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Silberschweine

Silberschweine

Titel: Silberschweine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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gefangen –«
    Mein Gehirn war aus der Übung und sträubte sich gegen eine solche Häufung von Tatsachen. »Verstehe. Nach Norden, wie?«
    Das Sprechen schien mir nutzlos. Sollte sich ein anderer um die Barren kümmern. Dieser Wagen war ein hübsches Spielzeug, aber zu zerbrechlich für ein solches Gewicht. Zur Not hätten wir etwas mit den Ponys der Soldaten arrangieren können – aber ich war zu erschöpft. Trotzdem rückte ich offenbar unruhig hin und her. Sie fuhr langsamer.
    »Weshalb waren Sie eigentlich draußen auf der Hochebene, Falco? Sagen Sie mir die Wahrheit.«
    »Ich habe vier gestohlene Barren unter einem Steinhaufen versteckt.«
    »Beweise?« fragte sie.
    »Wenn Sie so wollen.«
    Offenbar zog sie ihre eigenen Schlüsse daraus, denn jetzt drosch sie auf das arme Pony ein, bis es wieder wie rasend dahinflog. Ihre Augen funkelten böse.
    »Sie meinen wohl, eine hübsche kleine Rente für Sie!«
    Wir ließen sie zurück. Soviel ich weiß, liegen meine vier Barren noch immer dort.
    Helena Justina hetzte weiter. Wahrscheinlich hatte ihr Mann sich scheiden lassen, weil er seine Haut retten wollte. Aber Angst hatte ich eigentlich die ganze Fahrt über nicht. Sie lenkte gut. Sie besaß die richtige Mischung aus Geduld und Beherztheit. Das Pferd vertraute ihr vollkommen, nach ein paar Meilen tat ich es auch … und bis Glevum waren es fünfzig Meilen.
    Einige Male machten wir zwischendurch halt. Sie ließ mich aussteigen. Beim erstenmal war mir schlecht, aber das hatte nichts mit ihrem Fahrstil zu tun. Sie ließ mich ausruhen und unterhielt sich währenddessen leise mit einem der Soldaten, und bevor wir weiterfuhren, gab sie mir aus einer kleinen Flasche etwas gesüßten Wein. Dabei legte sie mir stützend den Arm um die Schultern. Unter der ungewohnten Berührung einer Frau fing ich an zu schwitzen.
    »Wir können später noch einmal bei einem mansio anhalten, wenn Sie wollen.« Sie sagte das ganz sachlich, sah mir dabei aber aufmerksam ins Gesicht.
    Ich schüttelte wortlos den Kopf. Ich wollte weiter. Ich wollte lieber in einem Militärlager sterben, wo man mich mit einem anständigen Grabstein über der Urne beerdigen würde, und nicht in einem Gasthof, wo ich zusammen mit einer Tonne Scherben und der überfahrenen Tigerkatze in einen Graben gekippt würde. Plötzlich kam mir der Gedanke, daß Helena Justina dieses Wahnsinnstempo vielleicht vorlegte, weil sie nicht mit meiner Leiche am Hals in der Wildnis sitzen wollte. Ich dankte Jupiter für ihre rücksichtslose Klugheit. Auch als Leiche wollte ich keinesfalls sie am Hals haben.
    Sie las in meinen Gedanken oder vielmehr in meinem verquälten Gesicht.
    »Machen Sie sich keine Sorgen, Falco, ich begrabe Sie ordentlich!«

XXIX
    Mir war, als wäre ich in die Bleiminen zurückgekehrt.
    Nein. Eine andere Welt. Ich war den Gruben entkommen, auch wenn ich nie mehr ganz von ihnen loskommen werde.
    Ich lag auf einem hohen, harten Bett, in einem kleinen Zimmer in einem Legionshospital. Manchmal hörte ich draußen gemächliche Schritte vorübergehen. Ich erkannte den unangenehmen Geruch von antiseptischem Terpentin. Ich spürte den ermutigenden Druck eines sauberen, festen Verbandes. Ich lag warm. Ich fühlte mich sauber. Ich ruhte an einem ruhigen, fürsorglichen Ort.
    Trotzdem hatte ich Angst.
    Eine Trompete auf dem Festungswall hatte mich geweckt, das Signal für die Nachtwache. Ein Lager – mit Lagern kannte ich mich aus. Ich hörte das gehässige Kreischen von Seemöwen. Es mußte Glevum sein. Glevum lag an der Mündung der Sabrina. Sie hatte es also geschafft. Stundenlang hatte ich in dem neuen großen Hauptquartier der Zweiten Augusta geschlafen. Die Zweite. Ich gehörte zu ihnen; ich war zu Hause.
    Am liebsten hätte ich geweint.
    »Glaubt, er sei wieder beim Heer«, sagte die belustigte Stimme des Prokurators Flavius.
    Ich konnte ihn nirgendwo entdecken, kam mir vor wie ein morscher Ast, der durch warme Gerstensuppe treibt; sie hatten mich mit Mohnsaft vollgepumpt, um den Schmerz abzutöten.
    »Marcus, nur ruhig, ich habe Ihren Bericht von Vitalis bekommen; und ich habe schon etwas unternommen. Gut gemacht!«
    Gaius, mein Freund; mein Freund, der mich dorthin geschickt hat …
    Plötzlich mußte ich kämpfen; eine andere Hand ergriff meinen Arm. »Pst! Es ist vorbei; Sie sind in Sicherheit.«
    Helena, seine Nichte, meine Feindin. Meine Feindin, die kam und mich von dort zurückholte …
    »Still jetzt, Falco; stellen Sie sich nicht so an …«
    Auf die

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