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Silo: Roman (German Edition)

Silo: Roman (German Edition)

Titel: Silo: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hugh Howey
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dreißig Jahren nicht mehr.
    Sie tastete sich
blind durch den Raum, die Arme nach vorn ausgestreckt, bis sie endlich am
anderen Ende gegen die Wand stieß. Die Spitze des Messers kratzte über einen
Schaltkasten. Juliette griff nach oben, fand das Kabel, das von der Decke hing
und das vor langer Zeit jemand dort angebracht haben musste. Sie tastete sich
am Kabel entlang zur Zeitschaltuhr, an die es provisorisch angeschlossen war,
fand den Programmierknopf und drehte ihn langsam, bis es klick machte.
    Eine Reihe lauter
Schläge ratterte durch die Relais in den Gewächshäusern. Ein schwacher Schimmer
war zu sehen. Es würde ein paar Minuten dauern, bis die Lampen warm wurden.
    Juliette verließ den
Kontrollraum und ging über einen der überwucherten Gänge zwischen den langen
Beeten. Sie schob sich durch das Grün in Richtung der Wasserpumpe.
    Wasser für Solo,
Wärme für sich selbst. Sie wiederholte den Gedanken wie ein Mantra und hoffte,
die Lampen würden schnell warm werden. Die Luft um sie herum blieb dämmrig und
diesig, so wie es manchmal morgens in der Außenwelt ausgesehen hatte.
    Sie ging zwischen
den lange vernachlässigten Erbsen hindurch und pflückte ein paar Schoten, um
ihren Magen ein wenig zu beruhigen. Die Pumpe brummte jetzt lauter, da sie
begonnen hatte, das Wasser in die Bewässerungsrohre zu saugen. Juliette kaute
auf einer Erbse, schluckte, schlüpfte unter dem Geländer hindurch und
überquerte eine kleine Lichtung.
    Die Erde unter der
Pumpe war dunkel und festgetreten, weil sie und Solo in den vergangenen Wochen
dort getrunken und ihre Wasserkanister aufgefüllt hatten. Auf dem Boden lagen
ein paar Tassen. Juliette kniete sich neben die Pumpe und nahm einen hohen
Becher. Das Licht über ihr wurde langsam heller, sie bildete sich ein, die
Wärme der Lampen schon spüren zu können.
    Mit etwas
Anstrengung gelang es ihr, den Stöpsel am Fuße der Pumpe ein paarmal
herumzudrehen. Das Wasser stand unter Druck und spritzte in einem feinen Strahl
heraus, sie hielt den Becher dicht darunter, damit möglichst wenig verloren
ging. Das Wasser lief mit einem Prasseln hinein.
    Sie trank aus dem
ersten Becher, während sie den zweiten ebenfalls füllte. Schließlich klemmte
sie sich das Messer unter den Arm und trug beide Becher zum Geländer, stellte
alles vorsichtig auf die andere Seite, schwang das Bein über den unteren Holm
und kletterte hinüber.
    Sie musste sich
endlich aufwärmen. Sie ließ die Becher, wo sie waren, und nahm nur das Messer
mit. Hinter der nächsten Ecke lagen die Büros und ein Speisesaal. Sie erinnerte
sich an ihre erste Kleidung hier im Silo: eine Tischdecke mit einem Loch in der
Mitte. Sie lachte, als sie um die Ecke bog, weil sie das Gefühl hatte, als
würde sich alles wiederholen. Als hätten die Wochen der Arbeit hier im Silo sie
bloß dorthin zurückgebracht, wo sie angefangen hatte.
    Der lange Gang
zwischen den beiden Anbaustationen war dunkel. Von den Rohren unter der Decke
hingen ein paar Drähte herunter, die offenbar hastig befestigt worden waren und
in Richtung der weiter entfernten Beete verliefen.
    Juliette sah in die
Büros, fand aber nichts, womit sie sich hätte wärmen können. Keine Overalls,
keine Vorhänge. Sie ging zum Speisesaal hinüber und wollte schon eintreten, als
sie meinte, hinter dem nächsten Pflanzkübel etwas gehört zu haben. Ein Klicken.
Ein Knistern. Womöglich eine Relaisschaltung, die erst jetzt angesprungen war?
    Sie blickte den Gang
hinunter in den dahinterliegenden Anbaubereich. Die Lampen dort waren hell und
schienen bereits Wärme zu verströmen. Vielleicht waren diese Lampen von der
Zeitschaltuhr schon früher in Betrieb genommen worden. Sie schlich den Gang
entlang, wie eine Fliege, die vom Licht angelockt wurde – auf ihren Armen
bildete sich schon beim Gedanken an etwas Wärme eine Gänsehaut.
    Am Ende des Ganges
hörte sie wieder ein Geräusch. Ein Quietschen, vielleicht von Metall auf
Metall, vielleicht eine weitere Pumpe, die gerade ansprang? Sie und Solo hatten
die anderen Pumpen auf diesem Stockwerk nicht überprüft, auf den ersten paar
Beeten wuchs mehr, als sie zu zweit verzehren konnten.
    Juliette blieb
stehen und sah sich um.
    Wo würde sie
längerfristig ihr Lager aufschlagen? In der IT, weil dort der Strom war? Oder hier, wo es Essen und Wasser gab? Sie
stellte sich vor, dass es noch einen anderen Mann gab, der wie Solo der Gewalt
entkommen war und all die Jahre überlebt hatte. Vielleicht hatte dieser andere
Mann den

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