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Silberschwester - 14

Silberschwester - 14

Titel: Silberschwester - 14 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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so
weit, uns die Geschichte ihrer Stute zu erzählen.
    »Ich bekam sie
als Fohlen«, begann sie leise, als ob sie mit sich redete, »und zog sie auf.
Sie war immer mein Herz, mein Pfeil und meine Sunna. Ich nahm sie als Teil
meiner Mitgift, als man mich mit Gorliv traute. Was immer danach geschah … auf
ihrem Rücken wurde ich wieder zum Mädchen und zur jungen Frau, die über die
Hügel der Heimat preschte. Ich hatte nie einen Fremden heiraten wollen, aber es
war ja eine gute Verbindung, ich tat, was man von mir erwartete … Ich wollte
keine Kinder, sie machen mir Angst. Aber Gorliv braucht doch Söhne, so tat ich,
was er von mir erwartete. Dann starb der Kleine, noch bevor er den Namen
bekommen hatte. Das passiert manchmal«, betonte, beteuerte sie und sah zu uns
auf, als ob wir Ankläger wären. »Manchmal ist so ein Säugling kränklich und
schwach und stirbt einfach. Da kann niemand etwas dafür. Aber er behauptete,
ich sei schuld, hätte es verhext, um ihn zu treffen. Man glaubte ihm … und ich
hatte niemanden, der mich verteidigt und zu meinen Gunsten gesprochen hätte.
Also bin ich geflohen.«
    Und nun warf
sie einen Blick auf den Pfad zurück, als ob sie erwartete, ihre Verfolger im
nächsten Moment auftauchen zu sehen. »Er wird niemals aufgeben. Er wird mich
aufspüren und mich töten. Das hat er geschworen.«
    Da sagte ich
zum ersten Mal seit ihrem Kommen auch etwas: »Und damit lockst du ihn sozusagen
direkt hierher und ziehst uns in die Sache mit hinein!«
    Ashóli sprang
zornig auf, fuhr mich wütend an: »Laaki! Wie kannst du so etwas sagen!«
    Ich antwortete
ihr in Kaltaoven, damit diese Fremde es nicht verstand: »Begreifst du das
nicht? Ihr Mann wird kommen, um Hexen zu suchen, und er wird sie finden. Die
Hausierer, die vorbeikommen, wissen ihre Zunge zu hüten. Aber was passiert,
wenn Fremde unsereins finden, habe ich schon gesehen. Willst du, dass man deine
Verwandten tötet oder wie wilde Tiere verschleppt? Ja, ich habe das gesehen!«
    Ashóli war für
einen Augenblick sprachlos vor Schreck, da sie nicht wusste, ob ich von
Erlebtem oder Visionen redete. Aber dann fasste sie sich wieder und
protestierte: »Und was ist, wenn er nicht kommt? Was ist, wenn sie ihn abgehängt
hat? Du kannst doch nicht mit Sicherheit behaupten, dass sie uns in Gefahr
bringt.«
    »Natürlich
folgt er ihr nun nicht auf diesem Weg bei Nacht, da müsste er ja ein Narr
sein«, sagte ich. »Aber ich sehe am besten selbst nach.«
    Ich ging ein
wenig den Weg hinauf, aus dem Lichtkreis, außer Sicht, um mein Eulengefieder
umzulegen, und flüsterte sodann das Balglied, das mir sein Wesen einverleibt: Él-taov
alyev, méldaegh alyev, Zeit, die Federn zu tragen, Zeit, durch die Nacht zu
fliegen. Dann breitete ich die Schwingen aus, schwebte lautlos die dicht
bewaldeten Hänge hoch, hinan zu den Höhen, wo der Pfad die schroffen Felswände
quert. Aber dort rührte und regte sich nichts, was nicht dorthin gehört hätte.
Wenn der Mann kam, dann nicht in dieser Nacht.
    Bei meiner
Rückkehr sah ich drunten im Hof, am erlöschenden Feuer, zwar keine Spur von der
Fremden … legte jedoch, zur Sicherheit, meinen Balg lieber im Dunkeln ab.
Ashóli empfing mich, den Zeigefinger auf den Lippen, im Eingang der Hütte.
    »Ich habe sie
in den Schlaf gesungen. Morgen früh ist es ja früh genug, die Dinge zu regeln.«
    »Und sie
fortzuschicken!«, sagte ich. »Was hast du sonst noch erfahren?«
    »Dass sie
Eysla heißt«, erwiderte sie und sah mich bekümmert an. »Und ich habe ihr
gesagt, sie könne bleiben, solange sie müsste.«
    »Was?«, rief
ich und war selbst erstaunt über meinen Zorn.
    »Laaki, was
ist bloß mit dir? Sie braucht Hilfe!«
    »Hilfe
schulden wir unsereins, den Kaltaoven«, erklärte ich, wie man zu einem Kind
spricht … und das war vielleicht ein Fehler. »Fremden schulden wir überhaupt
nichts.«
    »Auch ich war
eine Fremde für dich«, versetzte sie da ruhig. »Ich zählte sicher nicht zu
deinem Clan, du warst mir also nichts schuldig … Aber als meine Sippe mich
ausstoßen wollte, hast du dich für mich verwandt. Warum?«
    Ich war zu
wütend, um ihr zu antworten. Für mich war das ja überhaupt nicht vergleichbar,
und ich dachte, sie wolle mich nur quälen. Also warf ich mir mein Gefieder
wieder über und ging auf meine nächtliche Jagd.
     
    Als ich am nächsten Morgen sehr müde,
aber vom Zorn befreit, zurückkehrte, fand ich die beiden dabei, die tote Stute
zu häuten.
     »Sobald ihr
damit fertig seid«,

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