Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Silo: Roman (German Edition)

Silo: Roman (German Edition)

Titel: Silo: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hugh Howey
Vom Netzwerk:
Kompressor gehört, war nachgucken gegangen, hatte Angst bekommen, Solo
bewusstlos geschlagen und war dann geflüchtet. Vielleicht hatte er ihre
Werkzeugtasche nur im Affekt mitgenommen, einfach weil sie dort gestanden
hatte, oder er hatte sie versehentlich unter dem Geländer hindurchgetreten, und
die Tasche war in die Tiefen der Mechanik hinabgesunken.
    Sie hielt das Messer
vor sich und schlüpfte durch die grüne Wand, die über den Gang gewachsen war.
Die Beete hier waren noch stärker verwildert. Nicht abgeerntet. Juliette war
hin und her gerissen. Wahrscheinlich lag sie falsch, wahrscheinlich bildete sie
sich nur ein, etwas gehört zu haben, wie schon seit Wochen – aber ein Teil von
ihr wollte recht haben. Sie wollte diesen Mann finden, von dem Solo
erzählt hatte. Sie wollte Kontakt aufnehmen. Das wäre besser, als sich
weiterhin vor jemandem zu fürchten, der in jedem Schatten, hinter jeder Ecke
lauern konnte.
    Aber wenn es nicht
bloß eine einzelne Person war? Konnte eine ganze Gruppe von Menschen so lange
überlebt haben? Wie viele konnten da sein, unentdeckt? Der Silo war riesig,
aber sie und Solo hatten jetzt mehrere Wochen im unteren Bereich verbracht und
waren ständig auf dieser Farm gewesen. Zwei Leute, ein älteres Paar, mehr
konnten es nicht sein. Solo hatte gesagt, der Mann sei so alt gewesen wie er,
und viel jünger konnte er ja auch gar nicht sein, so lange wie der Silo schon
verlassen war.
    Diese und andere
Gedanken gingen ihr durch den Kopf und überzeugten sie schließlich davon, dass
sie nichts zu befürchten hatte. Sie zitterte, sie war lebendig, das Adrenalin
pulsierte durch ihren Körper. Sie war bewaffnet. Die Blätter der Pflanzen
schlugen ihr ins Gesicht, Juliette kämpfte sich durch diese natürliche Grenze,
und als sie auf der anderen Seite herauskam, wusste sie – dass sie doch etwas
gehört haben musste.
    Die Farm hier sah
ganz anders aus. Gepflegt. Gezähmt. Ganz offensichtlich waren die Beete erst
vor Kurzem von Menschenhand bearbeitet worden. Juliette spürte, wie Angst und
Erleichterung sich in ihr abwechselten. Ein Teil von ihr wollte rufen und
demjenigen, der hier war, sagen, dass sie in friedlicher Absicht kam. Ein
anderer Teil von ihr umklammerte das Messer und wollte sofort davonrennen.
    Am Ende der Farm
führte der Gang um eine dunkle Kurve. Die Dunkelheit erstreckte sich bis ans
andere Ende des Silos, aus der Ferne schimmerte Licht – wahrscheinlich eine
weitere Anbaustation, die mit dem Stromnetz der IT verbunden war.
    Hier war jemand. Sie
war sich sicher. Sie spürte die Augen, die sie schon seit Wochen spürte, hörte
ein Flüstern in der Luft, und diesmal bildete sie sich das Ganze zumindest
nicht ein, sie musste nicht mehr gegen den Gedanken ankämpfen, dass sie
womöglich verrückt geworden war. Mit dem Messer vor sich und dem beruhigenden
Gedanken, zumindest noch schützend zwischen dieser fremden Person und dem
wehrlosen Solo zu stehen, ging sie langsam, aber entschlossen den dunklen Gang
entlang, vorbei an den offenen Bürotüren und Verkostungsräumen, eine Hand an
der Wand, um sich zu orientieren …
    Juliette blieb stehen.
Irgendetwas stimmte nicht. Hatte sie etwas gehört? Weinte da jemand? Sie wich
zur letzten Tür zurück, konnte in der Dunkelheit kaum etwas erkennen und
stellte dann fest, dass die Tür geschlossen war. Als einzige Tür auf dem ganzen
Gang.
    Sie trat von der Tür
weg und kniete sich hin. Sie hatte ein Geräusch gehört. Ganz sicher. Fast wie
ein leises Weinen. Sie erkannte in dem schwachen Licht, dass einige der Kabel
unter der Decke hier abzweigten und durch die Wand über der Tür führten.
    Juliette trat näher
und legte ein Ohr an die Tür. Nichts. Sie versuchte die Klinke zu drücken, aber
der Raum war verschlossen. Wie konnte das sein, es sei denn …
    Die Tür flog auf,
ihre Hand hielt immer noch die Klinke, sie wurde ins Zimmer hineingerissen. Ein
Licht blitzte auf, dann war ein Mann über ihr und schwang etwas auf ihren Kopf
zu. Etwas Silbernes sauste an ihrem Gesicht vorbei, dann traf ein schwerer
Schraubenschlüssel sie an der Schulter, und sie lag auf dem Boden.
    Vom anderen Ende des
Raumes kam ein schriller Schrei, in dem Juliettes eigener Schmerzensschrei
unterging. Sie riss das Messer nach vorn und spürte, wie es das Bein des Mannes
traf. Der Schraubenschlüssel fiel zu Boden, wieder waren Schreie zu hören.
Juliette stieß sich von der Tür ab, stand auf und hielt sich die Schulter. Sie
wartete darauf, dass der Mann

Weitere Kostenlose Bücher