Silberstern Sternentaenzers Sohn 08 - Rueckkehr ins Ungewisse
Annit breit. Sie spürte wieder das bittere Gefühl und die unendliche Leere. Es war genau wie damals - nachdem sie die Bibel mit der Widmung im Keller gefunden hatte und ihre Eltern ihr von der Adoption erzählt hatten. Nun kam alles wieder hoch, und ihre Welt geriet total aus den Fugen. Annit wandte sich ab und kämpfte mit den Tränen. Warum tut Ursula mir das an? Warum hat sie das von mir verlangt? Sie empfand nur noch Wut und Verzweiflung. Und damals wie heute verstand sie ihre Eltern nicht. Es war ein Gefühl, als lägen Welten zwischen ihr und ihren Adoptiveltern.
Zum Glück geht früher oder später alles im Leben zu Ende, auch diese Projektwoche. Die letzten Tage waren ohne größere Zwischenfälle verlaufen. Annit hatte sich inzwischen auch wieder einigermaßen beruhigt.
Auf die Bitte ihres Adoptivvaters hin hatte sie ihm sogar gemeinsam mit Mannito und Denise bei den Vorbereitungen für ein Abschiedsfest geholfen. Hannes hatte den großen Holzkohlegrill draußen aufgebaut, Ursula eine lange Holzbank voll mit verschiedenen Salaten gestellt. Der Garten war mit mehreren bunten Lichterketten geschmückt, dazwischen baumelten ein paar Girlanden. Es duftete nach gegrilltem Fleisch und Gewürzen. Hannes stand am Grill und drehte und wendete die Fleischstücke.
Die Mädchen hatten sich auf Bänken um zwei lange Biertische verteilt. Annit ging die Reihen entlang und goss Apfelsaftschorle in die Gläser.
Als sie bei Gracia angekommen war, legte die rasch die flache Hand über ihr Glas. „Nee danke, so ’nen Kinderkram trink ich nicht.“ Sie bückte sich und holte eine Dose mit einem Energy-Drink aus ihrer Tasche. „Lieber das.“
Annit zuckte die Schulter und füllte das Glas des nächsten Mädchens.
Gracia öffnete die Dose, nahm einen Schluck und schaute sich dann um. „Gibt’s nach dem Essen auch noch ein Unterhaltungsprogramm oder so? Oder gibt’s einfach nur Essen und Schluss? Gehen wir danach mit vollem Bauch ins Bett?“ Hannes hatte Gracia gehört. Er drehte sich um, schwang seine Grillzange und guckte schelmisch drein. „Unsere Annit ist mal im Zirkus aufgetreten. Mit einer eigenen Voltigiernummer. Wenn wir sie ganz nett bitten, kann sie für uns nachher ein paar Zirkusstücke vorführen.“
Oh nee! Bitte nicht. Alles nur das nicht. Nicht für diesen Hüh nerhaufen! Annit verdrehte genervt die Augen.
Doch zu spät. „Ja! Cool!“, kreischten die Mädchen bereits und klatschten in die Hände. „An-nit, An-nit“, skandierten sie dabei.
Denise sah sie mit strahlenden Augen an. „Bitte Annit, das wär so toll.“
Denise’ Blick war so lieb und bittend, dass Annit gar nicht anders konnte, als schließlich zuzustimmen. „Also gut, nach dem Essen.“
Gracia sagte nichts, zog nur die Mundwinkel nach unten und trank ihre Dose leer.
Zum Nachtisch gab es Schokosahnepudding mit frischen Erdbeeren. Als dann das ganze Geschirr weggeräumt war, ging Annit in den Stall und holte Silberstern. Ihre Voltigiernummer wurde ein voller Erfolg. Die Mädchen pfiffen und johlten begeistert und verlangten drei Zugaben. Auch Annit machte es großen Spaß.
Sie hatte zwar schon eine Weile nicht mehr voltigiert, doch nichts verlernt. Außerdem entging ihr das bewundernde Glitzern in Mannitos Augen nicht, der Freund verfolgte jede ihrer Bewegungen aufmerksam. Außer Atem, aber glücklich, verneigte sie sich nach der letzten Übung.
Gleich darauf kam Mannito mit dem CD-Player aus dem Haus und platzierte ihn auf einem der Tische.
Mit spitzen Fingern deutete Gracia verächtlich auf das Gerät. „Was soll das denn jetzt bitte schön werden?“
„Wir machen Musik“, erklärte Hannes. „Ihr könnt ein bisschen tanzen, wenn ihr wollt.“
„Musik? Tanzen?“ Gracia guckte ihn an, als hätte er den Verstand verloren. „Was denn für einen Tanz? Den Ententanz vielleicht? Oder Ringelreia? Und danach spielen wir noch Blindekuh und Topfschlagen, oder was?“ Gracia tippte sich an die Stirn. „Ich glaub echt, ich bin im falschen Film. Wir sind doch nicht beim Kinderfasching!“ Sie schüttelte den Kopf. „Nee danke, ohne mich.“ Sie stand auf und stemmte die Hände in die Hüften. „Mädels, wer von euch hat auch Bock, richtig zu feiern? Wie Erwachsene es tun?“
Zwei Hände schnellten in die Höhe.
Gracia winkte die Mädchen zu sich. „Wir ziehen dann mal los, alleine Party machen“, erklärte sie kess.
Annit hatte Gracias Aktion beobachtet und lief auf die Gruppe zu. „Moment mal, ihr könnt doch nicht
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