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Sils Maria: Kriminalroman (German Edition)

Sils Maria: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Sils Maria: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sobo Swobodnik
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Dieses Mal ohne Vinzi. Der traf sich mit Klemens im Hotel Zentral , um für den bevorstehenden Wettbewerb zu üben. Soll heißen: Die beiden versuchten, die Dosierung des schwäbischen Grases auf Klemens’ Tourette abzustimmen, damit die Elvis-Songs ohne Schimpfwörter seinen Mund verließen.
    Eine Angestellte der Bibliothek schaufelte den Hof vor dem Haus vom Schnee frei. Plotek warf ihr einen Blick zu, nickte und wünschte einen guten Tag. Woraufhin die Frau ihm den Rücken zudrehte. Offenbar konnte sie mit Touristen wenig anfangen.
    Liegt vielleicht in der Familie, dachte Plotek und wollte gerade weitergehen, als er doch noch etwas hörte. Eine Stimme, laut, fordernd und überrascht. Die Stimme schrie seinen Namen. So laut, dass auch die Frau mit der Schneeschippe erschrak und sich nun wieder umdrehte.
    Und noch einmal: »Plotek!«
    Auch Plotek drehte sich um.
    »Agnes!«
    »Ja!« Aus beiden Mündern.
    Vor Plotek stand Agnes. Oder besser: Sie hing jetzt an seinem Hals wie ein Kleinkind an seiner Mutter. Dabei war Agnes fast fünfzehn Jahre älter als Plotek.
    War das die kleine Überraschung, von der der Glückskeks kündete?, dachte Plotek und fragte gleichzeitig: »Was machst du denn hier?«
    Agnes umarmte ihn noch immer und erwiderte dabei: »Das Gleiche könnte ich dich fragen.«
    Noch ehe Plotek antworten konnte, löste sich Agnes von ihm, musterte ihn einen kurzen Moment und fügte hinzu: »Hätte dich fast nicht erkannt. Sag mal, hast du abgenommen?« Die Frau mit der Schippe schüttelte den Kopf.
    »Hmm.«
    »Siehst gut aus.«
    Sie sah auch gut aus. Sehr gut sogar. Jetzt muss man wissen, dass Plotek und Agnes mal ein Paar gewesen waren. Bis einiges schiefgelaufen war in ihrer Beziehung. Ziemlich viel sogar, sodass sie seit über einem Jahr kein Paar mehr waren. So lange hatten sich die beiden auch nicht mehr gesehen. Umso größer war natürlich die Überraschung, dass sie sich gerade hier, mehrere hundert Kilometer von zu Hause entfernt, über den Weg liefen.
    »Ich bin wegen den Kältetoten da«, sagte Agnes. »Recherche, verstehst du?«
    Klar verstand Plotek. Agnes war nicht nur seine Freundin gewesen. Agnes war noch immer Journalistin beim Bayerischen Rundfunk in München. Eine von der investigativen Sorte. Was eigentlich keine große Kunst war. Die Investigation war im blau-weißen Staatssender ein eher mickriges Pflänzchen, das in den Schrank verbannt und nicht gegossen wurde und folglich zum Tode verurteilt war. Nicht so bei Agnes. Soll heißen: Agnes steckte ihre Nase da hinein, wo es muffelte. Sie legte ihren Finger in die ganz besonders nässenden Wunden. Was aber nun die Kältetoten für Wunden sein sollten, leuchtete Plotek auf den ersten Blick nicht ganz ein. Sagte es ihm Agnes eben. Vorher sagte sie aber noch: »Gehen wir was trinken?«
    »Ich darf nicht.«
    »Was?« Entsetzen bei Agnes. Bei Trinken dachte sie keineswegs an Wasser. Vielmehr an Weißbier. Im Idealfall: Unertl-Weißbier.
    »Wer sagt das?« Es klang, als wollte sie denjenigen gleich zur Rede stellen.
    »Kur.«
    »Hmm«, kam von Agnes. Der Wind verpuffte in den Segeln.
    »Mir ging es in der letzten Zeit nicht ganz so gut.« War natürlich völlig untertrieben. Plotek war es beschissen gegangen.
    Agnes kräuselte die Stirn. Vielleicht fragte sie sich ja, ob das auch mit ihr zu tun haben könnte.
    »Na gut, dann trink ich was, und du … du schaust zu! Hat ja auch was.«
    Das machten sie dann auch.
    Nicht viel später saßen die beiden im Wang Tong 23 . Frau Pan schien ein wenig überrascht gewesen zu sein, als Plotek nicht nur mit der Angel über der Schulter, sondern mit einer eleganten Frau an seiner Seite das Restaurant betreten hatte. Womöglich hatte sie ihm einen solch treffsicheren Geschmack nicht zugetraut. Vielleicht war sie aber auch ein bisschen eifersüchtig. Nicht auf Plotek. Auf Agnes.
    Agnes saß vor einem Bier und erzählte. Plotek saß daneben, erneut vor einem stillen Wasser, und hörte zu. So w ar das auch immer in ihrer Beziehung gewesen. Agnes war erstklassig im Erzählen. Plotek im Zuhören. Eigentlich ein ideales Paar. Die beste Konstellation, die man sich vorstellen kann. Wenn Agnes nicht irgendwann auch die Fäuste ins Gespräch mit eingebracht hätte. Darin war sie nämlich auch erstklassig. Plotek überhaupt nicht. Er war ein Anfänger im Widerstandleisten, im Stirnbieten. Das war wiederum gar keine ideale Konstellation. Das war das Ende ihrer Beziehung.
    Plotek dachte das, während Agnes sich

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