Silicon Jungle
ähnliche User ansah, konnte er ähnliche Interessen bestimmen und somit weitere Anfragen, die sie möglicherweise noch eintippen würden. Sobald er die Idee hatte, war es ein Kinderspiel, das Programm zu schreiben. Er brauchte nicht mal eine Stunde dafür. Als er sich anschließend ein paar Vorhersagen genauer ansah, hielt er einige für nachvollziehbar, die meisten aber für eher unwahrscheinlich. Einen Moment lang überkam ihn Panik. Er überlegte, die Fehler manuell zu beheben. Nachdem er weniger als zehn behoben hatte, stand ihm deutlich vor Augen, was er die ganze Zeit gewusst hatte. Es gab einen Grund dafür, warum sie Vorhersagen für 50 000 Leute haben wollten – um sicherzustellen, dass jede manuelle Nachbesserung sinnlos wäre.
Stephen stand auf, um sich etwas zu trinken zu holen, und sah sich zum ersten Mal im Saal um. In so einer Szenerie hatte er sich schon seit Jahren nicht mehr bewegt: Leute, die fieberhaft arbeiteten, ohne ihre Umgebung überhaupt noch wahrzunehmen, und sie alle waren hier, weil sie hier sein wollten, nicht, weil sie es mussten. Er hielt Ausschau nach Anzeichen für Stress, doch niemand hier hielt sein Gesicht in den Händen vergraben oder war in seinem Stuhl zusammengesackt. Vielleicht war es einfach noch zu früh – obwohl er gehofft hatte, erste Einbrüche in der Konkurrenz zu entdecken.
Er warf wieder einen Blick zurück auf seinen Bildschirm, voll mit schauderhaft verfasstem Computercode, das Ergebnis von einer Stunde Arbeit. Das war mies, es ergab so gut wie keinen Sinn, und es war weiß Gott nichts, worauf er stolz sein konnte. Seine Collegeprofessoren würden ihm wahrscheinlich sein Diplom aberkennen, wenn sie sehen könnten, was für ein Chaos aus Code und vermeintlicher Logik er hier zusammenstoppelte. Allerdings hätten seine Professoren sehr wahrscheinlich auch nicht das Zeug dazu gehabt, bei Ubatoo zu landen. Hör auf, dich mit solchen Gedanken abzulenken, ermahnte er sich und setzte sich wieder hin, ohne etwas zu trinken zu holen. Er legte die Hände auf die Tastatur, spielte mit den Tasten und dachte wieder ernsthaft darüber nach, was er als Nächstes tun sollte.
Als die Erleuchtung schließlich kam, lag sie, wie im Rückblick meistens, auf der Hand. Die User benutzten für ihre Internetsuche Mobiltelefone, was bedeutete, dass ihr Standort wahrscheinlich ein wichtiger Anhaltspunkt war. Wer in Kalifornien war, suchte, wie empirische Daten belegten, wahrscheinlich eher nach einem Sushirestaurant als jemand in Nebraska. Die Aufgabe gestaltete sich jetzt einfacher. Dem von ihm erstellten Ähnlichkeitsprofil der Leute fügte er deren Standort hinzu (z. B. wurde Jane nur dann als ähnlich zu John eingestuft, wenn Jane sich geografisch an einem ähnlichen Ort befand wie John).
Zwei Kaffeepausen und einen Snack später hatte er das Gefühl, eine annehmbare Lösung gefunden zu haben. Er probierte den veränderten Algorithmus an ein paar von den 50 000 Usern aus. Die Ergebnisse sahen besser aus als zuvor. Also ließ er von dem Programm die Antworten für alle User generieren, ohne sie sich hinterher anzusehen. Wenn er einen Blick darauf geworfen hätte, hätte er vielleicht nicht widerstehen können, das Programm noch weiter zu optimieren. Doch er war schon fünfundvierzig Minuten später dran als geplant, und so blieb keine Zeit für Verbesserungen. Sobald die Antworten da waren, schickte er sie ab und hielt den Atem an. Kaum hatte er sich zurückgelehnt, da erschien auch schon eine Nachricht.
Glückwunsch, Aufgabe 1 wurde befriedigend gelöst.
Drücken Sie eine beliebige Taste, um Aufgabe 2 aufzurufen.
Stephen war selbst überrascht, wie froh er war. Im Vergleich zu der Arbeit, die er als Kopf seiner eigenen Firma geleistet hatte, fiel die soeben bewältigte Aufgabe kaum ins Gewicht. Dennoch, bei dem Gedanken, demnächst vielleicht für Ubatoo zu arbeiten und Zugriff auf all das zu haben, was das Unternehmen zu bieten hatte (was das genau umfasste, wusste er zwar nicht, nur dass es eine Menge war), wurde ihm vor Aufregung geradezu schwindelig.
Data-Mining-Aufgabe 2: Nadeln & Heuhaufen
Von den 100 000 Usern, die daraufhin durchleuchtet wurden, ob sie in das Profil passten, das wir suchten, kauften 78 einen Pkw, der mehr als 161 000 Dollar kostete. Wir verraten Ihnen, wer 40 von ihnen sind. Ihre Aufgabe ist es, die anderen 38 zu finden.
Sie erhalten Zugriff auf die E-Mails, die sie im Laufe des letzten Jahres über Uba-Mail verschickt
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