Silicon Jungle
denn?«
»Er ist eigentlich ein Freund meiner Eltern. Meine Familie kauft Häuser und andere Immobilien auf und verkauft sie mit Gewinn weiter. Der Typ ist seit Jahren unser Immobilienmakler. Ich hab nur dafür gesorgt, dass sein Name auf den Ergebnisseiten etwas höher auftaucht. Dafür erfahren wir von ihm frühzeitig, wenn er was Interessantes hat, Zwangsversteigerungen und so. Eine Hand wäscht die andere.«
»Unglaublich. Das Ganze ist unglaublich«, wetterte Stephen los. »Wir entscheiden hier, wer was zu sehen kriegt und wann, angeblich nach dem heiligen Grundsatz von Fairness … und du setzt dich für einen Immobilienmakler über alle unsere Regeln hinweg? Das ist ziemlich mies, findest du nicht? Ich könnte mir ein paar gute Gründe vorstellen, mich über die Regeln hier hinwegzusetzen, zum Beispiel um den Weltfrieden zu fördern, den Hunger auf der Welt zu bekämpfen, aber für einen Immobilienmakler?«
Unter dem Tisch wurden die lautlosen Tritte, mit denen Molly ihn dazu bringen wollte, seinen Ausbruch zu beenden, heftiger.
»Könnte mir jemand helfen, das Gleiche für EasternDiscussions zu machen?«, fragte Molly hoffnungsvoll.
Andrew sagte zunächst nichts, sondern trank seine Cola aus und widmete sich dann dem Kaffee, der allmählich kalt wurde. Er holte tief Luft und atmete theatralisch aus. »Wenn es noch machbar ist, kann ich es versuchen«, sagte er schließlich. »Aber, tu du mir auch einen Gefallen, okay?«, schob er an Stephen gewandt vorsichtig nach.
»Nämlich?«
»Wenn dir bei der Arbeit am Touchpoints-Projekt was richtig Gutes einfällt, bring meinen Namen mit ins Spiel, okay? Sag einfach, ich hätte dich auf ein paar Ideen für den E-Mail-Teil gebracht, falls es einen gibt, oder lass dir was anderes einfallen. Jede noch so kleine Gefälligkeit ist hilfreich. Dieses Jahr will ich wirklich übernommen werden. Sonst bin ich Ende des Sommers wieder auf Arbeitsuche …«
Stephen musste an die Zeit denken, als er bei SteelXchange eine eigene Gruppe geleitet hatte, und er war noch im Nachhinein froh, dass er dort nie diese Eine-Hand-wäscht-die-andere-Geschäfte erlebt hatte. Er und Arthur waren Kompagnons gewesen; da gab es solche Mauscheleien nicht. Er hatte nicht mitbekommen, dass seine Leute auch solche Spielchen gespielt hätten, doch jetzt bezweifelte er, dass es bei ihnen anders gelaufen war. Hier bei Ubatoo war er genauso Teil von Bündnissen, die an eine Realityshow erinnerten, wie Andrew.
»Wenn es irgendwelche Durchbrüche gibt, lass ich deinen Namen fallen.«
»Danke, Stephen«, sagte Andrew, ohne ihn anzusehen. »Schick mir heute Nachmittag die genauen Details. Ich hab keinen Einfluss darauf, wann die nächsten Tests anlaufen, aber in spätestens ein oder zwei Wochen müsste es so weit sein, schätze ich.«
»Hast du vorhin nicht gesagt, du wüsstest nicht genau, ob das wieder so funktionieren kann wie letztes Jahr?«, fragte Stephen skeptisch und nur halb im Scherz. Molly versetzte ihm wieder einen Tritt.
Hand in Hand gingen Stephen und Molly vom Asiatique Café zu Mollys Auto. Der Lunch war produktiv gewesen, aber sie wurden das Gefühl nicht los, um ein bisschen ungestörte Zeit betrogen worden zu sein.
»Mach doch mit mir zusammen blau«, drängte Molly.
»Würde ich gern, aber ich kann nicht. Ich hab heute zu viel zu tun. Vielleicht ein andermal?«
»Ach komm«, bettelte sie und hielt seine Hand fest. »Es interessiert doch keinen, ob du da bist oder nicht. Merkt sowieso keiner. Und selbst wenn – dann werden sie wohl denken, dass du auch nur ein Mensch bist, wenn du mal einen Nachmittag freinimmst.«
»Musst du heute nicht zu GreeneSmart?«
»Ich wollte heute zu Hause arbeiten. Weißt du was? Ich mach dir ein paar Vorschläge, was wir zusammen unternehmen könnten, und du darfst auswählen.«
»Ich höre.«
»Wir könnten nach San Francisco fahren, eine Tour mit den Cable Cars machen und anschließend ins Museum gehen. Das ist Vorschlag eins. Zweiter Vorschlag, die nächsten Tage freinehmen, auf dem 101 gemütlich die Küste hochgondeln und einfach irgendwo übernachten, wo es uns gefällt. Dritter Vorschlag, shoppen in einer Outlet-Mall. Was meinst du?«
»Echt faszinierende Vorschläge. Aber trotzdem, ich muss wirklich …«
»Oder«, fiel sie ihm ins Wort, »wir gehen ins Kino, sehen uns den hirnlosesten, blutrünstigsten Horrorstreifen an, den wir finden können, und futtern einen Eimer Popcorn. Die Möglichkeit besteht schließlich
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