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Silenus: Thriller (German Edition)

Silenus: Thriller (German Edition)

Titel: Silenus: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jackson Bennett
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glaube nicht, dass er meint, was er gesagt hat.«
    »Wer sind die? Warum … warum wollten sie mich umbringen?«
    »Sie sind so etwas wie Handwerker«, sagte sie. »Oder vielleicht wäre Hirten der passendere Begriff. Wir treffen uns hier, um darüber zu sprechen, was wir zu tun beabsichtigen. Was wir hier bereden, ist extrem vertraulich, darum waren sie schockiert, als sie festgestellt haben, dass du gelauscht hast. Aber ich habe erkannt, dass du nur durch Zufall hier warst, Junge. Es war nicht deine Schuld, dass du alles mitgehört hast.«
    »Wie um alles in der Welt bist du an die geraten?«
    Sie setzte eine bekümmerte Miene auf. »Ich bin nicht an sie geraten. Sie sind meine Familie.«
    »Diese Leute sind deine Familie?«, fragte er. »Sie haben dir gar nicht ähnlich gesehen, und sie haben dich auch nicht gut behandelt.«
    »Familien sind kompliziert. Vor allem, wenn ein Familienmitglied besonders beliebt ist, was bedauerlicherweise auf mich zutrifft. Und ich werde die nächste Zusammenkunft leiten, und sie behandeln den Nachfolger immer besonders schäbig, vielleicht, um sich Vorrechte zu sichern. Das muss man wohl so hinnehmen.« Sie warf ihm einen scharfen Blick zu. »Eine viel wichtigere Frage lautet: Wer bist du?«
    »Oh, tut mir leid. Ich bin George«, sagte er und hielt ihr die Hand hin.
    Sie starrte sie an, schaute ihm dann ins Gesicht, schüttelte ihm aber nicht die Hand. »Was machst du hier, George?«
    »Na ja, ich … ich habe mich verirrt«, stotterte er. »Ich hatte einen furchtbaren Tag und bin rausgegangen, um mich ein bisschen abzukühlen … Aber dann wusste ich nicht mehr, wo ich bin, und es hat angefangen zu schneien, und ich bin auf diesen Hof gelaufen, weil ich Schutz vor dem Schnee gesucht habe, und … und ich weiß nicht mal, wie ich zurück zu meinem Hotel komme.«
    Sie schürzte die Lippen und dachte nach. »Welches Hotel ist das?« Er erzählte es ihr, und sie legte erneut den Kopf schief, doch dieses Mal sah es aus, als lausche sie auf etwas. »Ich weiß, wo das ist«, sagte sie.
    »Wirklich?«
    »Ja. Ich war schon einmal dort.«
    »Kannst du mich hinbringen?«
    Sie lächelte. »Seit langer Zeit ist mir so gut wie jeder Winkel dieser Stadt und vieler anderer bekannt. Ich kenne eine Menge Orte. Dieser sollte kein Problem darstellen.« Sie ging den westlichen Weg voran, und George folgte ihr.
    Als sie den Vorhang aus Schnee fast erreicht hatten, schien es, als würde er sich zurückziehen, bis der Schneefall auf der Straße vor ihnen erlahmte. Das Mädchen achtete gar nicht darauf, aber George hielt inne und blickte zum Himmel hinauf. Es war, als würde ein Windstoß die Wolken direkt über ihnen zerteilen wie einen Vorhang und den Weg vor ihnen vom Schnee freihalten. Er wollte gerade etwas sagen, als der Windstoß sich offenkundig zu weit entfernt hatte und Schneeflocken auf seine Mütze rieselten. George beeilte sich, zu dem Mädchen aufzuholen, das weiter die Straße hinuntergegangen war.
    »Das ist komischer Schnee«, sagte er. »Er ist extrem punktuell. Aber vielleicht ist das hier draußen so. Hier scheint alles anders zu sein.«
    Das Mädchen musterte ihn aus den Augenwinkeln. »Du bist zum ersten Mal draußen in der Welt, nicht wahr?«
    »Nein«, widersprach George gekränkt. »Ich … ich bin einfach mehr gereist, als ich es gewohnt bin.« Kurz trat Schweigen ein. Dann: »Ist das so offensichtlich?«
    »Sehr. Du musst mehr auf der Hut sein.«
    Er seufzte. »Es scheint, als hätte ich in jüngster Zeit nur falsche Entscheidungen getroffen. Ich komme mir so dumm vor.«
    »Es kann ganz einfach sein, in der Welt zurechtzukommen«, sagte das Mädchen. »Zumindest ist es das, wenn du eines stets bedenkst: Es gibt einen Unterschied zwischen der Art, wie die Dinge zu funktionieren scheinen, und der Art, wie sie es wirklich tun. Du musst dein Auge schulen, um beides zu unterscheiden. Allerdings sagt mir mein Gefühl, dass du es nur ein kleines bisschen schulen musst.«
    George lachte unglücklich auf. »Meinst du? Mir scheint, ich habe in dem Punkt bisher jämmerlich versagt.«
    Das Mädchen blieb stehen und sauste um ihn herum. Er musste selbst abrupt innehalten und hätte sie beinahe umgerannt.
    »Denk an den Innenhof. Wie hast du hineingefunden?«, fragte sie. »Wie konntest du uns sehen?«
    »Wie?«, wiederholte George. »Ich weiß es nicht. Ich habe euch einfach gesehen.«
    »Aber so etwas passiert nie. Ich kann mich nicht erinnern, wann so etwas zum letzten Mal passiert

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