Silenus: Thriller (German Edition)
Verkäufer. »Nicht das, was Sie wollten?«
Stanley seufzt und schreibt: NEIN. ABER DAS IST ALLES, WAS ICH KRIEGEN KANN.
… mehr Echos, mehr und mehr, die unzählige Jahre, Ausblicke und Leben beinhalteten, wieder tauchte eines vor George auf und darin war …
… ein Bahnhof. Es ist schrecklich kalt draußen, aber Stanley steht am Bahnsteig und weigert sich zu gehen. Er sieht zu, wie die Eisenbahn kleiner wird und in der Ferne verschwindet, zusammen mit seinem Sohn und seinem Großonkel, und er wischt sich erneut die Tränen mit dem Taschentuch ab. In der anderen Hand hält er eine goldene Taschenuhr.
Er steckt das Taschentuch weg und starrt die Uhr in seiner Hand an. Runzelt die Stirn, dreht sie hin und her, erfasst all ihre Fehler: das verkratzte Glas, das angeschlagene Gehäuse, die Aufzugskrone, die sich gelockert hat und nun schief auf der Uhr sitzt. Sein Gesicht verzieht sich zu einem Ausdruck des Abscheus angesichts seines armseligen Geschenks, und er stopft sie in die Tasche und verlässt den Bahnsteig.
Mitten auf der Straße bleibt er stehen und schüttelt stöhnend den Kopf. Wieder sieht er sich nach dem Zug um, doch der ist längst fort. Er zieht eine geballte Faust aus der Tasche und schlägt sich damit an den Kopf, und bei jedem Schlag stöhnt er wieder ein bisschen. Dann streckt er beide Hände dem Himmel entgegen, als wollte er die Luft zu einem Schrei in seinen Leib hineinpressen.
Die Luft um ihn herum erbebt. Irgendwo aus seinem Inneren ertönt das Geräusch vieler Stimmen, die leise singen. Und Stanley, der diese Echos schon so lange in sich hat, wünscht sich nichts mehr, als sie einfach gen Himmel zu werfen und unter dieser Bürde hervorzukriechen, die sein ganzes Leben bestimmt hat.
Beinahe tut er es. Doch im letzten Moment lässt er die Arme fallen und steht geschlagen mit gesenktem Kopf da. Er greift in die Tasche und zieht die Uhr wieder hervor. Er starrt sie an, und langsam breitet sich ein Ausdruck des Unwillens in seinem Gesicht aus. Dann wirft er die Uhr zu Boden und trampelt mit einem Fuß auf ihr herum.
Als das Knirschen des Glases über die Straße hallt, weicht all der Zorn aus seinem Gesicht. Ihm stockt der Atem, so schockiert ist er über das, was er getan hat. Er zieht den Fuß weg und starrt hinab auf das gesplitterte Glas und die winzigen, hauchzarten Zahnrädchen, die verbogen auf dem Pflaster liegen. Ein Familienerbstück, zerstört in einer Sekunde des Zorns. Wieder stöhnt er leise. Schon jetzt bedauert er seine Tat, und er bückt sich und hebt einige der Bauteile der Uhr auf und birgt sie in seiner Handfläche.
Schließlich setzt er sich und sammelt weitere Teile ein, und als er das tut, fängt er erneut an zu weinen. Er schaut zum Himmel auf und reckt ihm eine Handvoll kaputter Uhrbauteile entgegen, als wollte er eine unsichtbare Macht bitten, seine unbedachte Tat ungeschehen zu machen oder vielleicht auch herunterzukommen, um zu reparieren, was er zerstört hatte. Aber nichts geschieht, und so seufzt er leise und lässt den Kopf hängen.
Schließlich sammelt er auch die übrigen Teile der Uhr ein und wickelt sie in sein tränenfeuchtes Taschentuch. Dann steht er auf, sieht sich erneut in die Richtung der Eisenbahn um und macht sich nach einem weiteren Seufzer auf zum Hotel, um dort auf die Rückkehr seines Großonkels zu warten. Und auf das Einzige, was er in dieser Welt immer noch hoch schätzt: sein einziges Kind.
Und als dieses Echo verblasste, stürmten noch mehr auf George ein. Das Wissen um diese Augenblicke war so enorm, er wünschte, er könnte sich einfach losreißen, aber Stanley hielt ihn fest, während er ihm die unzähligen Echos übergab, um die all die Truppen gekämpft und die sie gesammelt hatten, Äonen voller Mühsal, unfassbar viele Informationen, unfassbar viel Geschichte. Und obwohl diese Eindrücke beinahe ausreichten, ihn zu vernichten, spürte George immer noch, dass diese Echos glücklich waren: Nachdem sie Ewigkeiten hatten warten müssen und durch die ganze Welt getragen worden waren, waren sie endlich mit ihrem vermissten Geschwister vereint, jenem großen Stück der Weise, das George seit seiner Kindheit in sich getragen hatte.
George konnte es nicht sehen, aber die Äste all der Bäume um ihn herum, ob sie umgefallen waren oder noch standen, beugten sich zu ihm, als würden sie von einem unsichtbaren Gewicht herübergezogen. Steine drehten sich auf dem Boden und zeigten direkt auf ihn. Und oben auf dem Hügel änderten
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