Silberstern Sternentänzers Sohn 02 - Gefährliche Traeume
Krankengymnastik. Und die wendet man eben nicht nur bei Menschen an, sondern auch bei Tieren“, erklärte er.
Einige Wochen später sprang Lucky zum ersten Mal durch den Reifen. Chico probte noch drei Mal mit ihm, und jedes Mai gelang es. Aufgeregt raste er auf seinem Fahrrad den Bach entlang bis zur anderen Seite des Dorfes. Annit und Mannito hatten gerade ihre beiden Pferde gesattelt und wollten los.
Von Weitem schon winkte Chico ihnen zu und rief: „Wir haben es geschafft! Lucky ist gesprungen!“ Mit quietschenden Reifen hielt er knapp vor Annit an und sah sie mit leuchtenden Augen an. „Danke“, rief er. „Ohne dich hätten Lucky und ich es nie geschafft.“
Und vor allem nicht ohne Silberstern, dachte Annit glücklich und tätschelte den Hals des schwarzen Hengstes neben ihr. Doch das behalte ich für mich. Das bleibt mein Geheimnis.
Der große Schock
„Ihr glaubt ja nicht, wie der kleine Sohn vom Bürgermeister sich gefreut hat.“ Annit telefonierte vom Naturschutzzentrum aus wieder einmal nach Hause und erzählte ihren Eltern von Chico und seinem kranken Hund, dem es jetzt wieder gut ging. Jedes Mal, wenn sie mit ihnen sprach, verspürte sie ein bisschen Heimweh. Aber ich werd sicher nicht so bald zu ihnen zurückkehren. Sie seufzte. Denn ich will schließlich etwas von dieser Welt sehen. Und außerdem muss ich weitersuchen, bis ich das Geheimnis lüften kann. Eher werde ich nicht zur Ruhe kommen.
Nach dem Gespräch mit ihren Eltern wählte sie Roccos Handynummer. Schon nach dem zweiten Klingeln meldete er sich. Er freute sich riesig, von Annit zu hören und wollte natürlich wissen, was sie alles erlebt hatte.
„Und, wie ist es bei euch?“, fragte Annit schließlich. Sie war froh zu hören, dass im Zirkus alles gut lief.
„Wir vermissen dich alle sehr“, antwortete Rocco. „Solltest du mal Heimweh nach uns bekommen ... du weißt ja, wo wir sind.“
Annit wurde ganz wehmütig bei dem Gedanken an Rocco und alle anderen aus der Zirkustruppe. Sie sind wie eine Familie für mich gewesen. Wir haben immer zusammengehalten - ganz egal, was auch passiert ist. Annit merkte, wie sich ihr die Kehle zuschnürte und Tränen in ihre Augen stiegen. Sie versprach Rocco, bald mal wieder anzurufen. Dann legte sie schnell auf.
ln diesem Augenblick kam Mannito ins Büro. Als er Annits trauriges Gesicht sah, betrachtete er sie eine Weile schweigend. Er spürte genau, dass Annit etwas bedrückte - auch wenn sie versuchte, sich nichts anmerken zu lassen. „Was hältst du davon, wenn wir noch ein bisschen ausreiten?“, schlug er vor. „Ich bin für heute hier fertig.“
Annit stand sofort auf. „Gute Idee“, nickte sie und hoffte im Stillen, dass sie der Ausritt auf andere Gedanken bringen würde.
Sie trabten durch die Schlucht bis zu der kleinen Waldlichtung. Plötzlich blieb Mannito mit Ranja stehen, und auch Annit zügelte Silberstern. Mannito deutete auf ein paar große Baumstämme, die am Rand der Lichtung lagen.
„Da setzen wir uns jetzt hin“, sagte er bestimmt. Er sprang vom Pferd und band es an einem der Bäume fest.
Annit stieg ebenfalls ab, führte Silberstern zu Ranja und ließ sich auf einem Baumstamm nieder.
Mannito sah sie von der Seite an. „So, und jetzt erzählst du mir mal, was eigentlich los ist“, bat er. „Ich merk doch, dass irgendwas nicht stimmt. Immer wieder bist du mal aus heiterem Himmel traurig.“
Annit zuckte mit den Schultern. „Was soll denn los sein?“, gab sie zurück. Doch ihr war klar, dass sie Mannito nichts vormachen konnte. Und das will ich auch gar nicht. Ich kann jetzt nicht mehr länger schweigen, dachte sie. Ich muss jemandem erzählen, was geschehen ist. Und Mannito ist mein bester Freund. Ihm kann ich mich anvertrauen. Ich bin sicher, dass er mich versteht wie kein anderer.
Gedankenverloren starrte Annit vor sich hin, dann begann sie zu sprechen. „Es ist ungefähr ein Jahr her ..." Während Annit weitererzählte, fühlte sie sich plötzlich in die Vergangenheit zurückversetzt. Es schien beinahe, als würde sie all das, was damals passiert war, noch einmal erleben.
Es war ein milder Frühsommertag gewesen, als Annits Leben mit einem Schlag aus den Angeln gehoben wurde. Von da an war nichts mehr so gewesen wie früher.
Annit war mit ihrem Vater in dem Wald unterwegs gewesen, der in der Nähe ihres Bauernhofs lag. Sie wollten Holunderblüten pflücken. Annit hatte es geliebt, mit
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