Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sils Maria: Kriminalroman (German Edition)

Sils Maria: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Sils Maria: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sobo Swobodnik
Vom Netzwerk:
jetzt in die Arme und beruhigte ihn. Was tatsächlich gelang. Plotek und Vinzi sahen sich an und hoben gleichzeitig die Schultern.
    »Und dann?«, fragte Agnes, wieder streng wie eine Mutter.
    »Als meine Mutter schon schlief, da … da … da kam er und … und … und … zog meine Spieluhr auf und … und … legte sich zu mir ins Bett und … und …« Wieder schrie er: »Dieses Schwein, dieses Elvis-Schwein!«, dass Agnes ihn beruhigen musste. Was erstaunlicherweise immer besser gelang.
    »Und deshalb mussten Sie die Elvisse umbringen?«
    Matteo Wehrli nickte stumm vor sich hin. Immer wieder. Dann sagte er, wieder flüsternd, dass es kaum zu verstehen war: »Ich … ich … ich konnte nicht anders. Es war … war alles wieder … wieder zurück, ja. Die Elvisse, diese ganzen widerlichen Elvisse waren wieder zurück. Der Geruch, dieser … dieser Geruch, der mich an alles erinnerte, dieser Geruch war wieder zurück. Alles war wieder zurück.«
    »Und das musste weg, ja?«
    Wieder nickte Wehrli still vor sich hin. »Ja, ja, das musste weg. Für immer weg. Als ich dem ersten … dem ersten dieser widerlichen Elvisse die Schnur … als ich dem die Schnur um den Hals gelegt hatte … als ich dem … dann ging es mir besser, viel besser ging es mir da. Es war … es war … wie … es war eine Erleichterung, es war eine Erlösung, ja. Ich musste … musste … musste weitermachen, immer weiter. Verstehen Sie?«
    »Wo haben Sie eigentlich die ganzen Spieluhren her?«, fragte Agnes.
    Dr. Wehrli schien nicht zu verstehen.
    »Sie müssen die doch haufenweise gehortet haben. Immerhin wurden mindestens drei Elvisse …«
    »Zürich«, ging Wehrli dazwischen.
    »Drei Elvisse und Jäggi …«, kam von Plotek. »Den haben Sie doch auch auf dem Gewissen, nicht wahr?«
    Wehrli wandte sich jetzt direkt an Agnes.
    »Er hat mich gesehen, in Zürich, wie ich in einem Spielwarengeschäft … und dann hat er eins und eins zusammengezählt, verstehen Sie?«
    »Und deshalb musste er sterben?«
    Ohne die Frage zu beantworten, griff Wehrli blitzschnell neben sich. Plötzlich hielt er wieder die Pistole in der Hand und fuchtelte damit in der Luft herum.
    »Weg, weg, alle weg!«, schrie er, als wäre er wieder in der Rolle des brutalen Mörders.
    Vinzi, Plotek und Agnes traten ein paar Schritte vom Sandhaufen zurück.
    Noch ehe einer der drei auch nur ein Wort sagen konnte, hielt sich Matteo die Pistole an die eigene Schläfe.
    Jetzt sagte Vinzi doch noch was. »Tun Sie’s nicht!«, sagte er.
    »Denken Sie an Ihren Sohn!«, ergänzte Agnes.
    Das ist natürlich sehr beliebt. »Denken Sie an Ihren Sohn. Denken Sie an Ihre Tochter«, sagt man dem Mörder gerne, damit er nicht auch noch zum Selbstmörder wird. Und Überraschung: Manchmal hilft es sogar. Da wird der Mörder dann plötzlich sentimental und denkt tatsächlich an den kleinen Sohn, die kleine Tochter, die ohne ihn aufwachsen müsste. Was viele Mörder dann davon abhält, den finalen Schritt zu tun und sich selbst ins Jenseits zu befördern. Dabei wäre es dem Sohn oder der Tochter vielleicht sogar lieber, den Vater endgültig entsorgt zu wissen. Nach dem Motto: Ein toter Vater ist besser als ein lebender Mörder.
    »Denken Sie an Ihren Sohn!«, wiederholte Agnes, anscheinend von der Wirksamkeit des Arguments überzeugt.
    Bei Dr. Wehrli hingegen fruchtete der Appell offenbar nicht. Im Gegenteil. Der Gedanke an den Sohn schien den Entschluss, ein schnelles Ende herbeizuführen, eher noch zu bekräftigen.
    »Mein Sohn!«, sagte Matteo verbittert, noch immer mit dem Lauf der Waffe an der Schläfe. »Ich habe keinen Sohn!«
    »Was?« Plotek war der blasse, kleine Junge jetzt ganz gegenwärtig.
    »Aber Leandro …« Auch Vinzi wollte es nicht glauben.
    »Er ist nicht mein Sohn!«
    »Wie wollen Sie das wissen?«, fragte Agnes, als ob sie es ganz genau wüsste.
    »Anämie ist vererbbar!«, sagte Dr. Wehrli, wie man sagt: »Die Sünde hat einen Schwanz!«
    »Leandro ist anämisch. Ich nicht. Selina nicht.«
    Vinzi und Plotek sahen sich an und hoben erneut gleichzeitig die Schultern.
    »In unseren beiden Familien gibt es keine Anämie! Da wurde ich stutzig.«
    »Und?«
    »Der Vaterschaftstest lag nahe.«
    Nun mach es mal nicht so spannend, dachte Plotek, während Agnes weiterbohrte.
    »Wer?«
    Matteo schniefte wieder. »Beat Zuberbühler, dieses Schwein! Ich habe es erst kürzlich herausgefunden. Einen Verdacht hatte ich schon lange. Jetzt bin ich froh, dass es zu Ende ist. Endgültig zu

Weitere Kostenlose Bücher