Silbernes Mondlicht, das dich streichelt
sie sorgfältig zu. Dann berührte er ihre Wange und wisperte einen
Befehl, der sie ebenso wirkungsvoll an dieses Bett fesselte wie eine Kette.
Dies war die einzige Möglichkeit, um sie vor jeglicher Gefahr zu schützen. Und
dann verschwand er.
Aidan traf die Einbrecher in Neelys
Hotelzimmer an, genau wie er erwartet hatte. Sie genießen ihr Verbrechertum,
dachte er angewidert, und den Bildern nach zu urteilen, die er auf dem Grunde
ihrer verseuchten Hirne erblickte, hatten sie nicht einmal eine besonders
schwere Kindheit gehabt. Er verkörperlichte sich in der Tür und gab sich keine
Mühe, zu verbergen, was er war.
Erschrocken wirbelten sie zu ihm
herum, einer von ihnen stieß einen Schrei aus.
Aidan wollte sie umbringen, gierte
geradezu danach, ihnen auch den letzten Tropfen ihres kostbaren roten Bluts zu
rauben, um ihre leeren Hüllen dann fortzuschleudern wie Abfall zum Verrotten.
Diese Entwicklung entnervte ihn, denn er hatte sich bisher immer eine kalte
Leidenschaftslosigkeit seinen Opfern gegenüber bewahrt, während das, was er
jetzt empfand, ein wilder, absolut hemmungsloser Hunger war.
Aus diesen beunruhigenden Gedanken
heraus durchquerte er rasch den Raum, ergriff mit jeder Hand einen Mann an der
Kehle und preßte seine zappelnden Opfer an die Wand.
»Ich würde mir die Sache an eurer
Stelle noch einmal gut überlegen«, riet er höflich. »Es ist eine sehr
gefährliche Angelegenheit, in die Mächte verwickelt sind, die ihr mit diesen
bedauernswerten Rotzlöchern, die ihr für Gehirne haltet, niemals begreifen
werdet.«
Die beiden Männer starrten ihn an,
stumm und starr vor Verwirrung. Sie waren beide robust und kräftig und
wunderten sich vermutlich, wie es einem einzelnen Mann gelungen war, sie so
mühelos zu überwältigen.
»Wer zum Teufel sind Sie?« stieß
einer von ihnen krächzend hervor.
Und da entblößte Aidan seine Fänge,
obwohl er es für sich persönlich ein bißchen zu melodramatisch fand — mehr Valerians
Stil als sein eigener.
»Jesus Christus!« murmelte einer der
Einbrecher, und der andere fiel in Ohnmacht.
Aidan seufzte. Es fehlte nicht mehr
viel bis zur Morgendämmerung, es blieb ihm weder Zeit, zu den Havermails
zurückzukehren, um Maeve sein plötzliches Verschwinden zu erklären, noch
konnte er zu Neely zurückkehren. Nein, er mußte zu Valerian, der noch immer
krank und schwach in jener staubigen Krypta außerhalb von London lag. Es war
jetzt überaus wichtig, daß er dem älteren Vampir Nahrung brachte.
Aidan betrachtete die beiden
Kriminellen vor sich, der eine wach, der andere bewußtlos. Die Blutgier, die er
eben noch verspürt hatte, war Ekel und Abscheu gewichen; er hätte lieber das
Blut von Ratten getrunken als von diesen Kerlen. Bedauernswerterweise blieb ihm
jedoch keine andere Wahl.
Er nährte sich zuerst von dem
größeren, dann hob er den kleineren, bewußtlosen auf und trank von neuem.
Das übliche Delirium wilder Freude
erfaßte ihn, aber es war nichts im Vergleich zu dem, was er empfunden hatte,
als Neely nackt vor ihm gelegen und sich mit lustvollen Seufzern unter seinen
Liebkosungen gewunden hatte.
Aber er durfte jetzt nicht an sie
denken.
Aidan blinzelte, und als er die
Augen öffnete, war er in der Grabkammer bei Valerian. Die Sonne war bereits
aufgegangen bei seinem Eintreffen, aber ihre Strahlen konnten die dicken Mauern
der Krypta nicht durchdringen. Gefährlich war nur die unvermeidliche Müdigkeit,
die nach jeder Nahrungsaufnahme einsetzte, denn sie drohte Aidans Bewußtsein
auszulöschen.
»Aidan«, wisperte Valerian freudig
und griff nach seiner Hand. »Rasch ...«
Aidan bückte sich und preßte, wieder
einmal, seine Lippen auf Valerians Kehle. Eine finstere Müdigkeit ergriff ihn,
zog ihn unerbittlich auf den schmutzigen Boden. Mit letzter Willensanstrengung
suchte Aidan die Vene und ließ das rettende Blut in Valerian strömen. Es
strömte selbst dann noch weiter, als Aidan zusammenbrach.
Weit entfernt, und doch so nah wie der
nächste Herzschlag, bewegte sich Neely in dem weichen, fremden Bett, ohne
jedoch völlig zu erwachen. Sie wußte auf irgendeiner fernen Bewußtseinsebene,
daß es besser war, weiterzuschlafen und auf ihren dunklen Träumen
dahinzugleiten. Denn wenn sie die Augen öffnete, war sie gezwungen, über die
Geschehnisse der vergangenen Stunden nachzudenken, was praktisch unmöglich
war.
Maeve fand Aidan bewußtlos auf dem Boden
der Krypta vor, den Rücken an den hohen Steinsockel gelehnt, die eleganten
Kleider
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