Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Silberschweine

Silberschweine

Titel: Silberschweine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
Vom Netzwerk:
war machtlos.
    Er zerrte mich von meinem Lager aus stinkendem Farn und stieß mich draußen vor ihr in den Matsch. Ich schloß die Augen gegen die glasige Helligkeit großer, fahler Wolken. Das Bild einer kräftigen Frau blieb mir erhalten, in einem Umhang aus dunkelblauem Stoff, der gekräuselte Wollsaum ihres Kleides und ein weißes Gesicht mit gerunzelter Stirn unter Flechten von weichem, glattem Haar.
    Ich wäre fast in Ohnmacht gefallen.
    »Marcus!« fuhr mich Helena Justina in dem herablassenden Ton an, der einem ehrlosen Sklaven gegenüber angebracht war.
    Ich lag mit dem Gesicht in einer Pfütze, wenige Zentimeter von ihren Schuhen entfernt.
    Schicke Schuhe hatte sie an. Schiefergraues Leder, mit winzigen, spiralförmig angeordneten Löchern. Und sie hatte viel schönere Knöchel, als sie verdiente.
    »Das ist ja eine nette Bescherung! Onkel Gaius hatte immer solches Vertrauen zu dir. Und jetzt sieh dich an!« Was erwartete sie eigentlich? Ein Ausreißer packt selten ein paar saubere Tuniken und seinen Toilettenschwamm ein … »Wirklich, Marcus! Was hast du nun davon? Ein gebrochenes Bein, ein paar gebrochene Rippen, Frostbeulen, Grind, Dreck!« Den Schmutz betrachtete sie mit Unbehagen und sorgte dafür, daß ich das Bad benutzte, das den leitenden Mitarbeitern vorbehalten war, damit ich nicht das hübsche Ponywägelchen ihrer Tante besudelte. Ein Soldat, der offenbar wußte, wer ich in Wirklichkeit war, schiente mir das Bein neu, aber er war so verzagt dabei, daß es nichts wurde.
    Als Helena mir endlich gestattete, ihren Wagen zu besteigen, hatte ich mich gründlich gewaschen und meine Lumpen gegen irgend jemandes drittbeste Tunika ausgetauscht, deren Geruch mir zwar nicht behagte, aber immer noch um etliches besser war als der Gestank, den ich vorher verbreitet hatte. Cornix hatte sich davongeschlichen, in den Schuppen, wo er seinen nachmittäglichen Folter- und Vergewaltigungsgelüsten nachging. Ich zitterte am ganzen Leib; mit einem verärgerten Zischen warf mir Helena eine Reisedecke über. Ich war noch feucht vom Bad. Ich hatte mich kräftig abgeschrubbt, aber wenn man unter den Augen dieses Cornix und eines Soldaten baden muß, fehlt einem die Muße, sich nachher auch noch sorgfältig zwischen den Zehen abzutrocknen.
    Von der plötzlichen Sauberkeit juckte mir die Kopfhaut. Neues Leben durchrieselte mich. Jeder Luftzug traf mein Gesicht, als wäre ich überall wund.
    Helena Justina holte einen Mantel hervor, an den ich mich dunkel erinnerte. In einem früheren Leben hatte er wohl einmal mir gehört. Gutes dunkelgrünes Tuch mit einer kräftigen Metallschnalle. Offenbar hatte ich damals Geschmack und Stilgefühl besessen. Mühsam kletterte ich in den Ponywagen.
    »Schönes Gespann«, sagte ich und versuchte meine gewohnte Stimme wiederzufinden. Da sie eine Frau war, spielte ich den Kavalier und fragte: »Soll ich fahren?«
    »Nein«, sagte sie. Andere Leute hätten »Nein, danke« gesagt. Aber ich konnte mich auf der Bank kaum gerade halten.
    Sie nahm die Zügel und setzte sich zurecht, bevor sie mich ihres nächsten Wortes würdigte: »Wenn man Ihnen ein Fahrzeug anvertraut hätte, würden Sie dann mich fahren lassen?«
    »Nein«, räumte ich ein.
    »Sie würden keiner Frau trauen. Und ich traue keinem Mann.«
    Sie hatte recht, die meisten Männer sind schlechte Fahrer.
    Das Pony zog munter an, und bald hatten wir die Siedlung hinter uns gelassen. Helena Justina setzte sich natürlich an die Spitze, während ihre kleine, aber kräftige Reitereskorte bescheiden hinterherzockelte.
    »Sagen Sie Bescheid, wenn ich Ihnen zu schnell fahre und Sie Angst bekommen«, sagte sie herausfordernd.
    »Sie fahren zu schnell – aber Sie machen mir keine Angst!« Sie war in einen Nebenweg abgebogen. »Hier sind wir falsch – nehmen Sie die Straße nach Osten über die Hochebene, Verehrteste.«
    »Nein. Wir haben Soldaten bei uns; warum sollen wir nahe der Grenze bleiben? Wir müssen nach Norden. Bedanken Sie sich bei Ihrem Freund Vitalis für Ihre Rettung. Als er das letzte Mal mit Onkel Gaius geredet hat, meinte er, man müsse Sie da rausholen, gleichgültig, ob Sie ihre Aufgabe erfüllt hätten oder nicht. Ich habe mich dazu bereit erklärt – das ist unauffälliger. Außerdem hatte ich ein schlechtes Gewissen wegen Ihres ergrauten Mütterleins …« Ich konnte mich nicht erinnern, jemals mit ihr über meine Mutter gesprochen zu haben, und ließ sie plappern. »Onkel Gaius hält diesen Triferus in Glevum

Weitere Kostenlose Bücher