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Silbernes Mondlicht, das dich streichelt

Silbernes Mondlicht, das dich streichelt

Titel: Silbernes Mondlicht, das dich streichelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Lael Miller
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immer mit
zum Schlag erhobener Hand vor der Mauer, ihre Augen und Muskeln so starr, als
ob bereits die Totenstarre eingesetzt hätte.
    Effie nahm den Sack mit den
Lebensmitteln an sich und wandte sich auf bloßen Füßen, die blau vor Kälte
waren, um. Ohne Aidan oder Mistress Moody einen zweiten Blick zu schenken,
hastete sie davon.
    Aidan ging um Dorcus Moody
untersetzte Gestalt herum und lächelte in ihr reglos starrendes Gesicht. Sie
hatte eine Warze neben ihrer Nase, und ein dünner Speichelfluß rann über ihr
Kinn.
    »Darf ich um diesen Tanz bitten?«
fragte Aidan mit einer angedeuteten Verbeugung, ergriff ihre Hände wie zu einem
Walzer und senkte seinen Mund auf ihre Halsschlagader.
    Er ließ sie neben dem toten Seemann
liegen, mit schwach, aber noch regelmäßig pochendem Puls. Sie ist eine
bösartige Kreatur, diese Mistress Moody, dachte Aidan, als er sich von ihr
entfernte, aber ihr Blut ist berauschend wie feinster Madeira.
    In der Finsternis der Gasse wandte
er sich um und zog seinen Hut vor ihr. »Mögen Sie weiterleben, um einen
weiteren Vampir zu nähren, Edle Dorcus«, sagte er spöttisch.
    Sie gab einen leisen Ton von sich,
der tief aus ihrer Kehle kam.
    Das Bild erschien Aidan aus dem
Nichts heraus, als er die Gasse verließ; er sah Valerian, an den Boden auf
irgendeinem verlassenen Friedhof gefesselt und die Morgendämmerung erwartend.
    Aidan stieß einen Fluch aus, um
sodann seine ganze Kraft auf einen einzigen Gedanken zu konzentrieren: Valerian!
    Die Antwort war schwach, formte sich
jedoch augenblicklich in Aidans Bewußtsein: Halte dich von mir fern! Ich
flehe dich an — bleib, wo du bist!
    Aidan war schon im Begriff, die
Bitte zu ignorieren und Valerian aufzusuchen, wie er Maeve aufgesucht hätte
oder Neely, als jemand am Rande einer Gruppe betrunkenen Pöbels hart gegen
seine Schulter stieß.
    »Ich würde es nicht tun an Ihrer
Stelle«, sagte Tobias gutmütig. »Sie könnten Valerian nie alleine retten.«
    Tobias hatte recht, aber Aidan
konnte Valerian nicht im Stich lassen, obwohl die Rechnung zwischen ihnen
ausgeglichen war. Ja, Valerian hatte ihn einmal gepflegt, als er krank gewesen
war, hatte ihn ernährt und Neely zu ihm gebracht, aber Aidan hatte auch
Valerians Leben gerettet, nach seinem Versuch, zu weit zurück in die Zeit zu
reisen.
    »Ich kann ihn nicht verbrennen
lassen«, antwortete Aidan.
    »Angenommen, ich würde Ihnen sagen,
daß eine Chance besteht, Sie wieder in einen Menschen zu verwandeln, und daß
Sie diese Chance jetzt, in diesem Augenblick, wahrnehmen müssen oder sie für
alle Ewigkeit verlieren?« fragte Tobias in sachlichem Ton. Auch er trug
Abendkleidung, und wie sie so zusammen durch die schmutzigen Gassen gingen,
boten sie einen sehr sonderbaren Anblick in diesem düsteren Teil Londons.
    Aidan dachte an Neely, an seine
Träume. Er wollte als Mann zu ihr zurückkehren, nicht als Ungeheuer. Er wollte
in einem richtigen Bett neben ihr liegen, wollte sie so oft lieben, wie es
möglich war, und jeden Tag in der prallen Sonne arbeiten, bis seine Haut
glänzte vor Schweiß und seine Muskeln schmerzten. Er wollte wie jeder andere
normale Bürger an den Wahlen teilnehmen, abends ein Bier trinken und sich wie
jeder andere auch über die zu hohen Steuern beklagen.
    Doch trotz allem konnte er Valerian
nicht im Stich lassen. Aidan wußte, daß der andere Vampir ihm zu Hilfe eilen
würde, wenn die Lage umgekehrt gewesen wäre.
    »Ich würde sagen, dann hätte ich
Pech gehabt, und sie und die Bruderschaft hätten sich einen schlechten
Zeitpunkt ausgesucht«, erwiderte Aidan schließlich. »Bis bald, Tobias.«
    Damit verschwand er und fand sich
fast augenblicklich auf der verfallenen Mauer einer alten Abtei wieder. Sein
Cape flatterte im Wind, und Aidan verspürte eine Art bitterer Belustigung.
Vielleicht hatte Valerian nun endlich doch einen Weg gefunden, seine Pläne zu
zerstören, selbst wenn es unabsichtlich geschehen war!
    Aidan konzentrierte seine Macht zu
einem einzelnen, unsichtbaren Strang und fand Valerian sofort. Er befand sich
auf der Hügelseite des Klosters, weit hinter den Außenmauern,
    und war völlig hilflos.
    »Verdammt«, murmelte Aidan, schloß
die Augen und öffnete sie erst wieder, als er vor Valerians weit gespreizten
Gliedern
    stand.
    Der andere Vampir schien mit
Wahnvorstellungen zu kämpfen, war nur halb bei Bewußtsein, und als er Aidan
neben sich erscheinen sah, stöhnte er verzweifelt auf. »Ich habe dir doch
gesagt, daß du dich fernhalten

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