Silberstern Sternentaenzers Sohn 09 - Im Land der wilden Mustangs
war.
„Das hört sich ja beinahe an wie ein Schuss“, scherzte Mannito.
Patti warf einen kurzen hektischen Blick in den Rückspiegel und gab Gas. Annit blickte auf Pattis Hände. Sie zitterten.
Dann wieder ein ohrenbetäubend lauter Knall. Diesmal noch näher als zuvor.
„Das ist ein Schuss. Köpfe runter. Alle, schnell!“, brüllte Patti auf einmal. „Duckt euch! Alle! Los runter! Ganz runter! Und bleibt unten, bis ..."
Im selben Augenblick knallte ein weiterer Schuss - diesmal dicht hinter ihrem Fahrzeug. Dann überholte sie ein Wagen mit quietschenden Reifen. Annit hob ganz vorsichtig den Kopf ein Stück weit und blickte neugierig über den Fensterrand nach draußen. In dem Wagen, der an ihnen vorbeiraste, saßen zwei vermummte Männer. Drohend reckten sie Patti die Fäuste entgegen. Dann gaben sie Gas und sausten davon.
„Sie sind weg, ihr könnt wieder hochkommen!“ Patti fuhr jetzt ganz langsam. Sie bemühte sich, so ruhig wie möglich zu sprechen. Doch ihre Stimme vibrierte.
Annit zitterte am ganzen Körper. Ihre Gliedmaßen fühlten sich an wie Pudding. „Wa...?“, begann sie schließlich, musste aber stoppen und schlucken, weil ihr Hals plötzlich staubtrocken war. „Was ist denn passiert?“
„Man hat auf uns geschossen“, presste Mannito entsetzt hervor. Erst sprach er leise, dann immer lauter. Seine Stimme überschlug sich dabei schier. .Jemand hat auf uns geschossen. Mit richtiger scharfer Munition.“
Annit wandte den Kopf und blickte nach hinten. Mannito war kreidebleich. Sie hatte mit dem Freund nun schon einige brenzlige Situationen durchgemacht, doch so aufgelöst hatte sie ihn noch nie erlebt.
„Jemand hat auf uns geschossen. Man wollte uns töten“, stammelte er immer wieder.
Patti fuhr an den Straßenrand und stoppte das Fahrzeug. Für einen kurzen Moment legte sie den Kopf gegen das Lenkrad und versuchte, sich zu sammeln. Schon allein um Annit, Denise und Mannito willen, die in ihrem Auto saßen, durfte sie nicht zulassen, hysterisch zu werden. Sie wusste zwar, dass es nur Warnschüsse gewesen waren, die die beiden Männer aus dem Wagen heraus abgefeuert hatten. Sie wollten sie einschüchtern. Dennoch bekam Patti die Vorstellung nicht aus dem Kopf, was geschehen wäre, hätten die Kugeln jemand getroffen.
Langsam setzte sich Patti wieder auf und begann zu sprechen, brachte aber kein Wort heraus. Sie räusperte sich und machte einen neuen Versuch. „Na ja ... nein ... ach was, so ist das auch wieder nicht“, wiegelte sie rasch ab. „Diese Mistkerle wollten uns nichts tun, sie wollten uns nur ein bisschen erschrecken. Das ist alles, weiter nichts. Die sind feige und trauen sich nur, wehrlose Pferde zu jagen und zu erschießen. Wahrscheinlich waren es ohnehin nur Platzpatronen.“ Ihre Stimme drohte zu versagen, sie räusperte sich erneut. „Sorry, dass ihr das miterleben musstet. Ich hätte euch zu der Versammlung nicht mitnehmen dürfen. Niemals! Nach den Drohbriefen hätte ich das wissen müssen.“ Sie schüttelte den Kopf. „Das war unverantwortlich von mir.“
Annit saß einfach nur da. Zu ihrem eigenen Erstaunen spürte sie keine Angst mehr, sondern nur eisige Wut in ihrem Bauch. Ihr Magen krampfte sich zusammen, und sie musste sich zwingen, einigermaßen ruhig zu sprechen. „Ist ja nichts passiert!“
„Krass! Das glaubt mir kein Mensch, wenn ich das in der Schule erzähle“, murmelte Denise, die auch immer noch unter Schock stand. Sie kauerte auf dem Sitz, hatte die Beine angezogen und die Arme wie schutzsuchend darum geschlungen.
„Wenn uns die Kugeln getroffen hätten, wären wir jetzt tot“, nuschelte Mannito vor sich hin. Er hatte sich in eine Ecke des Autos gedrückt und war immer noch kreidebleich im Gesicht. „Mausetot wären wir. Alle. Und ich würde meine Familie nie wiedersehen. Nie wieder.“
Annit bohrte mit der rechten Hand in ihren linken Arm. „Wie kann man nur so sein? Ich versteh das nicht! Echt nicht!“
„Also Kids, jetzt beruhigt euch mal wieder“, meldete sich nun Patti energisch. Die junge Frau hatte sich inzwischen gefangen und wieder einigermaßen im Griff. „Niemand wollte uns töten, diese Kerle wollten uns nur einen Schrecken einjagen. Sie wollen erreichen, dass wir unsere Aktion zum Schutz der Mustangs stoppen und sie ungehindert jagen können. Aber das werde ich keinesfalls zulassen.“ Sie atmete tief durch, legte die Hände auf das Lenkrad und startete wieder den Wagen. „Und jetzt fahren wir heim.“
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