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Silenus: Thriller (German Edition)

Silenus: Thriller (German Edition)

Titel: Silenus: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jackson Bennett
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ihrer diskutierenden Kollegen zurück. George sah ihr nach. Er fühlte sich schrecklich allein. Schließlich lehnte er sich auf die andere Seite, legte den Kopf an die Fensterscheibe und sah zu, wie draußen die mitternächtliche Landschaft vorbeiraste.
    Als die Truppe ihre Besprechung abgeschlossen hatte, stand Silenus auf, trat in die Mitte des Waggons, in dem außer ihnen niemand saß, und sagte: »Also gut. Es ist spät. Ich schlage vor, wir gönnen uns alle so viel Schlaf wie möglich. Morgen haben wir einen freien Tag, aber Montag werden wir in aller Frühe proben müssen.«
    »Ich hasse es, ohne unsere Sachen zu reisen«, sagte Colette. »Hast du eine Vorstellung, wie es sich anfühlt, so ausstaffiert zu schlafen?« Sie deutete auf die weißen Strümpfe, die von ihrem Mantel nur teilweise verdeckt wurden.
    »Hör zu, niemand ist glücklich mit der augenblicklichen Situation, aber wir werden uns damit arrangieren müssen«, sagte Silenus. »Sieh mich an. Denkst du, mir gefällt es, dass ich immer noch in meinem Bühnenkostüm stecke?«
    »Ich habe einen Pyjama im Gepäck«, sagte George, begierig, Colettes Aufmerksamkeit zu erregen. »Sie können ihn für heute Nacht ausleihen, wenn Sie mögen. Er ist aus Seide und sehr kleidsam.«
    Sie bedachte ihn mit einem eisigen Blick. »Dir ist hoffentlich bewusst, dass ich einen halben Fuß größer bin als du und dazu ein Mädchen?«
    George machte ein langes Gesicht. »Na ja, nein … ich meine, ja, sorry, mir ist aufgefallen, dass Sie ein Mädchen sind, aber …«
    »Schluss damit«, sagte Silenus. »Ihr solltet euch alle ein bisschen im Schlafwagen hinlegen. In einigen Stunden sind wir im Hotel, und dort könnt ihr nachholen, was ihr bis dahin verpasst habt.«
    »Und wenn Sie uns zu dem neuen Hotel folgen?«, fragte Colette.
    »Dann werden wir improvisieren«, sagte Silenus. »Was umso schwerer werden wird, wenn wir alle todmüde sind. Also los jetzt.«
    Alle, mit Ausnahme von Stanley, der seitlich auf einer Bank auf der anderen Seite des Gangs saß, verließen den Waggon. Franny murmelte: »Ich schätze, ich gehe mal in den Speisewagen«, als sie hinausging. George stand auf, um den anderen zum Schlafwaggon zu folgen, doch Silenus legte ihm eine Hand auf die Schulter und drückte ihn wieder auf den Sitz. »Du nicht«, sagte er. »Wir müssen uns unterhalten.«
    Silenus setzte sich neben George. Er roch nach altem Tabak und Zedernholz, vermengt mit Lokomotivenrauch. Einen Augenblick grummelte er vor sich hin. Dann griff er in seine Tasche und holte eine kleine Flasche heraus. Er nahm einen tiefen Schluck und bot sie George an. »Lust auf einen Drink, Junge?«, fragte er. »Ich kann mir vorstellen, dass er dir guttut, wenn ich bedenke, was du heute erlebt hast.«
    George nahm die Flasche und gestattete sich ein winziges Schlückchen. Dabei bemühte er sich, keine Miene zu verziehen, doch sein Gesicht gehorchte nicht.
    »Göttliches Feuer zum Trinken. Chin chin«, sagte Silenus.
    »Ist das Single Malt?«, fragte George und unterdrückte einen Hustenreiz.
    Silenus musterte ihn gestreng. »Nein. Nein, das ist kein Single Malt.«
    »Verstehe«, sagte George. »Eigentlich hatte ich das auch nicht geglaubt, aber, wissen Sie, einige der Islays haben ein ähnliches Aroma. Darum habe ich gefragt.«
    Silenus sah ihn noch ein wenig länger an. »Wie alt bist du, Junge?«
    »Ich bin fast siebzehn.«
    »Sechzehn also? Hätte ich nie gedacht.«
    »Oh, danke«, sagte George stolz, obwohl in Silenus’ Ton eine Schärfe gelegen hatte, die ihn daran zweifeln ließ, dass diese Bemerkung ganz aufrichtig gewesen war.
    Silenus nahm die Flasche wieder an sich und trank einen Schluck, gegen den Georges Schlückchen kaum ins Gewicht fiel. Seinen roten Augen nach zu schließen, war dies der letzte einer langen Reihe gewesen. »Die Leute sagen, das Zeug hier wäre nichts für junge Menschen, aber sie sagen auch, es wäre nichts für alte Menschen. Und sieh dir mich an. Manchmal ist das das Einzige, was mich aufrecht hält, das schwöre ich bei welchem verdammten Gott du willst, also was wissen die schon.« Er starrte zum Fenster hinaus. Der Waggon rappelte und klapperte, als der Zug der Schneise durch die Landschaft folgte, und das Licht wurde etwas trüber.
    »Anstrengender Tag, was, George? Wie würdest du das einschätzen? War es ein Sieg? Eine Niederlage? Oder ein Patt?«
    »Ich bin nicht sicher, Sir. Um ehrlich zu sein, ich … ich weiß im Grunde gar nicht, was da vorgeht.«
    »Nenn

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