Silenus: Thriller (German Edition)
hättest du deinen Schwanz in der Hose gelassen …«
Stanley stößt Silenus zurück, wirbelt herum und schlägt ihm mitten ins Gesicht. Silenus zuckt zurück, verliert den Halt, rudert mit den Armen und fällt auf den Hintern. Ächzend mustert er Stanley mit einem finsteren Blick. »Stan? Was zum Teufel …?«
Stanley bedenkt ihn mit einem kalten Blick und macht Anstalten, das Büro zu verlassen, um seinen Sohn willkommen zu heißen, doch Silenus richtet sich auf, packt Stanleys Handgelenke und hält ihn fest. »Nicht«, sagt er.
Stanley will ihn abschütteln, aber Silenus lässt nicht los. »Hast du nicht gehört, was ich gesagt habe?«, fragt er. »Dieser Junge ist ein Problem.«
Stanley bückt sich, hebt seine Tafel auf und schreibt: WAS FÜR EIN PROBLEM?
»Du weißt, was für ein Problem«, sagt Silenus. »Wir haben jahrelang daran gearbeitet, unsere Feinde von dir abzulenken. Alles, was ich tue, dient nur dazu, ihre Aufmerksamkeit von dir fort und auf mich zu lenken. Wir haben so hart daran gearbeitet, unsere Verwandtschaft zu verbergen. Sie denken, du bist nur irgendein verdammter Cellist! Wenn wir nun plötzlich mit diesem Jungen herumreisen, dessen Familienähnlichkeit kaum zu übersehen ist, und klar wird, dass er dein Sohn ist, was mag das wohl anrichten? Sie werden wissen, dass du ein Blutsverwandter von mir bist, und dann werden sie auch wissen, dass wir etwas zu verbergen haben. Dieser Junge würde nichts weiter sein als ein riesiger roter Pfeil, der geradewegs auf dich zeigt, Stan! Denk nach!«
Stanley versucht, sich dem Sinn dieser Worte zu verschließen, und schüttelt den Kopf.
»Du weißt, dass ich recht habe«, sagt Silenus. »Wir müssen uns darum kümmern. Ihn irgendwohin schicken. Wo er in Sicherheit ist. Ich weiß, das wird dich zerreißen, Stan, aber es geht nicht anders.«
Stanley schreibt: WIR KÖNNEN IHN BEI UNS BEHALTEN. HIER IST ER SICHER. ER WIRD UNSER GEHEIMNIS WAHREN.
»Wir könnten ihm nichts davon erzählen, Stan. Der Junge ist sechzehn, und ich weiß, du willst das nicht hören, aber er ist höllisch leichtfertig und arrogant. Vielleicht können wir es ihm eines Tages erzählen. Aber nicht jetzt. Jetzt müssen wir ihn irgendwohin schicken, weit, weit entfernt von uns.«
Plötzlich leuchten Stanleys Augen auf. Er sieht Silenus an, und seine Begeisterung verblasst wieder. ER KANN BLEIBEN, schreibt er.
»Ich habe dir doch gesagt, wir …«
Aber Stanley schreibt schon wieder. MÜSSEN KEINE AUFMERKSAMKEIT AUF MICH LENKEN.
»Und wie willst du das anstellen?«, fragt Silenus.
DER JUNGE GLAUBT, DU BIST SEIN VATER.
»Und?«
Die nächsten Worte schreibt Stanley langsam, so, als würde er eine Vereinbarung unterzeichnen, die er schon in diesem Moment bedauert. WAS SPRICHT DAGEGEN, IHN IN DEM GLAUBEN ZU LASSEN?
Silenus runzelt die Stirn, als er die Nachricht liest, und sieht Stanley staunend an. »Was, ich? Soll so tun, als wäre ich sein Vater? Oh, nein. Nein, nein, nein.«
Stanley setzt sich neben Silenus auf den Boden. Silenus schüttelt immer noch den Kopf. »So etwas könnte ich nicht, Stan«, sagt er. »Sieh mich doch nur an. Für so etwas bin ich ganz und gar nicht geschaffen. Es wäre fürchterlich.«
DIE SICHERSTE UND EINFACHSTE MÖGLICHKEIT. DAS WEISST DU, schreibt Stanley.
Silenus mustert ihn misstrauisch. »Du würdest das wirklich tun? Du würdest deinen Sohn glauben lassen, jemand anderes wäre sein Vater?«
Stanley seufzt und schreibt: WAS IMMER NÖTIG IST, UM IHN IN MEINER NÄHE ZU HABEN.
Das Echo verblasste. Andere fluteten Georges Geist, eines nach dem anderen. Wieder blitzte eines besonders hell auf, und er sah …
… Stanley in einem Gemischtwarenladen. In einer Hand hält er eine Tasche mit zwei maßgeschneiderten Anzügen und einer Packung Sahnebonbons. In der anderen hat er eine weitere Tasche, und die enthält Kämme, Rasiermesser, Schuhe, etwas Rasierwasser und einige Bücher.
»Ziemlich große Ausbeute haben Sie da«, sagt der Verkäufer. »Hat jemand Geburtstag?«
JA, schreibt Stanley. MÜSSEN VIELE GEBURTSTAGE NACHHOLEN.
»Das kann ich verstehen«, sagt der Verkäufer. »Ich habe selbst zwei Jungs. In meinem alten Job bin ich viel gereist und habe sie kaum gesehen. Aber ich bin froh, dass ich jetzt wieder zu Hause bin.«
Stanley nickt, doch dann runzelt er die Stirn und mustert die Tasche mit den Kinkerlitzchen. Jetzt wirken sie plötzlich noch kleiner. Größtenteils ist das nur billiges Spielzeug.
»Was ist los?«, fragt der
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