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Silenus: Thriller (German Edition)

Silenus: Thriller (German Edition)

Titel: Silenus: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jackson Bennett
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würdest du tun?«
    »Für jemanden, den du nicht kennst?«, wollte der alte Mann wissen.
    »Du kannst ihm nicht trauen«, mahnte die Frau.
    Das Mädchen reckte die Hand hoch, und sie verstummten. Sie ergriff Georges Hand und drehte ihn sanft um. Ihre Finger fühlten sich weich und warm an. Dann ging sie im Kreis um ihn herum, und ihre grünen Augen musterten ihn von oben bis unten. Ihr Blick war äußerst scharf und bohrend, und bald fühlte George sich unbehaglich, beinahe, als wäre er nackt und sie könnte jeden Zentimeter von ihm erkennen, ohne dass er irgendetwas dagegen tun konnte.
    »Etwas an ihm ist anders«, sagte das Mädchen.
    »Anders?«, fragte die Frau. »Für mich sieht er ganz gewöhnlich aus.«
    »Vielleicht ist das eine Falle«, warnte der Mann in Orange. »Vielleicht verbirgt sich eine Gefahr in seinem Inneren.«
    »Etwas verbirgt sich in seinem Inneren, ja«, bestätigte das Mädchen überrascht. »Und … ich glaube, dass es gefährlich ist, aber nicht für uns.«
    »Dann kannst du ihm nicht ruhigen Gewissens Protektion gewähren«, sagte die Frau. »Nicht wenn er für jemanden gefährlich sein könnte. Es gibt kaum eine größere Schande als einen Begünstigten, der sich als unwert erweist.«
    Das Mädchen musterte ihn immer noch. Dann schüttelte es den Kopf. »Nein, das halte ich für unwahrscheinlich. Ja. Ja, ich denke, ich werde es tun. Ich werde ihm Protektion gewähren.«
    Der alte Mann sah sie mit ernster Miene an. »Seit vielen, vielen Jahren hat niemand von uns irgendjemandem Protektion gewährt. Bist du sicher, dass du das tun willst?«
    »Wie er gesagt hat, er ist Künstler. Und mir steht es frei, den Mäzen für jede mir genehme Person zu geben«, sagte sie.
    »Aber er könnte ein Nichts sein«, wandte der alte Mann ein. »Ein unmusikalischer Klimperer, ein dummer Tölpel!«
    »Wie kannst du sein Mäzen sein, wenn du seine Musik noch gar nicht gehört hast?«, fragte die Frau. »Sogar die unbedeutenderen Winde werden sich dafür schämen! Ist es wirklich dein Ernst, dass du diesem … diesem Jungen Protektion gewähren willst?«
    Sie sah George an, dachte nach und lächelte. »Ja.«
    Der Mann in Orange nickte unglückselig. »Nun, dann können wir nichts dagegen einwenden. Der Pianist genießt deine Protektion und soll leben. Obwohl wir nicht sehen, wie er dir je von Nutzen sein könnte.«
    »Dass ihr dergleichen nicht seht, davon bin ich überzeugt«, entgegnete das junge Mädchen.
    »Sind wir hier fertig?«, fragte die Frau. »Das war eine aufregende Abwechslung, aber wir haben unsere Länder und unsere Herden, um die wir uns kümmern müssen.«
    »Richtig«, sagte der alte Mann. »Der Sturm verausgabt sich, und ich muss das, was übrig bleibt, an einen anderen Ort treiben. Ich schließe die Zusammenkunft mit dem aktuellen Stand.«
    »Achte darauf, dich auf den Zweck deines Guts zu beschränken, Boreas«, empfahl die Frau. »Wenn deine Brisen genug gespielt haben, dann sammele sie alle ein, jede einzelne von ihnen. Einmal habe ich eine von ihnen westlich von hier entdeckt, lange, nachdem dein Gut dich verlassen hat, und ich habe es nicht vergessen.«
    Der alte Mann reckte die Nase hoch in die Luft und marschierte die Gasse hinunter in den Schnee. Der Wind lebte auf, und er schien zu verschwinden. Die Frau sah die anderen an, nickte und ging die Gasse im Osten hinab. Als sie den Vorhang aus Schnee berührte, schien der Wind auch sie zu holen.
    Der Mann in Orange musterte George ausgiebig und bedachte ihn mit einem unangenehmen Lächeln. »Ich hoffe um deinetwillen, dass das Glück auf deiner Seite ist, Junge. Wir gewähren nur wenigen Protektion, denn viele, die wir schätzen, finden ein unerfreuliches Ende. Und solltest du uns Schande bereiten, dann glaube ich nicht, dass irgendjemand sich die Mühe machen wird, Boreas aufzuhalten.« Damit machte er kehrt und ging durch den Durchgang auf der Südseite. Der Wind lebte auf, der Schneevorhang erbebte, und er war fort.
    Sofort fiel der Schnee in dichten Schwaden überall auf dem Innenhof. George keuchte erschrocken auf, als sich die Flocken in seinem Kragen sammelten. Das junge Mädchen gab einen missbilligenden Laut von sich und neigte den Kopf zur Seite, und der Schneefall legte sich wieder.
    »Das hätte er sich sparen können«, meinte sie.
    »Wie … wie ist das passiert?«, fragte George. »Warte, wo sind sie hingegangen? Kommen sie wieder zurück?«
    »Beruhige dich«, sagte sie. »Du bist vorerst in Sicherheit. Und ich

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