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Silberschweine

Silberschweine

Titel: Silberschweine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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verfügte. Doch dann schien mir, daß er ein guter Schauspieler sei. »Worum geht es – Staatsaffären?« Ich mußte daran denken, wie schnell der kaiserliche Papa der politischen Rolle, die Domitian gespielt hatte, ein Ende gemacht hatte.
    »Dies ist Didius Falco « , erklärte ihm Titus im Ton des Generals. »Verwandt mit einem Dekurio aus meiner Legion in Judäa.«
    Erst in diesem Augenblick wurde mir klar, daß ich diesen Auftrag meinem großen Bruder zu verdanken hatte. Vespasian und Titus kannten Festus, und deshalb hatten sie Vertrauen zu mir. Nicht zum erstenmal in meinem Leben betrachtete ich meinen Bruder mit gemischten Gefühlen. Nicht zum erstenmal in meinem Leben hatte ich das scheußliche Gefühl, schwer von Begriff zu sein.
    So, als wäre alles vorher arrangiert worden, überreichte mir jetzt ein Diener einen Beutel voller Münzen, den ich kaum heben konnte. »Das ist mein persönliches Geschenk als Befehlshaber der Fünfzehnten Legion Apollinaris für Ihre Mutter«, erklärte Titus. »Eine kleine Entschädigung für die Unterstützung, die sie verloren hat. Uns beiden war Didius Festus unersetzlich.«
    »Kannten Sie ihn?« fragte ich – nicht weil ich es unbedingt hören wollte, aber wenn ich meiner Mutter diesen ganzen Quark mit Goldrand erzählte, würde sie mich danach fragen.
    »Er war einer meiner Soldaten; und ich war immer bestrebt, jeden von ihnen zu kennen.«
    Domitian brach in ein Lachen aus, das echt klang: »Wir beide haben wirklich Glück, Didius Falco, daß unsere Brüder so hohes und verdientes Ansehen genießen!«
    In diesem Augenblick bewies er alle Vorzüge des flavischen Hauses: Anmut, Intelligenz, Witz. Er hätte ebensogut Staatsmann sein können wie sein Vater oder sein Bruder – und manchmal gelang es ihm auch, diese Rolle zu spielen. Vespasian hatte seine Talente gleichmäßig verteilt; aber nur einer seiner Söhne handhabte sie mit wirklich sicherem Griff.
    Titus beendete unsere Unterredung. »Sagen Sie Ihrer Mutter, sie kann stolz sein, Falco.«
    Es gelang mir, die Ruhe zu bewahren.
    Als ich mich zum Gehen wandte, trat Domitian zu mir.
    »Wer ist die Dame?« fragte er, als sich Helena unter Goldfunkeln und Seidenrascheln erhob. Wie schamlose Hände wanderten seine Blicke über ihre Gestalt.
    Ich spürte ihr Unbehagen und wurde so wütend, daß ich nur zurückgab: » Die frühere Frau eines toten Ädilen namens Atius Pertinax. «
    Ich sah das ängstliche Flackern in seinen Augen, als dieser Name fiel.
    Titus war zu uns getreten und stellte seinen Bruder nun ebenfalls auf die Probe: »Der Ädil hat seiner Frau ein merkwürdiges Erbe hinterlassen. Und nun ist dieser Glücksritter hier ständig hinter ihr her und kümmert sich um ihre Interessen …«
    Domitian zeigte keine weiteren Anzeichen von Nervosität. Mit den halb geschlossenen Augen eines sehr jungen Mannes, der sich im Bett für unwiderstehlich hält, küßte er Helenas Hand. Sie sah ihm mit versteinerter Miene zu. Titus trat dazwischen und küßte mit beneidenswerter Gewandtheit ihre Wange, als wäre sie eine Verwandte. Ich ließ ihn gewähren. Wenn sie wollte, konnte sie ihm selbst Einhalt gebieten.
    Ich hoffte bloß, daß ihr klar war, wie altmodisch und sabinisch die Verhältnisse waren, aus denen die beiden kamen. Ohne ihren Purpur waren sie zwei ganz gewöhnliche Provinzler: knauserige, arbeitsbesessene Leute, willfährige Befehlsempfänger ihrer Frauen. Außerdem hatten beide schon einen Bauch, und keiner von ihnen war so groß wie ich.
    Ich ließ Helena allein, um jemanden ausfindig zu machen, der ihre Sänfte herbeischaffen konnte. Das leere Atrium kam mir so riesig vor, daß ich mich ein paarmal um die eigene Achse drehte, um mir einen Überblick zu verschaffen. Aber als ich zurückkehrte, entdeckte ich sie sofort – ein meergrünes Flimmern am Rande eines Springbrunnens. Im Schatten der dreißig Meter hohen Statue, die Nero als Sonnengott darstellte, wirkte sie ängstlich und verschüchtert.
    Ein Mann mit den breiten Purpurstreifen der Senatoren redete auf sie ein; einer von der Sorte, denen, auch wenn sie sich zurücklehnen, der Bauch noch über den Gürtel schwabbelt. Dankbar sah sie mir entgegen.
    »Wo soll man nach einer Najade suchen, wenn nicht an einem Brunnen? Es dauert einen Augenblick, bis man unsere Sänfte gefunden hat, aber sie kommt –«
    Ich pflanzte mich neben ihr auf. Der Herr mit den Streifen blickte verärgert drein, ich desto munterer. Sie machte uns nicht miteinander bekannt. Ich

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