Silence
ich nicht, als ich das Blatt Papier auseinanderfaltete, blieb mir fast das Herz stehen. Es war eine Nachricht von Giovanni. Wie war sie an diese Nachricht gekomme n? Wann hatte sie ihn getroffen? Um diese Nachricht erhalten zu haben, musste sie einen Weg hier raus kennen. Und wenn sie diesen kannte, warum kam sie dann wieder zurück und blieb nicht in Freiheit?
Ich las den Brief noch einmal und mein Herz schlug kräftig vor Aufregung und Erleichterung. Giovanni ging es gut, und er war ganz in der Nähe.
»Liebste Lisa!
Mir bleibt nicht viel Zeit. Wir sind hier und suchen einen Weg, dich dort rauszuholen. Leider gestaltet sich das nicht so einfach, da das gesamte Gelände durch eine Barriere geschützt ist, die Vampiren den Zutritt verwehrt. Dieses Mädchen kennt den Weg raus, wir sind im Wald auf sie gestoßen. Versuche ihr, bei ihrem nächsten Ausflug zu folgen.
Ich liebe dich, auch wenn du nach Hund riechst.
Giovanni«
Zitternd und mit heftigen Magenkrämpfen klopfte ich gegen Kirstys Tür. Sie reagierte nicht. »Kirsty, mach schon auf«, flehte ich. Ich setzte noch ein »Bitte« nach, als sie noch immer nicht reagierte. Ich hämmerte mit der Faust gegen das Holz. Die Tür des Nachbarzimmers wurde aufgerissen und ich erstarrte, als eine der Lehrerinnen ihren Kopf herausstreckte.
»Lissianna?«, fragte sie. Ihr schwarzes Haar glänzte feucht und um ihren Körper war ein Badetuch gewickelt.
»Es tut mir leid«, entschuldigte ich mich und hoffte, sie konnte die Verzweiflung nicht in meinem Gesicht ablesen. »Ich wollte Kirsty nur … nicht so wichtig.«
Eine Augenbraue im Gesicht der Lehrerin wanderte nach oben. »In fünf Minuten geht das Licht aus, du solltest dich fe rtigmachen.«
Ich warf Kirstys Tür einen letzten traurigen Blick zu und nickte. Dann würde ich morgen mit ihr reden. Auch wenn es mich umbringen würde, die ganze Nacht in meinem Bett zu liegen und zu wissen, Giovanni war irgendwo da draußen. Ich würde morgen nicht eher Ruhe geben, bis Kirsty mir gesagt hatte, wie ich hier raus kam.
Mit einer Mischung aus Erleichterung, Vorfreude, Wut und Enttäuschung stieg ich unter die Dusche und war erleichtert, dass Kate schon schlief, als ich aus dem Bad kam. Auf keinen Fall wollte ich, dass sie mir meine Aufregung anmerkte. Ich musste vorsichtig sein. Hätte mir vor einigen Wochen jemand gesagt, dass der Tag kommen würde, da ich Kate misstrauen würde, hätte ich das niemals geglaubt. Aber ich misstraute ihr tatsächlich. Wie hatte es nur so weit kommen können?
Meine beste Freundin war mir fremd geworden. Und es ließ mich erschaudern, wenn ich daran dachte, wie ernst sie d en Unterricht zu nehmen schien.
Im Nahkampfunterricht heute Vormittag, hätte ich fast glauben können, dass es ihr eine Befriedigung war, ihren Pflock in das Herz einer Vampirattrappe zu rammen. Aber eigentlich schienen alle hier so fanatisch, wenn es um das Töten von Vampiren ging. Und ein wenig verstand ich es auch. Der Unterricht hier kam einer Gehirnwäsche gleich. Diese Schule hatte etwas von einer fanatischen Sekte. Alles hier jagte mir eine Gänsehaut über den Körper. Kate hier zurücklassen zu müssen, tat mir fast schon weh. Aber sie schien das alles hier, nur zu begehrlich aufzusaugen.
Ich hoffte nur, das Kirsty mir helfen würde. Sie war die eine Chance, auf die ich gehofft hatte. Vielleicht war sie die einzige.
29. Kapitel
Konnte es sein, dass Kirsty mir aus dem Weg ging? Als ich am Morgen mit Kate, die mich noch immer wachsam überall hin begleitete, in den Unterricht kam, kam Kirsty erst auf die letzte Minute. Zwischen den Stunden war sie immer die erste, die das Klassenzimmer verließ und die letzte, die es wieder betrat. Auf meine Kontaktversuche durch Gedankenübertragung reagierte sie auch nicht. Sie wusste wohl sehr genau, was ich von ihr wollte.
Während des Mittagessens, hatte sie sich weit genug von mir entfernt gesetzt, um nicht mit mir in Kontakt treten zu müssen, aber in den dreißig Minuten, die uns nach dem Essen immer zur Verfügung standen, um im Gelände spazieren zu gehen, da folgte ich ihr und schaffte es sogar, Kate loszuwerden.
»Du kannst noch ewig versuchen mir aus dem Weg zu gehen, oder du stellst dich mir gleich«, sagte ich, als ich wenige Schritte hinter ihr war.
»Hör zu, ich will nichts damit zu tun haben.« Sie wandte sich zu mir um, und musterte die Lage. Da niemand in unserer Nähe war, schien sie ihre Vorsicht etwas abzulegen. »Das war eine einmalige Sache. Dein
Weitere Kostenlose Bücher