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Silberschwester - 14

Silberschwester - 14

Titel: Silberschwester - 14 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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sagte ich zu Ashóli, »geh ins Dorf, Hilfe fürs Zerlegen
holen. Man sollte nichts verderben lassen.«
    Da schüttelte
sie den Kopf.
    Die Fremde
musterte sie neugierig. »Ich habe nichts dagegen … das ist doch nur noch
Fleisch, der Rest von ihr ist in meinem Herzen. «
    »Nein«,
versetzte Ashóli. »Uns ist das verboten.«
    »Weil sie bloß
gestorben ist und nicht richtig geschlachtet wurde? Aber ihr habt doch wohl ein
paar Hunde zu füttern …«
    »Nein, weil …«
    »Willst du
einen Fellumhang machen?«, unterbrach ich sie da, wieder in unsere Sprache
verfallend. »Von einem Lasttier?« Das war ja das Einzige, was mir einfiel, um
das Fleisch als tabu zu erklären.
    Darauf zuckte
Ashóli nur die Achseln und zitierte ein altes Sprichwort: »›Wer weiß, welche
Haut passt?‹ Ein edles Tier, ein neuer Test für mich!«
    Die Fremde
verfolgte das verständnislos, wartete nur darauf, dass wir es ihr erklärten,
oder nicht. Ihre Geduld irritierte mich erneut, und es wunderte mich, dass sie
überhaupt den Mut gefunden hatte wegzulaufen. Bei meinem kritischen Blick aber
erhob sie sich, kam her und kniete vor mir nieder. Was meine Laune nicht
verbesserte.
    »Steh auf,
Fremde«, sagte ich grob.
    »Sie hat einen
Namen«, protestierte Ashóli.
    Ich kramte in
meinem Gedächtnis. »Steh auf, Eysla.«
    Da stand sie
auf und sprach: »Ashóli hat mir gesagt, dass ich nur mit deiner Erlaubnis
bleiben könne. Ich werde euch nicht zur Last fallen, das verspreche ich. Ich
kann kochen, nähen und Wasser holen gehen und im Dorf etwas für euch erledigen.
Ashóli hat auch gesagt, du seist durch ihre Ausbildung oft zu beansprucht.«
    »Ashóli hat
gesagt«, äffte ich sie nach. »Was hat sie denn sonst noch gesagt?«
    Eysla starrte
mich verständnislos an.
    Ich wandte
mich Ashóli zu. »Nun? Und was sonst?«, fragte ich und wechselte wieder ins
Kaltaoven. »Hast du ihr gesagt, wer wir sind? Hast du ihr gesagt, was sie
drunten im Dorf sehen wird?«
    »O nein,
Laaki, das schwöre ich dir! Ich bin ganz vorsichtig gewesen!«
    Ich richtete
mich wieder an Eysla: »Das ist ebenso ihr Haus wie meins, und wenn sie dich als
Gast aufnimmt, kann sie das tun, aber erwarte nur nicht von mir, dass ich dich
willkommen heiße. Aber nun bin ich müde und wäre euch dankbar, wenn ihr mich
eine Weile in Ruhe schlafen ließet …«
     
    Als ich spät am Nachmittag aufstand,
fand ich die beiden bei der Arbeit, leise miteinander kichernd, wie zwei
Schwestern. Da verstand ich auch besser, warum Ashóli rebelliert hatte: Sie war
immer die Ausgestoßene gewesen – die Geringste unter allen, von ihrem Clan
vergessen. Bis ich dann ihre Gabe zur Balgsängerin entdeckte. Nun hatte sie zum
ersten Mal jemanden getroffen, der sie nicht bloß als gleich behandelte,
sondern gar zu ihr aufsah. Es war zu verstehen, minderte die Gefahr aber
keineswegs.
    Der Kadaver
war wirklich schon fortgeschafft, das Fell aber, und das war Ashólis Werk, grob
zu einem Umhang zugeschnitten und zum Trocknen aufgespannt. Ich sah wohl, wie
Eysla es ab und zu neugierig musterte, fragte Ashóli aber nicht, was für
Erklärungen sie ihr gegeben hatte.
    Ich gewöhnte
mich leichter als gedacht an Eysla. Ja, sie war still und stand mir nie im Weg.
Und wir aßen in den nächsten drei Tagen besser als in den letzten drei Jahren.
Als es Zeit für Ashólis Lehrstunde war und ich Eysla unter einem Vorwand zum
Wasserholen unten am Bach schicken wollte, nahm sie den Krug und fragte
schlicht, wann sie denn zurückkommen sollte. Aber ich wusste, dass das nicht
gut gehen konnte.
    Als wir eines
Morgens beim Frühstück saßen, kam das Geräusch hurtiger Pfoten den Weg herauf
und gleich darauf platzte ein schlanker, gestreifter Jagdhund in unseren Hof.
Und ehe ich ihm Einhalt gebieten konnte, warf er auch schon sein Fell ab und
stand als Ashólis junger Vetter vor uns …
    Eysla schrie
entsetzt auf und sprang hoch. Der Junge, seines Fehlers gewahr, sah völlig
verdattert drein. Ashóli stürzte sich auf sie und ich mich auf ihn. Was sie
sagte, konnte ich nicht hören – ich aber schalt den Kerl aus, dass ich förmlich
sah, wie er die Ohren hängen ließ, den Schwanz einzog … Und dann waren seine
Neuigkeiten keine Entschuldigung für seinen Leichtsinn mehr.
    Kaum hatte ich
ihn auf den Rückweg gehetzt, drehte ich mich besorgt nach Eysla um, befürchtete
ich doch, sie könnte vor Schreck geflohen oder schon durchgedreht sein.
Natürlich war sie erschrocken, das war wohl deutlich zu sehen. Aber

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