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Silbernes Mondlicht, das dich streichelt

Silbernes Mondlicht, das dich streichelt

Titel: Silbernes Mondlicht, das dich streichelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Lael Miller
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blutbespritzt. Ohne Valerian zu beachten, schüttelte sie ihren Bruder
und rief flüsternd seinen Namen, immer wieder.
    Er war leer und ausgelaugt, und
Maeve wußte, daß er sterben würde, wenn sie ihn nicht rettete. Sie riß die
enge Manschette ihrer spitzenbesetzten Bluse auf und preßte die Innenseite
ihres Handgelenks an seine Lippen. Zuerst wehrte er sich schwach, dann trank
er.
    Nach einigen bangen Minuten erholte
Aidan sich und öffnete die Augen. »Maeve«, sagte er, und es klang fast wie ein
Schluchzen.
    Sie strich das schöne dunkle Haar
aus seiner hohen Stirn zurück. »Beruhige dich, Aidan, danach wirst du dich
besser fühlen. Es ist Nacht, und du bist kräftig genug, um dich richtig zu
nähren.«
    »Valerian .«, sagte er. »Wie geht es
ihm?«
    Da erinnerte Maeve sich an den
anderen Vampir, ihren Beschützer und ältesten Freund, und sie erhob sich langsam.
Als sie Valerians eingesunkene Wangen und seine von dunklen Schatten umgebenen
Augen sah, ergriff sie seine Hand und fragte scharf: »Was hast du getan?«
    »Atlantis«, erwiderte er mühsam.
»Atlantis ...«
    Aidan rappelte sich auf und drängte
sich neben Maeve, stieß sie fast beiseite mit dem Ellbogen, um in Valerians
gequältes Gesicht zu schauen. »Was sagst du da?« fragte er erregt. »Was ist mit
Atlantis?«
    »Dort ... hat es ... begonnen«,
murmelte Valerian schwach. »Das Geheimnis liegt in dem verlorenen Kontinent
begraben ...«
    »Genug!« unterbrach Maeve wütend. Da
sie ausgiebig gespeist hatte an diesem Abend, war sie mit Abstand die stärkste
von ihnen und konnte sich daher erlauben, Befehle zu erteilen. »Ich will
nichts mehr hören von Geheimnissen oder verlorenen Kontinenten! Kannst du
nicht sehen, daß er stirbt, Aidan? Begreifst du nicht, daß du selbst fast
umgekommen wärst?«
    Verzweiflung und Enttäuschung
wüteten in Aidan. Er packte Valerians blutige Hemdbrust und zerrte den Vampir
mit letzter Kraft in eine sitzende Stellung. »Sag es mir!« schrie er, und als
Valerian stumm blieb, zu ermattet, um zu sprechen, stieß Aidan ein Geheul aus
wie ein Tier, das in eine Falle geraten war.
    Maeve drehte sich hastig zu ihm um,
ihre blauen Augen, das Ebenbild seiner eigenen, funkelten vor Qual. Sie hob
eine Hand, spreizte die Finger und preßte sie auf sein Gesicht. Er spürte ihre
schaurige Macht, fühlte sie wie einen Blitzschlag durch seinen Körper schießen
und begann zu schwanken. Als er erwachte, lag er mit entblößtem Oberkörper auf
einem breiten Holztisch. Er wandte den Kopf, der sich anfühlte, als ob er von
einer Lokomotive erfaßt worden wäre, und sah, daß Valerian neben ihm lag.
    »Maeve?« Aidan hob den Kopf. Der
Raum war dunkel und feucht und besaß die bedrückende Atmosphäre eines
Verlieses. »Sie ist auf Jagd«, antwortete ein zartes Stimmchen.
    Aidan entspannte sich und versuchte,
seine Umgebung einzuschätzen. Kerzenlicht flackerte an den alten,
moosbewachsenen Wänden, in die rostige Eisenringe eingelassen waren. »Wo bin
ich?«
    Eine schreckliche Parodie auf ein
Kind erschien an seiner Seite, ein kleines Mädchen mit goldbraunen Korkenzieherlocken,
auffallend blasser Haut und dunklen Ringen unter den Augen. Ihre winzigen Fänge
glitzerten im Kerzenschein.
    »In Havermail Castle«, sagte sie.
    Ach ja, natürlich, dachte Aidan mit
zunehmender Verzweiflung. Das prächtige Schloß, in dem Maeves abscheuliche
Freunde lebten, die Havermails — eine Vampirmutter, ein Vampirvater und zwei
abgrundtief böse Vampirkinder.
    Schaudernd versuchte er, sich
aufzurichten, aber dann merkte er, daß er zu schwach dazu war.
    Das Mädchen legte eine klamme Hand
auf seine Brust. »Sie dürfen sich nicht bewegen«, sagte es, und eine leise
Drohung schwang in der Stimme mit. »Und Mr. Valerian auch nicht. Sie werden
unsere Gäste sein, bis Maeve etwas anderes anordnet.«
    »Wie heißt du?« keuchte Aidan,
entsetzt über seine Schwäche. Als er noch ein Mensch gewesen war, hatte er
Kinder geliebt und war imstande gewesen, sich vernünftig mit ihnen zu
unterhalten.
    »Ich bin Benecia«, sagte das
Ungeheuer. »Und meine Schwester heißt Canaan. Sie ist mit Mummy auf die Jagd
gegangen. Wenn sie zurückkommen, bin ich an der Reihe.«
    Valerian bewegte sich neben Aidan,
aber es war offensichtlich, daß er noch zu benommen war, um zu sprechen.
    »Wie lange bist du schon ein
Vampir?« fragte Aidan Benecia. Eine verrückte Unterhaltung in einer noch
verrückteren Umgebung, aber Aidan war sicher, daß er den Verstand verlieren
würde,

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