Glück weckte die Untersuchung von Jennys Kaufgewohnheiten neues Interesse. Auch wenn manche Käufe durchaus harmlos anmuteten (Hundehalsband, Leine, Schal, Ledergürtel), im Kontext der E -Mails waren sie unanfechtbare Beweise für einen abnormen Lebensstil.
Als nicht mehr sein Demo, sondern die Jagd nach der »Realen Jenny« im Mittelpunkt des Interesses stand, wurde Yuri noch stiller als vor der Enthüllung seines Projektes und arbeitete die ganze Zeit über am nächsten »Durchbruch«.
»Rob, du musst dir unbedingt was ansehen.« Rob, Andrew, Kohan und Stephen blickten von ihren Computern auf. Vor ihnen stand Yuri, und man merkte ihm seine Beklommenheit an. »Ich hab dir eben ein paar E-Mails geschickt, die ich auf Bens Account gefunden habe. Die könnten dich interessieren.«
Rob schaltete die LCD -Wand gleich neben sich ein und öffnete eine der E-Mails. Alle Augen richteten sich auf den großen Bildschirm, als das Foto aufleuchtete.
»Wow!«, rief er und schaltete den Bildschirm so schnell wieder aus, wie seine Hand sich bewegen konnte. »Vielleicht seht ihr euch das besser auf meinem Monitor an«, sagte er rasch und rutschte beiseite, um Platz für alle zu machen.
»Ist das Jenny?«, wollte Kohan von Rob wissen. Rob starrte ihn wütend an.
»Nein«, sagte Yuri. »Ben hat die E -Mail an eine andere geschickt – Claudine.«
Rob scrollte die vielen Fotos rasch durch – unanständige, amateurhafte Großaufnahmen.
Von:
[email protected] An:
[email protected] Betreff: Fotos
Claudine, schau dir die Fotos von dir an (ich hab die besten 20 angehängt). Ich weiß gar nicht, warum du so verschämt warst … sie sind super geworden. Du siehst toll aus.
Und keine Sorge. Ich zeig sie keinem, wenn du das auch nicht tust! Ich kann es kaum erwarten bis zu unserer nächsten Session (vielleicht mal ein Video?)
Bis heute Abend,
Ben
»Wow, das seh ich genau wie Ben. Sie hat keinen Grund sich zu schämen. Die ist echt scharf«, stellte Andrew nüchtern fest.
»Yuri, wieso soll ich mir das ansehen?«, fragte Rob.
»Lies weiter. Ich hab dir noch eine E-Mail geschickt«, erwiderte Yuri.
Von:
[email protected] An:
[email protected],
[email protected],
[email protected] Betreff: Nummer 14!
Seht euch unsere übliche Fotoseite an (Hier ist der Link ). Claudine ist die 14. Wir sind gleichauf Eddie. Ich bearbeite sie noch wegen Video. Was ist mit dir Singh – 3? Ha.
der grösste
Ben
Rob folgte dem Link und kam auf die Foto-Sharing-Seite eines Ubatoo-Partners. Sie war so konfiguriert, dass nur vier User, BenP101 , JPeters22 , Eddie.Miter und ASingh , Zugang hatten. Und tatsächlich, Bens vierzehn Frauen, Debra, Karen P, Lisa, Monica, Cynthia, Karen S., Jessica, Alison, Chloe, Amanda, Rachel, Leah, Claire und natürlich Claudine präsentierten sich ungeniert vor aller Augen. Eddie.Miter hatte eine eigene Liste von vierzehn, mit zahlreichen Videos. Nur Monica tauchte sowohl in Bens als auch in Eddies Katalog auf. JPeters und ASingh stellten ebenfalls ihre Eroberungen zur Schau, wenn auch nur klägliche sieben beziehungsweise drei Frauen.
Stephen war der Erste, der sich von Robs Schreibtisch abwandte. Yuri der Zweite. Dann Kohan und schließlich nach einem Wink mit dem Zaunpfahl auch Andrew. Noch lange, nachdem die anderen gegangen waren, suchte Rob weiter die Fotos durch, die von den vier Männern ins Netz gestellt worden waren, und sah sich nervös Eddies Videos an. Er musste sich vergewissern, dass Jenny nirgendwo auf dieser Website zu sehen war.
War es ein Anfall von Eifersucht? Eine Warnung an Jenny, damit sie sah, wie ihr Freund Ben wirklich war? Oder bloß das Bedürfnis, irgendwas zu tun? Robs Gründe waren nicht eindeutig. Jedenfalls konfigurierte er die Foto-Seite neu. Er machte sie öffentlich zugänglich und ergänzte obendrein die Bildtexte und Tags zu jedem Foto noch um ein paar Wörter. Wer jetzt in eine Suchmaschine »Nacktfotos«, »Sex«, »Teens«, »Porno« oder »Flittchen« eingab, würde diese Seite im Handumdrehen unter den Treffern finden.
Kaum hatte Rob die Veränderungen vorgenommen, erhielten 27 Leute, die nach irgendeiner Kombination dieser Wörter gesucht hatten, ein brandneues Angebot an Frauen zum Begaffen, Frauen, die keine Ahnung hatten, wozu ihre Fotos benutzt wurden. Innerhalb der ersten Stunde kamen 302 Leute dazu. Nach einem Tag waren es schon 6236. Nur wenige von den 6236 kannten Claudine