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Silicon Jungle

Silicon Jungle

Titel: Silicon Jungle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shumeet Baluja
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jedem fehlendem Mitarbeiter mehr Verlust als jede andere Gruppe hier. Was ist passiert?«
    Atiq war sich nicht sicher, ob er auf die Fehler in Xiaos Logik hinweisen sollte oder ob das eine rhetorische Frage war. »Xiao, wir mussten sehr viel umstrukturieren, um dahin zu kommen, wo wir jetzt sind. Noch in diesem Quartal werden wir das Einstellungsziel erfüllen …«
    »Atiq, ich will keine Entschuldigungen hören. Das sollten Sie doch wissen. Es ist ein schwieriges Projekt. Klar. Ich will bloß wissen, ob Sie meinen, mit der Verantwortung und dem Wachstumsziel allein fertigzuwerden? Wir befinden uns derzeit in einem Hyperwachstumsumfeld. Es ist genau wie 1999. Aber diesmal haben wir alles richtig hingekriegt und sitzen sozusagen auf einer Rakete. Neue Leute einzustellen ist jetzt das Wichtigste. Genau, wie Sun Tzu gesagt hat: ›Zwar haben wir von dummer Hast im Kriege gehört, doch mit langen Verzögerungen wurde noch nie ein Sieg errungen.‹ Für uns heißt es, volle Kraft voraus. Verstehen Sie, was ich sagen will?«
    Da war es schon, das Zitat aus Die Kunst des Krieges . So beendete Xiao gern einen Wortwechsel, als würde er einen heiligen Text zitieren (beziehungsweise falsch zitieren, falls auf die Geschichtsschreibung Verlass war), der unumstößliche Wahrheiten enthielt.
    Selbst nach all den Jahren der Zusammenarbeit machte dieser Augenblick Atiq noch immer verlegen. Irgendwann würde Xiao weiterreden. Bis dahin würde er ihn zappeln lassen.
    »Atiq, ich will Ihnen helfen, erfolgreich zu sein. Wie wär’s, wenn Sie den Praktikantenwettbewerb übernehmen, den Lynn für dieses Jahr vorbereitet? Der liefert meistens ein paar gute Leute, die wir später fest einstellen können.«
    »Xiao, Lynn wäre bestimmt enttäuscht. Sie ist seit Wochen damit beschäftigt, diese Praktikantensache zu organisieren.« Atiq hatte absolut keine Lust, sich um den Wettbewerb zu kümmern. Es gab zu viele mittelmäßige Kandidaten, die ausgesiebt werden mussten.
    »Ja, aber Lynns Einstellungsquote ist ausgezeichnet, Atiq. Ihre Gruppe ist es, die mir Sorgen macht. Ich halte es für das Beste, wenn Sie den Wettbewerb übernehmen.«
    Füge dich der Strafe. »Ich rede heute mit Lynn.«
    »Danke, Atiq. Noch eine Sache, bevor Sie gehen. Ihr Quartalsbonus steht an. Was meinen Sie, wäre für dieses Quartal angemessen? Am besten, wir klären das jetzt gleich, sonst ist die Auszahlung längst überfällig, bis ich dazu komme, mich darum zu kümmern.«
    Das war nun wirklich neu. Normalerweise kamen die Bonusschecks in einem verschlossenen Umschlag, und über die Summen wurde nie gesprochen.
    »Ich weiß nicht, Xiao. Ich denke, es war alles in allem ein ziemlich gutes Quartal. Touchpoints ist dem Zeitplan voraus.«
    »Kommen Sie, Atiq. Nennen Sie eine Zahl«, sagte Xiao, während er auf seiner Tastatur herumtippte. »Ich hab das Kalkulationsblatt auf dem Bildschirm. Sagen Sie mir einfach, wie viel Sie brauchen, damit Sie Gas geben und im nächsten Quartal tatsächlich mal Ihr Einstellungsziel erreichen.«
    Diese kleinen Sticheleien waren eine der reizenden Eigenarten von Xiao, über die Atiq tunlichst hinwegsah. Im Gegensatz zu Xiao, der den Kapitalismus wie eine Religion voll und ganz verinnerlicht hatte, fiel es Atiq schwer, so hemmungslos über Geld zu sprechen. Weder in seiner Kindheit und Jugend noch jetzt in seiner eigenen Familie wurden Geldangelegenheiten so offen besprochen. Seine Eltern waren nicht religiös, aber aus ihrer eigenen gemäßigt islamischen Erziehung hatten sie die Überzeugung beibehalten und an ihre Kinder weitergegeben, dass Geld nicht gehortet, sondern geteilt werden sollte. Es wäre gut, wenn es ihm gelänge, das auch an seine Kinder weiterzugeben, falls es dafür nicht schon zu spät war. Bei Xiao aber kamst du mit Schüchternheit und Bescheidenheit nicht weit.
    »Tja, letztes Quartal waren es 400 000 Dollar, und dieses Quartal war nun wirklich sehr gut. Trotz der niedrigen Einstellungsquote läuft bei Touchpoints alles wunderbar, und wir haben schon mehr Umsatz gemacht als erwartet. Die Entscheidung liegt natürlich bei Ihnen, aber wie wär’s mit 450 000?«
    »Alles klar. Danke, Atiq. Vergessen Sie nicht, noch heute mit Lynn zu sprechen.«
    Atiq lächelte. Immerhin ein kleiner Lichtblick. Er streckte die Hand aus, und Xiao schüttelte sie fest, mit einem breiten ehrlichen Lächeln. Ohne ein weiteres Wort verließ Atiq den Raum. Noch ehe er draußen war, tippte Xiao $399.999 in das Formblatt ein und schickte es

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