Silicon Jungle
unterschiedlichen Fachkenntnissen dabei. Yuri natürlich, Andrew, Stephen und Kohan. Letztere hatten als Teil der Touchpoints-Gruppe unbeschränkten Zugang zu den Ubatoo-Datenbeständen. Andrew tat das, was achtzig Prozent der Praktikanten bei Ubatoo ta-ten – er designte automatisierte Verfahren zur Analyse von Websites und E -Mails. Rob wiederum gehörte zu der Gruppe, die dafür sorgte, dass bei Ubatoo alles nicht nur ästhetisch ansprechend aussah, sondern auch benutzerfreundlich war. Er peppte Yuris Demo nicht nur optisch auf, sondern sorgte vor allem für emotionalen Aufruhr und das damit verbundene Drama.
»Yuri, tust du mir einen Gefallen?«, fragte Rob, gleich nachdem er das Demo gesehen hatte. »Hast du Los Gatos schon auf deiner Karte?«
»Klar«, erwiderte Yuri. Er bewegte den Kartenausschnitt auf dem Bildschirm von der Gegend um Ubatoo weg und zog den Cursor nach Süden Richtung Los Gatos. »Bitte sehr. Willst du dir eine bestimmte Adresse ansehen?«
»Kann ich mal kurz die Maus haben?«, fragte Rob.
Yuri machte Platz, Rob schnappte sich die Maus und machte ein paar zackige Hin-und-her-Bewegungen. Dann zog er den Cursor rasch in ein Wohnviertel und veränderte den Ausschnitt so lange, bis er fand, wonach er suchte.
»In dem Haus wohnt eine Bekannte von mir«, erklärte er. »Sie scheint noch wach zu sein. Ihr Haus ist grün – was bedeutet das noch mal?«
»Ach, das ist nicht besonders interessant. Sie kauft bloß irgendwas online.«
»Tatsache? Ist es nicht ein bisschen spät, um irgendwas zu kaufen? Wir haben fast Viertel vor zwei. Was kauft sie denn da?«, fragte Rob.
»Tut mir leid«, sagte Yuri. »Das weiß ich nicht. Ich dokumentiere bloß, dass Geld überwiesen wurde und an welches Geschäft. Aber Stephen oder Kohan müssten das wissen.«
»Welche Adresse?«, rief eine Stimme quer durch den Raum. Es war Kohan.
»Sunfire Avenue 89«, sagte Rob und drehte sich von Yuris Monitor zu Kohan um.
»Okay. Sekunde.«
»Ach, schon gut, Kohan«, sagte Yuri. »Ihr Haus ist gerade blau geworden. Sie chattet jetzt mit jemandem.«
»War sowieso nichts Besonderes«, erwiderte Kohan. »Sie heißt Jennifer R. Briend, nach dem, was hier steht«, sagte er und tippte auf den Bildschirm. »Und sie hat bloß Wein bestellt. Willst du wissen, welchen Jahrgang?«, sagte Kohan selbstgefällig.
»Stimmt, Jenny, das ist sie. Und das mit dem Wein lass mal gut sein«, sagte Rob. »Aber kannst du mir vielleicht sagen, mit wem sie jetzt chattet?«
»Klar, aber das kostet dich was.«
»Was? Im Ernst? Wie viel?«, erwiderte Rob genervt.
»War ’n Witz. Moment.«
»Lass nur, Kohan«, warf Stephen ein. »Ich hab’s schon. Und diese Information geht aufs Haus, ist absolut gratis. Wie’s aussieht, chattet sie mit einem gewissen Ben Cappiello. Sagt dir der Name was?«
Rob biss die Zähne zusammen. Damit hatte sich der Verdacht der anderen, Jenny könnte mehr als bloß eine Bekannte sein, eindeutig bestätigt.
»Sieh mal«, sagte Yuri, der das Bild auf den LCD -Monitor direkt neben Rob gesendet hatte. Als Rob sich zu dem Bildschirm umdrehte, klickte Yuri auf Bens Haus, und darüber öffnete sich eine Blase mit Pornobildern, vermischt mit Chatnachrichten an und von Jenny. »Er chattet mit ihr, während er sich Pornos ansieht.«
»Rob, es kommt noch schlimmer. Guck dir mal Bens E-Mails an Jenny an«, sagte Andrew. »Ich geb sie dir auf den Bildschirm; vorlesen werd ich die jedenfalls nicht.« Die übrigen LCD s zeigten die schlüpfrigen E-Mails der beiden klar und deutlich, so dass alle im Raum sie sehen konnten. »Die nächste ist auch so – und das sind bloß die ersten E -Mails zwischen den beiden, die ich gefunden hab.«
»So eine Scheiße!« Rob, umgeben von Bildern von Jenny, Ben und ihren E -Mails, hatte beinahe geschrien. Und ebenso abrupt, wie der Ausbruch gekommen war, verschwand seine Wut wieder.
»Danke«, sagte er ganz ruhig. »Mir reicht’s für heute. Ich muss los. Hübsches Demo, Yuri.«
Ehe Rob aus dem Raum ging, rief Stephen: »Alles in Ordnung, Rob?«
»Mir geht’s gut.« Doch auf dem Weg nach draußen rief er den anderen zu: »Hat jemand Lust, was trinken zu gehen?«
Bei dem Gedanken, die Anlage zu verlassen, huschte ein Anflug von Verunsicherung über ihre Gesichter. Doch nach dem gerade Erlebten konnten sie dringend etwas zu trinken gebrauchen. Sie fingen im Rose and Crown Pub an, machten dann im stets trubeligen Nola weiter und landeten am Ende nebenan im Old Pro. Rob hatte eine ganze
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