss auf die Wange zu hauchen. „Frohe Weihnachten Fionn!“ – „Frohe Weihnachten, Liebes.“ Seine Umarmung und die Berührung seiner Lippen waren kühl.

    „Sei vorsichtig, Rúna.“ Heiðar zog sie besorgt aus Fionns Armen. “Keine Angst, Fionn ist heute ganz brav, nicht wahr?“ - „Behandle mich bitte nicht wie ein Hündchen. Ich mag ein wohlerzogener Unsterblicher sein – aber alles hat seine Grenzen.“ Zur Bekräftigung kniff er sie leicht in die Wange, was Heiðar nach Luft schnappen liess: „Es reicht jetzt! Hör auf sie anzufassen.“ - „Beruhige dich mein Sohn. Ich habe nicht vor, uns das Weihnachtsfest zu verderben. Komm her.“ Fionn umarmte ihn herzlich, allerdings küssten sie sich nicht.

    „Ja dann.. Lass uns frühstücken.“ Heiðar zog sie rasch zum Tisch, wo er ihr zuvorkommend den Stuhl zurechtrückte. „Boah, bin ich hungrig!“ Sie stürzten sich auf Müsli, Toast und Rosinenbrötchen, dazu tranken sie Orangensaft und Kaffee. Fionn liess sie allein, schliesslich hatte er schon gefrühstückt. Das tägliche Blut hatten Unsterblich & Sohn bereits am frühen Morgen zu sich genommen. In Rúnas Gegenwart wollten sie es nicht trinken, vermutlich würde es sie ziemlich abstossen.

    „Zeit für die Bescherung“, tönte es glockenhell aus dem Wohnzimmer. „Lass uns rübergehen, er kann’s kaum erwarten.“ Heiðar leerte seinen Kaffeebecher und liess sich von Rúna mitziehen. Fionn und der hell erleuchtete Weihnachtsbaum strahlten um die Wette. Heiðar dachte für einen Moment wehmütig daran, dass seine Mutter nie mehr Weihnachten mit ihm feiern würde. Fionn hatte stillschweigend ihren Platz eingenommen und versuchte nun nachzuholen, was ihm viele Jahre verwehrt blieb. Dabei spielte es keine Rolle, dass Heiðar längst erwachsen war, als er ihn zum ersten Mal zum Weihnachtsbaum bitten konnte. „Ihr wisst ja, erst die Strümpfe!“ Sie gingen folgsam zum Kamin, um die prall gefüllten roten Dinger vom Haken zu nehmen. Fionn verfolgte gespannt, wie Heiðar ein längliches Geschenk zwischen den Süssigkeiten hervorzog. Es war in blaues Papier eingeschlagen und mit einem silbernen Band umwickelt. Rúna zog ein identisches Päckchen aus dem Strumpf. „Wer zuerst ausgewickelt hat!“ Sie hatte keine Chance, Heiðar wartete aber immerhin damit, die schwarze Schachtel zu öffnen, bis sie auch soweit war. „Auf Drei.“ Rúna zählte und dann klappten sie beide gleichzeitig die Schachteln auf. „Wow, ein Füller!“ Heiðar hob freudestrahlend das Schreibwerkzeug aus dem samtenen Bett. Der Füller war aus Gold und trug eine Gravur mit seinem Namen. Rúna kriegte ein ähnliches Modell, etwas feminimer und ebenfalls mit eingraviertem Namen. Die Dinger mussten ein Vermögen gekostet haben! „Der ist wunderschön. Vielen Dank!“ Sie übte gleich nochmal, wie man einen Unsterblichen umarmt. Heiðar war schon viel entspannter, als sie Fionn zum Dank auf beide Wangen küsste. „Du weisst, dass ich am liebsten von Hand schreibe. Ich werde den Füller sehr gerne benutzen. Danke, Fionn.“ Er drückte seinen Vater kurz an sich.

    „Jetzt du!“, drängte Rúna Fionn, ein Päckchen zu öffnen. Zielsicher griff er nach dem dünneren der beiden silbernen Päckchen, die zur Auswahl standen und wickelte es sorgfältig aus. Ein liebevolles Lächeln trat auf sein Gesicht, als er ein gerahmtes Foto von Kristín aus dem Papier zog. Als die Aufnahme enstanden war, musste sie etwa Mitte Zwanzig gewesen sein. Ihre hellblauen Augen strahlten mit der isländischen Sonne um die Wette, das warme Licht zauberte einen rötlichen Schimmer in die dunkelbraunen Locken. Fionns Blick war von Sehnsucht ergriffen, als er zärtlich Kristíns Wange streichelte. „Herzlichen Dank für dieses wunderschöne Bild. Es wird mich immer an Kristín erinnern.“ Er umarmte sie beide. Rúna bemerkte gerührt, dass der silberne Schimmer in seinen Augen ungewöhnlich stark

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