Silenus: Thriller (German Edition)
aus, es sind gerade die Details, die mir solche Sorgen machen.«
George wusste nicht, wo er anfangen sollte. Stanley war nicht fünf Fuß groß und Kingsley nicht vier, und Colette hatte keinen so beeindruckenden Bizeps. Um den Wolf bei Laune zu halten, klärte ihn George lediglich über die fehlerhafte Musterung von Harrys Hose auf und erwähnte, dass Stanley normalerweise eine Krawatte trug. Sofort fragte der Wolf nach der Farbe der Krawatte und der Bundweite von Silenus’ Hose. »Das ist gut, das ist sehr gut!«, sagte der Wolf und schrieb hastig mit, während George redete. »Du hast keine Vorstellung, wie nützlich das ist! Ich bin euch monatelang gefolgt in dem Bemühen, alle Informationen über euch zu sammeln, die ich nur finden konnte! Ich bin meilenweit gereist, um Leute aufzutreiben, die eure Vorstellung gesehen haben, und nun habe ich ein echtes Mitglied des Ensembles hier bei mir … wie groß sind die Chancen, dass so etwas passiert? Das ist perfekt für meine Forschungen.«
»Entschuldigung, aber … Forschungen?«, fragte George.
»Oh, ja«, sagte der Wolf fröhlich. »Wir wollten alles über euch wissen, also habe ich sie darum gebeten, dieses Theater für mich zu übernehmen, denn dann könnte ich an diesem Ort eine eurer Vorstellungen nachbilden! Hier habe ich all meine kleinen Funde gesammelt, all meine kleinen Informationen über dich und dein Künstlerensemble. Dies ist ein Theater, in dem deine Truppe aufgetreten ist, nicht wahr? Ich möchte, dass meine Nachbildung exakt ist.«
»Nun ja, ich habe hier gespielt, ja«, sagte George. »Aber nur ich. Nicht Silenus.«
Der Wolf wirkte entmutigt. »Silenus … war nie hier? Ihr seid nie gemeinsam hier aufgetreten?«
George schüttelte den Kopf.
»Oh. Oje«, sagte der Wolf. »Ich … ich muss einer falschen Information aufgesessen sein, und nun habe ich den falschen Ort ausgewählt. Dann war all das … von Anfang an falsch. Wie konnte ich nur so dumm sein!«, heulte er plötzlich und trat gegen einen der Sitze. So enorm war seine Kraft, dass dieser sauber aus der Verankerung brach und quer durch das Theater flog. »Ich habe hier so viel Zeit vergeudet! Und jetzt werden wir weiterziehen müssen, um ein neues Theater zu übernehmen und wieder von vorn anzufangen!«
George erschrak. Nicht nur, weil er den Wolf hatte bei Laune halten wollen, sondern auch, weil die Übernahme eines neuen Theaters die Zerstörung des Gebäudes und die Vertreibung der Mitarbeiter und Zuschauer bedeutete. Dabei musste auch die arme Irina gestorben sein … Dann erinnerte sich George an Van Hoevers Groll, und er sagte: »Aber Silenus ist einmal hier aufgetreten!«
Der Wolf unterbrach seinen Wutausbruch und blickte auf. »Was?«
»Er ist hier aufgetreten, bevor ich hier gespielt habe! Der Theaterleiter hat ihn gehasst! Also ist das eines von seinen Theatern.«
»Der Theaterleiter?«, wiederholte der Wolf.
»Ja! Als ich hier gearbeitet habe, war er immer noch wegen Silenus’ letztem Auftritt wütend auf ihn. Also sind wir beide, Silenus und ich, in diesem Theater aufgetreten. Nur zu unterschiedlichen Zeiten. Verstehen Sie?«
»Dann … war es also kein Fehler, diesen Ort zu wählen?«
»Nein!«, sagte George und hoffte, dass er sich nicht so verzweifelt anhörte, wie er sich fühlte.
»Oh, schön!«, sagte der Wolf und klatschte in die Hände. »Das ist wirklich eine Erleichterung! Für einen Moment war ich ernsthaft besorgt. Dann ist das eine gelungene Nachbildung, ja?«
»J-ja, absolut«, sagte George.
»Hervorragend. Ganz hervorragend!« Stolz sah sich der Wolf im Theater und unter seinen Attrappen um. Dann nickte er, als wären das verkohlte Dach und die zerstörte Bühne geplante Bestandteile seiner Inszenierung. »Ich wollte erleben , wie es ist, im Publikum zu sitzen und einfach zuzusehen. Nur um ein Gefühl dafür zu bekommen. Ich würde zu gern eine echte Vorstellung sehen. Ah, aber natürlich! Jetzt hab’ ich’s. Du kannst mir einfach erzählen, wo Silenus als Nächstes auftritt, jetzt und hier, das kannst du doch? Vielleicht bekomme ich so eine Gelegenheit, tatsächlich einmal eine seiner Vorstellungen zu erleben.«
George starrte den Wolf an. Er wusste nicht, was er von diesem Manöver halten sollte. Der Wolf konnte doch nicht ernsthaft von ihm erwarten, dass er ihn über seine Freunde aufklärte, oder doch?
Wieder spiegelte sein Gesicht seine Gedanken wider. »Ach«, sagte der Wolf. »Du denkst, ich bin einer von
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