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Silberschweine

Silberschweine

Titel: Silberschweine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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noch immer die Hoffnung, herauszufinden, wohin die gestohlenen Silberschweine geschickt wurden. Zweitens: Ein zum Skelett abgemagerter Sklave, der aus dem Moor auftauchte und den Leuten vorjammerte, er sei als persönlicher Repräsentant des Finanzministers in kaiserlichen Angelegenheiten unterwegs, konnte nichts anderes erwarten als eine Tracht Prügel. Drittens: Nicht alle Privatermittler sind perfekt. Ich bin überhaupt nicht auf die Idee gekommen.
    Ich war betäubt, erschöpft, zerschlagen, am Ende. Die Enttäuschung und der Schmerz drehten mir einen Knoten ins Gehirn. Ich humpelte geradewegs auf die Gruben los und stolperte dem Aufseher Cornix direkt vor die Füße. Als ich ihm sagte, ich hätte vier gestohlene Barren unbewacht zurückgelassen, stieß er einen Wutschrei aus und griff nach einem der Hölzer, mit denen wir manchmal überhängendes Gestein abstützten. Ich öffnete den Mund und wollte sagen, ich hätte die Schweine sicher vergraben. Aber bevor ich einen Ton herausbringen konnte, sah ich zwischen meinen mit Schnee verklebten Wimpern hindurch, wie Cornix seinen Prügel schwang. Mehrere Rippen krachten. Mein Bein versagte, die Schiene ging zu Bruch, und im Fallen verlor ich die Besinnung.
    Als sie mich in eine Zelle warfen, kam ich so weit zu mir, daß ich hörte, wie Cornix rief: »Soll er dort verrotten!«
    »Und wenn der Kopfgeldjäger wieder auftaucht?«
    »Diese Träne will sowieso keiner zurückhaben.« Cornix lachte krächzend. »Wenn jemand nach ihm fragt, dann sagt ihr, er ist tot – das ist er sowieso bald!«
    Da wußte ich, daß ich nie wieder nach Hause kommen würde.

XXVIII
    Ich hörte alles mit ungewohnter Deutlichkeit. Kein Wunder. Nur diese Geräusche von draußen verhinderten, daß ich den Verstand verlor; nur mein letzter Rest Verstand hielt mich am Leben.
    Ich konnte mich nicht bewegen. Niemand kam und sprach mit mir. Ich sah nichts, ausgenommen die verschiedenen Grautöne des Lichtes an den feuchten Zellenwänden, an denen ich den Tag von der Nacht unterscheiden konnte. Fenster gab es nicht. An manchen Tagen öffnete sich knarrend die Tür, und sie schoben mir eine dickrandige Schale mit einem schmierigen Brei herein. Die Tage, an denen sie es vergaßen, waren mir lieber.
    Ich wußte nicht, seit wann ich dort lag. Wahrscheinlich kaum eine Woche. Für einen Menschen, den man dem Tod überlassen hat, ist eine Woche ziemlich lang.
    Am Schlurfen der Füße, wenn die zusammengeketteten Sklaven nach draußen getrieben wurden, lernte ich erkennen, ob es regnete oder nur der ewige Winternebel in der Luft lag. Die üblichen Verkehrsgeräusche waren das Rumpeln und Poltern der Wagen, aber manchmal vernahm ich auch das muntere Geklapper von Ponyhufen. Dann wußte ich, daß ein Offizier aus dem Lager in seinem scharlachroten Mantel vorübergeritten war. Wenn der Wind richtig stand, konnte ich in der Ferne das Pochen der Äxte hören und das Gepolter, wenn die Tragmulden an den Flözen gefüllt wurden. Der Schmelzofen war ein immerwährendes Brausen, in das sich das Pfeifen der Blasebälge an den Treibherden mischte.
    Aber eines Tages näherte sich, umgeben vom Getrappel zahlreicher Reiter, ein Pony, das einen zierlichen Wagen zog. Es hielt ganz in der Nähe an. Eine militärische Stimme nannte den Namen des Prokurators Flavius. Jemand brummte. Dann eine andere Stimme – scharf wie das Kreischen eines Böttcherbeils auf Holz: »… der, den ihr Witzig nennt.«
    Ich war wirklich in übler Verfassung. Das Delirium, wenn nicht der Tod selbst, streckte seine Hand nach mir aus: das hatte sich eben wie die Tochter des Senators angehört. Ich konnte mich nicht mal auf ihren Namen besinnen. Aber schließlich zerrte ich ihn aus einer anderen Welt hervor: Helena.
    »Tja, also, welcher war das doch gleich … Tot, glaube ich –«
    »Dann will ich die Leiche sehen! Wenn ihr sie beerdigt habt, grabt sie aus.«
    Knarrend öffnete sich die Tür einen Spaltweit, und blendendes Licht fiel herein.
    »Oh! Da ist er ja – unser kostbarer Ausreißer!«
    Ich war fast zu heiser, um ihr einen Fluch entgegenzuschleudern, aber es gelang mir.
    Der Sklavenaufseher Cornix stand direkt hinter ihr. Er konnte einem richtig leid tun – so unterwürfig, wie er jetzt dreinblickte.
    Nachdem sie sich mit angewiderter Miene in meiner Zelle umgesehen hatte, fragte sie bissig: »Was ist das hier? Bettruhe? Ein Pflegefall?«
    Der arme Cornix! Sie benahm sich wirklich unmöglich. Außerdem hatte sie eine Militäreskorte dabei; er

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