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Silbernes Band (German Edition)

Silbernes Band (German Edition)

Titel: Silbernes Band (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Jaedig
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herrschte wohl ziemlich viel Trubel. Das ist ganz schön anstrengend, wenn man trauert. Vielleicht musste er einfach eine Weile allein sein und wusste nicht recht, wie er es dir sagen soll. Du darfst das nicht persönlich nehmen, Rúna. Er wollte dich ganz sicher nicht verletzen. Ich weiss, wie gern du ihm beistehen möchtest, aber vielleicht ist es das Beste, wenn du ihn eine Weile allein lässt. Viele Männer tun sich schwer damit, Schwäche und Trauer zu zeigen. Lass ihm etwas Zeit. Ich bin sicher, dass bald wieder alles im Lot ist.“ Sie nickte kläglich. „Ich hab solche Angst ihn zu verlieren!“, stammelte sie mit tränenerstickter Stimme. „Er vertraut mir einfach nicht und lässt mich nicht an sich heran. Bestimmt verlässt er mich.“

    Snorri schüttelte vehement den Kopf: „Das kann ich mir nicht vorstellen. Ich glaube, er liebt dich sehr, das ist wirklich nicht zu übersehen. Der Tod seiner Mutter ist eine ausserordentliche Situation, die niemand gerne durchlebt. Sieh es doch mal von einer anderen Seite: Er weiss, was du durchgemacht hast, bei Júlíans Tod, und wie sehr dich das immer noch quält. Möglicherweise will er dich schützen und versucht, dich deshalb auf Abstand zu halten.“

    Rúna hätte ihm zu gern alles erzählt. Von Heiðars ungelüftetem Geheimnis, den vielen Auffälligkeiten und von ihren Blutergüssen. Instinktiv wusste sie, dass sie das nicht durfte, obwohl sie bisher alles mit Snorri geteilt hatte. Sie vertrauten einander, es gab normalerweise keine Geheimnisse zwischen ihnen. Ihr blieb bloss, auf seine Mutmassungen einzugehen: „Du meinst, er befürchtet, ich kann seine Trauer nicht ertragen?“ – „Ja genau. Heiðar ist im Moment nicht in der Lage dich zu trösten, weil er selbst Trost braucht. Aber ich kann dich trösten. Lass mich eine Weile diese Rolle übernehmen, bis es ihm wieder besser geht.“ Seine Worte zauberten den Ansatz eines Lächelns auf ihr verquollenes Gesicht. „Danke Snorri. Ich weiss nicht, was ich ohne dich machen würde.“ Sie strich ihm dankbar über die Wange und küsste ihn sachte auf den Mund. „Riechst du das? Palli holt gerade sein legendäres Nudelgratin aus dem Ofen. Wir sollten rüber gehen und etwas essen. Danach geht’s dir bestimmt besser.“

    Rúna liess sich mitziehen und setzte sich zu den beiden an den Küchentisch. Während sie sich das leckere Nudelgratin mit Schinken und Erbsen schmecken liessen, backten im Ofen Rúnas Lieblingsmuffins (Schokolade mit Frischkäsefüllung), die Palli in aller Eile zusammengerührt hatte, um seine liebe Freundin zu trösten. Schokolade war schliesslich immer gut, wenn Herz und Seele schmerzten.

    Obwohl sie nur zögerlich in ihrem Teller herumstocherte, fühlte sie sich bereits etwas besser, genau wie Snorri gesagt hatte. „Was haltet ihr davon, wenn wir uns zum Nachtisch einen Film mit Guðbrandur Hilmarsson ansehen?“, schlug Palli vor. „Vergiss nicht die Muffins. Das ergibt die perfekte Kombination, um Rúnas Herzschmerz zu lindern. Ausserdem darf sie sich zwischen uns setzen“, ergänzte Snorri. „Dann kannst du dich links und rechts ankuscheln. Wie klingt das?“ Palli tippte sachte an die verschniefte Stupsnase, ihr gelang ein halbes Lächeln. „Das ist echt lieb. Auf diese Weise schaff ich es bestimmt, mich etwas abzulenken.“ – „Falls du nicht schon vorm Fernseher einschläfst, leg ich mich später zu dir und stehe als Teddybär zur Verfügung. Palli hat bestimmt nichts dagegen, die Küche allein aufzuräumen.“ Aus dem halben Lächeln wurde ein ganzes. „Ihr seid wirklich Gold wert. Echt schade, dass ihr schwul seid.“ Palli verzog das Gesicht: „Bevor wir darüber diskutieren, ob du uns auch als Heteros goldig finden würdest, sollten wir lieber nach drüben gehen und uns den Film reinziehen. Komm mit, mein Herz.“

    Rúna wurde an die Hand genommen und ins Wohnzimmer gezogen, wo Palli sie in die Mitte des blauen Sofas drückte. Snorri brachte den Teller mit den Muffins, setzte sich neben sie und reichte ihr eines der schokoladigen Teilchen. „Du musst mindestens drei davon essen, sonst hält die schmerzlindernde Wirkung nicht lange genug an.“ Rúna nahm brav einen ersten Bissen, während Palli den Film einlegte. „Lecker. Danke für die tolle Medizin, Palli.“ – „Gern geschehen, Lieblingsfreundin.“ Er fläzte sich neben sie, drückte ihr einen Kuss auf die Wange und fasste nach ihrer Hand. Sie seufzten alle Drei wie aus einem Mund, als der blondgelockte

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